Der Reichstag hat das folgende
Gesetz beschlossen, das mit Zustimmung des Reichsrats hiermit
verkündet wird:
§ 1. Wer über die
Grenzen eines Gemeindebezirkes hinaus die Beförderung von
Personen oder Sachen mit Kraftfahrzeugen auf bestimmten Strecken
gegen Entgelt betreiben will (Unternehmer von Kraftfahrlinien),
bedarf der Genehmigung der von der obersten Landesbehörde
bestimmten Behörde.
Soll sich das Unternehmen auf das
Gebiet mehrerer Länder erstrecken, so sind zur Genehmigung
die obersten Landesbehörden gemeinsam zuständig. Jedoch
ist jedes Land verpflichtet, die Fortsetzung einer in einem
benachbarten Lande zugelassenen Kraftfahrlinie in oder durch sein
Gebiet zu gestatten, wenn der Reichsrat auf den durch den
Reichsverkehrsminister geprüften und zu vermittelnden Antrag
anerkennt, daß diese im Interesse des allgemeinen Verkehrs
liegt.
§ 2. Die Genehmigung darf nur erteilt
werden, wenn Gewähr für die Sicherheit und
Leistungsfähigkeit des Betriebes geboten ist und das
Unternehmen den öffentlichen Interessen nicht zuwiderläuft.
§ 3. Die Genehmigung kann zurückgenommen
werden, wenn gegen die bei der Genehmigung festgesetzten
Bedingungen oder gegen die auf Grund des § 5 erlassenen
Vorschriften und Anordnungen oder gegen die auf Grund des §
6 des Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3.
Mai 1909 in der Fassung des Gesetzes vom 21. Juli 1923 erlassenen
Vorschriften in wesentlicher Beziehung verstoßen wird. Die
Zurücknahme der Genehmigung bedarf der Zustimmung der
obersten Landesbehörde.
Im Falle des § 1 Abs. 2
kann die Zurücknahme nur gemeinsam erfolgen; die nicht
erfolgte Zustimmung einer beteiligten obersten Landesbehörde
kann in diesem Falle durch die Zustimmung des
Reichsverkehrsministers ersetzt werden.
§ 4. Die
obersten Landesbehörden können die Vorschriften der §§
1 bis 4 auf gegenwärtig vorhandene Kraftfahrlinien für
anwendbar erklären.
§ 5. Die
Reichsregierung erläßt mit Zustimmung des Reichsrates
die zur Durchführung der §§ 1 bis 5 erforderlichen
Vorschriften.
Für die Ausrüstung und den
Betrieb der Kraftfahrlinien können die obersten
Landesbehörden allgemeine Anordnungen erlassen.
§
6. Dienen Linien der Reichspost der Personenbeförderung,
so ist die Reichspost zur Einholung der Genehmigung nach § 1
nicht verpflichtet, sondern nur zu einer mit vierwöchiger
Frist vorher zu erstattenden Anzeige an die oberste Landesbehörde
des betreffenden Landes. Erhebt die oberste Landesbehörde
innerhalb zwei Wochen nach Eingang der Anzeige gegen die
beabsichtigte Einrichtung einer solchen Kraftfahrlinie der
Reichspost Einspruch, weil nach ihrer Auffassung den öffentlichen
Interessen durch Einrichtung der Linie nicht genügend
Rechnung getragen sei, und kommt eine Einigung nicht zustande, so
entscheidet über die Berechtigung des Einspruchs ein
Schiedsgericht, zu dem das Reichsgericht aus seiner Mitte den
Vorsitzenden, die Reichspost und die oberste Landesbehörde
je einen Beisitzer stellen.
Die Bestimmungen des Abs. 1
gelten auch für Linien, die sowohl der Postsachen- wie der
Personenbeförderung dienen, es sei denn, daß die
Reichspost der obersten Landesbehörde gegenüber unter
Anführung der tatsächlichen Verhältnisse dargelegt
hat, daß die einzurichtende Kraftfahrlinie für die
Postsachenbeförderung erforderlich ist.
§
7. Wer als Unternehmer oder als Angestellter einer
Kraftfahrlinie den in der Genehmigung festgesetzten Bedingungen
oder den auf Grund des § 5 erlassenen Vorschriften und
Anordnungen zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu 150
Reichsmark oder mit Haft bestraft.
§ 8. Wer den
Betrieb einer Kraftfahrlinie ohne die erforderliche Genehmigung
unternimmt oder ihn fortsetzt, nachdem die Genehmigung
zurückgenommen oder der Weiterbetrieb untersagt worden ist,
wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten
bestraft.
§ 9. Die Verordnung, betreffend
Kraftfahrzeuglinien vom 24. Januar 1919 (Reichsgesetzbl. S. 97)
tritt außer Kraft.
Dietramszell, den 26. August
1925.
Der Reichspräsident . . . Der
Reichsverkehrsminister |