Die Bürgermeister der
Städte und Gemeinden des Zweckverbandes Erft
hatten sich zusammengeschlossen, weil man allgemein befürchtete,
daß die Reichspost und Kölner Köpfe
über die Bedürfnisse der Landbevölkerung hinweg
ihre eigenen Ziele verfolgen. Allgemein waren Kommunen im Umfeld
von Großstädten in ihren Planungen auf die
Entscheidungen der Städte angewiesen und man wollte Anteil
am Wirtschaftswachstum und Fortschritt haben.
So stellte sich in den
Anfängen des Busverkehrs heraus, daß man schonmal ein
Auge zudrückte, wenn ein Unternehmer ohne Genehmigung einen
provisorischen Busverkehr einrichtete. Allerdings hatte man hier
rechtlich keine Chance, gegen das allgemeine Beförderungsmonopol
der Post, die Linien ohne Zustimmung von Gemeinden errichten
konnte, sich durchzusetzen. (Siehe Gesetz
über Kraftfahrlinien - Kraftfahrliniengesetz vom 26.
August 1925).
Aus dem Schriftwechsel mit der
Firma Kaltwasser läßt sich entnehmen, daß man
versuchte, sich gegenseitig Bälle zuzuspielen. Der
Zweckverband Erft und die Zusammenarbeit der
Kommungen mit Kraftfahrtunternehmen schien die Post endlich zum
Handeln gezwungen zu haben. Schriftwechsel mit der Firma Noris
sind nicht in den Akten enthalten. Dafür aber ein Schreiben
des Vorsitzenden des Kreisausschusses vom 30. März 1925 an
den Bedburger Bürgermeister, daß aufgrund des
Interesses Bedburgs an einer Linienbetreibung durch eine private
Gesellschaft eine Entscheidung zur Linieneinführung auf
einer Sitzung der Oberpostdirektion nicht getroffen werden
konnte.
Am 21. April 1925 fand eine
Gemeinderatssitzung statt, in der man feststellte, daß man
aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sei, die
erforderlichen Erbreiterungen der Wege für die
Kraftfahrzeuglinien durchzuführen.
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Schon als es um die
nichtgenehmigte Linie der Unternehmers Nobis ging, bezog
Bürgermeister Voss eindeutig Stellung zum Fortschritt und
befürwortete gegenüber Landrat und Regierungspräsident
das schnelle Einrichten von Omnibuslinien in seinem Gebiet. Er
schrieb schon im Oktober 1925
Es
müßte in hohem Masse bedauert werden, wenn der Betrieb
der Kraftfahrzeuglinie Bedburg - Frauweiler - Köln durch den
Unternehmer Nobis unterbunden würde, der Betrieb dieser
Linie durch den Unternehmer Nobis ist ein Verkehrsbedürfnis,
das durch die Post nicht erfüllt werden kann, weil deren
Preise zu hoch sind. Heut schon liegt der Fahrpreis des
Posttarifs wesentlich über demjenigen des Nobis, er wird
aber noch höher, sobald oder bald nachdem Nobis von der
Straße verschwunden ist. Durch die Kraftfahrzeuglinie
werden die dem Verkehr abgeschlossenen Orte Auenheim, Garsdorf,
Rath Frauweiler meines Verwaltungsbezirks und noch verschiedener
benachbarter Gemeinden dem Verkehr erschlossen. Die Bewohner
dieser Orte gehören durchweg der minderbeminderten
Bevölkerungsklasse an, für die der höhere
Fahrpreis der Post von Bedeutung ist. Außerdem wird der
Betrieb nicht von Bedburg aus, sondern von Garzweiler aus
betrieben, sodaß die der Bahn ferngelegenen Orte
Garzweiler, Königshoven und Caster mitausgeschlossen werden,
die von einem Postauto der Richtung Bedburg - Köln nicht
berührt werden.
Bevor die Linie - Bedburg -
Frauweiler - Köln durch Nobis aufgenommen wurde, haben
meinerseits Verhandlungen der Oberpostdirektion Köln
stattgehabt mit dem Erfolg, dass die Post verzichtete, weil die
Wege nicht fahrbar seien. Erst als daraufhin Nobis den
Autobetrieb eröffnete, richtete die Oberpostdirektion Aachen
die Linie ein, indem sie den Kraftwagen von Erkelenz nach Bedburg
nach Köln weiterleitete. Nobis hat erst die Fahrten
aufgenommen, nachdem die zuständige Oberpostdirektion Köln
die Einrichtung der Linie wegen der schlechten Wege abgelehnt
hatte. - Wenn nun jetzt die Untersagung des Nobis'schen
Kraftfahrzeugverkehrs erfolgt, dann wird die Post mit
weitgehenden Straßeninstandsetzungsforderunen kommen und
schließlich, wenn die Gemeinden diese nicht erüllen
können (aus finanziellen Gründen ist nicht möglich
was schliesslich gefordert wird), dann stellt die Post halt den
Betrieb auch ein. - Für die Gemeinde ist die Sache auch
wirtschaftlich von Bedeutung, denn der Privatunternehmer kann zu
Wegebauvorausleistungen herangezogen werden, die Post nicht.
Ich bitte, von der Untersagung des Nobis'schen Betriebes
abzusehen und ihm die erforderliche Genehmigung wenigstens
vorläufig zu erteilen. Eine Untersagung würde bei der
betroffenen Bevölkerung nicht verstanden werden.
gez. Voss
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- Im November 1926 nahm Voss
in einem Schreiben an den Landrat noch einmal Stellung zur
damaligen Reichspost, die ihm offenbar zu langsam, zu zögerlich
und zu mächtig war:
Für
die vom Reich zu erlassenen Ausführungsbestimmungen zum
Kraftfahrliniengesetz habe ich keine Vorschläge zu machen,
nachdem inzwischen die rentablen Kraftfahrlinien von der Post
betrieben werden. Ich möchte aber diese Gelegenheit nicht
vorübergehen lassen ohne hervorzuheben, wie die Art der
Genehmigung von Kraftfahrlinien in der Vergangenheit doch etwas
befemdet hat. Die vom Zweckverband der Gemeinden für ein
grösseres Gebiet ausgearbeitete und beantragte
Kraftfahrzeuglnien sind soweit sie zweifellos rentabel sind, von
der Post aufgenommen worden. Ein Teil der Linien konnte aber bei
der Preispolitik der Post keine Aussicht auf Rentabilität
haben und wurden inzwischen wieder eingestellt.
Die
Linie Bedburg - Frauweiler - Rommerskirchen - Stommeln - Köln
wollte die Post nicht betreiben, weil ihr die Wege zu schlecht
schienen. Als ein Privatunternehmer die Strecke fuhr und sich
zeigte, dass der Verkehr ein sehr guter war, setzte sich die
Post nach kurzer Zeit auch auf die Linie und sie drängte
den Privatunternehmer weg. Die Wege waren nun auf einmal gut
genug. Die Art der Behandlung der Genehmigungesanträge für
Kraftfahrlinien hat der Reichspost die Möglichkeit
geschaffen, die rentablen Linien zu betreiben. Sodann möchte
ich noch vermerken, dass eine Kraftfahrlinie Grevenbroich -
Neurath von der Post betrieben wird, deren Durchführung
nach Bedburg dringend erwünscht wäre. Die Post aber
kann sich trotz wiederholten Anregungen nicht entschließen,
die Kraftfahrzeuglinie nach Bedburg durchzuführen. Man hat
hier die Frage aufgeworfen, ob etwa Interessen von Grevenbroich
hier massgeblich wären. Ich kann nicht annehmen, dass die
Postverwaltung sich von den örtlichen Strömungen in
einem Orte leiten lässt, es wäre aber an der Zeit,
durch Durchführung der Kraftfahrlinien derartigen Reden der
Bevölkerung zu entziehen.
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Die Verärgerung von
Bürgermeister Voss muß zur Oberpostdirektion in Köln
vorgedrungen sein und man bemühte sich in der Zukunft, bei
Fahrplanänderungen auf die Wünsche der Bedburger
Bevölkerung einzugehen. Dank den Bemühungen von Voss
erhielt Bedburg vorzügliche Verbindungen nach Köln,
Grevenbroich, Rommerskirchen, Bergheim und Kirchherten/Jülich.
Die in den 20er Jahren eingeführten Linien griffen noch bis
um die Jahrtausendwende, bis die Regionalisierung des ÖPNV
eine teilweise Abbindung der kreiseigenen Linien aus
wirtschaftlichen Gründen erforderlich machte.
Über
die weiteren Aktivitäten des Bedburger Bürgermeisters
Voss zur Sicherstellung der Bedburger Linien berichten die
Streckenänderungen auf den Bedburger
Linien und das Eingreifen von Bürgermeister Voss.
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