Historisches Verkehrsgeschehen um Bedburg

Aus den Spezialakten 2113 betreffend Kraftfahrzeuglinien der Stadt Bedburg



Zu den Buslinien um Bedburg ab 1926





Der Einsatz des Bedburger Bürgermeisters für bessere Linien




Die Bürgermeister der Städte und Gemeinden des Zweckverbandes „Erft“ hatten sich zusammengeschlossen, weil man allgemein befürchtete, daß die Reichspost und „Kölner Köpfe“ über die Bedürfnisse der Landbevölkerung hinweg ihre eigenen Ziele verfolgen. Allgemein waren Kommunen im Umfeld von Großstädten in ihren Planungen auf die Entscheidungen der Städte angewiesen und man wollte Anteil am Wirtschaftswachstum und Fortschritt haben.

So stellte sich in den Anfängen des Busverkehrs heraus, daß man schonmal ein Auge zudrückte, wenn ein Unternehmer ohne Genehmigung einen provisorischen Busverkehr einrichtete. Allerdings hatte man hier rechtlich keine Chance, gegen das allgemeine Beförderungsmonopol der Post, die Linien ohne Zustimmung von Gemeinden errichten konnte, sich durchzusetzen. (Siehe Gesetz über Kraftfahrlinien - Kraftfahrliniengesetz vom 26. August 1925).

Aus dem Schriftwechsel mit der Firma Kaltwasser läßt sich entnehmen, daß man versuchte, sich gegenseitig Bälle zuzuspielen. Der Zweckverband „Erft“ und die Zusammenarbeit der Kommungen mit Kraftfahrtunternehmen schien die Post endlich zum Handeln gezwungen zu haben. Schriftwechsel mit der Firma Noris sind nicht in den Akten enthalten. Dafür aber ein Schreiben des Vorsitzenden des Kreisausschusses vom 30. März 1925 an den Bedburger Bürgermeister, daß aufgrund des Interesses Bedburgs an einer Linienbetreibung durch eine private Gesellschaft eine Entscheidung zur Linieneinführung auf einer Sitzung der Oberpostdirektion nicht getroffen werden konnte.

Am 21. April 1925 fand eine Gemeinderatssitzung statt, in der man feststellte, daß man aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sei, die erforderlichen Erbreiterungen der Wege für die Kraftfahrzeuglinien durchzuführen.




Reichspostbus

Linie
Siegburg-Neunkirchen-Birkenfeld




Schon als es um die nichtgenehmigte Linie der Unternehmers Nobis ging, bezog Bürgermeister Voss eindeutig Stellung zum Fortschritt und befürwortete gegenüber Landrat und Regierungspräsident das schnelle Einrichten von Omnibuslinien in seinem Gebiet. Er schrieb schon im Oktober 1925

„Es müßte in hohem Masse bedauert werden, wenn der Betrieb der Kraftfahrzeuglinie Bedburg - Frauweiler - Köln durch den Unternehmer Nobis unterbunden würde, der Betrieb dieser Linie durch den Unternehmer Nobis ist ein Verkehrsbedürfnis, das durch die Post nicht erfüllt werden kann, weil deren Preise zu hoch sind. Heut schon liegt der Fahrpreis des Posttarifs wesentlich über demjenigen des Nobis, er wird aber noch höher, sobald oder bald nachdem Nobis von der Straße verschwunden ist. Durch die Kraftfahrzeuglinie werden die dem Verkehr abgeschlossenen Orte Auenheim, Garsdorf, Rath Frauweiler meines Verwaltungsbezirks und noch verschiedener benachbarter Gemeinden dem Verkehr erschlossen. Die Bewohner dieser Orte gehören durchweg der minderbeminderten Bevölkerungsklasse an, für die der höhere Fahrpreis der Post von Bedeutung ist. Außerdem wird der Betrieb nicht von Bedburg aus, sondern von Garzweiler aus betrieben, sodaß die der Bahn ferngelegenen Orte Garzweiler, Königshoven und Caster mitausgeschlossen werden, die von einem Postauto der Richtung Bedburg - Köln nicht berührt werden.

Bevor die Linie - Bedburg - Frauweiler - Köln durch Nobis aufgenommen wurde, haben meinerseits Verhandlungen der Oberpostdirektion Köln stattgehabt mit dem Erfolg, dass die Post verzichtete, weil die Wege nicht fahrbar seien. Erst als daraufhin Nobis den Autobetrieb eröffnete, richtete die Oberpostdirektion Aachen die Linie ein, indem sie den Kraftwagen von Erkelenz nach Bedburg nach Köln weiterleitete. Nobis hat erst die Fahrten aufgenommen, nachdem die zuständige Oberpostdirektion Köln die Einrichtung der Linie wegen der schlechten Wege abgelehnt hatte. - Wenn nun jetzt die Untersagung des Nobis'schen Kraftfahrzeugverkehrs erfolgt, dann wird die Post mit weitgehenden Straßeninstandsetzungsforderunen kommen und schließlich, wenn die Gemeinden diese nicht erüllen können (aus finanziellen Gründen ist nicht möglich was schliesslich gefordert wird), dann stellt die Post halt den Betrieb auch ein. - Für die Gemeinde ist die Sache auch wirtschaftlich von Bedeutung, denn der Privatunternehmer kann zu Wegebauvorausleistungen herangezogen werden, die Post nicht.

Ich bitte, von der Untersagung des Nobis'schen Betriebes abzusehen und ihm die erforderliche Genehmigung wenigstens vorläufig zu erteilen. Eine Untersagung würde bei der betroffenen Bevölkerung nicht verstanden werden.“

gez. Voss

Im November 1926 nahm Voss in einem Schreiben an den Landrat noch einmal Stellung zur damaligen Reichspost, die ihm offenbar zu langsam, zu zögerlich und zu mächtig war:

„Für die vom Reich zu erlassenen Ausführungsbestimmungen zum Kraftfahrliniengesetz habe ich keine Vorschläge zu machen, nachdem inzwischen die rentablen Kraftfahrlinien von der Post betrieben werden. Ich möchte aber diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen ohne hervorzuheben, wie die Art der Genehmigung von Kraftfahrlinien in der Vergangenheit doch etwas befemdet hat. Die vom Zweckverband der Gemeinden für ein grösseres Gebiet ausgearbeitete und beantragte Kraftfahrzeuglnien sind soweit sie zweifellos rentabel sind, von der Post aufgenommen worden. Ein Teil der Linien konnte aber bei der Preispolitik der Post keine Aussicht auf Rentabilität haben und wurden inzwischen wieder eingestellt.

Die Linie Bedburg - Frauweiler - Rommerskirchen - Stommeln - Köln wollte die Post nicht betreiben, weil ihr die Wege zu schlecht schienen. Als ein Privatunternehmer die Strecke fuhr und sich zeigte, dass der Verkehr ein sehr guter war, setzte sich die Post nach kurzer Zeit auch auf die Linie und sie drängte den Privatunternehmer weg. Die Wege waren nun auf einmal gut genug. Die Art der Behandlung der Genehmigungesanträge für Kraftfahrlinien hat der Reichspost die Möglichkeit geschaffen, die rentablen Linien zu betreiben. Sodann möchte ich noch vermerken, dass eine Kraftfahrlinie Grevenbroich - Neurath von der Post betrieben wird, deren Durchführung nach Bedburg dringend erwünscht wäre. Die Post aber kann sich trotz wiederholten Anregungen nicht entschließen, die Kraftfahrzeuglinie nach Bedburg durchzuführen. Man hat hier die Frage aufgeworfen, ob etwa Interessen von Grevenbroich hier massgeblich wären. Ich kann nicht annehmen, dass die Postverwaltung sich von den örtlichen Strömungen in einem Orte leiten lässt, es wäre aber an der Zeit, durch Durchführung der Kraftfahrlinien derartigen Reden der Bevölkerung zu entziehen.“




Die Verärgerung von Bürgermeister Voss muß zur Oberpostdirektion in Köln vorgedrungen sein und man bemühte sich in der Zukunft, bei Fahrplanänderungen auf die Wünsche der Bedburger Bevölkerung einzugehen. Dank den Bemühungen von Voss erhielt Bedburg vorzügliche Verbindungen nach Köln, Grevenbroich, Rommerskirchen, Bergheim und Kirchherten/Jülich. Die in den 20er Jahren eingeführten Linien griffen noch bis um die Jahrtausendwende, bis die Regionalisierung des ÖPNV eine teilweise Abbindung der kreiseigenen Linien aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich machte.

Über die weiteren Aktivitäten des Bedburger Bürgermeisters Voss zur Sicherstellung der Bedburger Linien berichten die Streckenänderungen auf den Bedburger Linien und das Eingreifen von Bürgermeister Voss.




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