Mit Volldampf durch den Kreis - 150 Jahre Eisenbahn - Teil 10



Vor 80 Jahren wurde die moderne Rheinuferbahn in Betrieb genommen

Huldvolles Telegramm vom Kaiser
Kölner Stadtanzeiger vom 10.1.1986

Schulkinder und Anwohner schwenkten Fähnchen, als der erste Zug vorbeifuhr

Von Helmut Weingarten




Aufsehen erregte die Rheinuferbahn, die zwischen Köln und Bonn verkehrte, bei der Bevölkerung ebenso wie in Fachkreisen. Das Bild entstand vor 1914 und zeigt einen elektrischen Zug mit Personal. Repros: Helmut Weingarten


Wesseling erhielt erst durch die Rheinuferbahn eine direkte Bahnverbindung mit Köln und Bonn. Dieser Personenzug wurde um 1920 vor dem Bahnhofsgebäude in Wesseling fotografiert


Das Streckennetz der Köln-Bonner-Eisenbahnen Mitte der 50er Jahre: Die Jahreszahlen geben die Linieneröffnungen auf der Rheinuferbahn und der Vorgebirgsbahn an.

Erftkreis - Vor 80 Jahren, am 11. Januar 1906 versammelten sich im Gürzenich zu Köln die Vertreter der Städte und Landkreise Köln und Bonn zu einem Bankett. Der Anlaß für dieses, wie Chronisten berichten, glanzvolle Fest: Die Rheinuferbahn wurde in Betrieb genommen.

Man hatte allen Grund zum Feiern. Denn diese Rheinuferbahn, eine zusätzliche Verbindung zwischen Köln und Bonn, war die erste Schnellbahn Deutschlands, die mit hochgespanntem Gleichstrom fuhr. Am 27. Januar 1906 durften nach etlichen Probetouren, die ersten Fahrgäste einsteigen. Schon einen Monat später wurde ein Schnellverkehr zwischen beiden Städten eingerichet. Die für die damalige Zeit hochmodernen Züge erreichten eine Geschwindigkeit von immerhin 80 bis 90 Stundenkilometern.

Eine solche Strecke zwischen den Städten zu schaffen, war unbedingt notwendig. Darin waren sich damals alle Verantwortlichen einig. Denn die Staatsbahn Köln-Bonn-Koblenz berührte als ausgesprochene Fernverbindung nur wenige Ortschaften an der Strecke.

Mit der schon einige Jahre zuvor eröffneten Vorgebirgsbahn konnten die Bewohner der Dörfer am Vorgebirge bequem Bonn oder Köln erreichen. Nur der aufstrebende Industrieort Wesseling mußte auf eine solche Verkehrsanbindung verzichten.

Keine Bedenken

Schon im März 1891 hatten die Bürgermeister der Städte Köln und Bonn, aber auch die Politiker in den Landkreisen Köln und Bonn erkannt, daß neben der Vorgebirgs- eine Rheinuferbahn notwendig sei und entsprechende Beschlüsse gefaßt.

Der Kölner Regierungspräsident hatte keine Bedenken gegen eine schmalspurige Bahn Köln-Wesseling. Den Zuschlag für die Bauarbeiten bekam die 1895 ins Handelsregister eingetragene „Aktiengesellschaft der Vorgebirgsbahn Cöln-Bonn“. Sie setzte sich gegen die Konkurrenten durch, etwa die Brohltaler Eisenbahn-Gesellschaft.

Seit dem Jahre 1899 nannte sich die „Aktiengesellschaft Vorgebirgsbahn“ „Aktiengesellschaft der Cöln-Bonner Kreisbahnen“. Sie begann mit den Vorbereitungen für die Anlage der Rheinuferbahn. Im Jahr 1901 wurde die Strecke Vochem-Brühl-Wesseling (Rheinwerft) eröffnet. 1902 die normalspurige Güterstrecke Wesseling-Sürth in Betrieb genommen.

Fünfzehn Jahre nach den ersten Verhandlungen zwischen Kölner und Bonner Politikern entstand eine Bahn, die technisch zu den fortschrittlichsten in Europa zählte. Sie fand in Fachkreisen des In- und Auslandes ungeteilte Anerkennung, zumal es sich hier um ein Unternehmen handelte, das privatwirtschaftlich betrieben wurde. Träger waren ausschließlich die Städte und Landkreise Köln und Bonn.


Die bekannten Züge der Rheinuferbahn, der Köln-Bonner-Eisenbahn, wie sie viele Fahrgäste noch in guter Erinnerung haben. Die Züge verkehrten seit 1905 und galten als hochmodern.

Gelobt wurden auch die Abzweigungen Wesseling-Brühl und Wesseling-Sürth. „Die Gesellschaft“, so schrieb bereits im Jahre 1894 die Handelskammer zu Köln, „hat die Interessen der beteiligten Städte und Kreise richtig erfaßt, indem sie das Bindeglied zwischen den beiden Strecken Köln-Vorgebirge-Bonn und Köln-Wesseling-Bonn, nämlich die Strecke Wesseling-Brühl, in ihr Unternehmen hineingezogen hat. Dadurch, daß dieses Eisenbahnnetz unter der selben Verwaltung steht, wird dem öffentlichen Interesse am besten gedient sein.“

Briketts transportiert

Über diese Querverbindung vom Braunkohlenrevier zum acht Kilometer entfernten Umschlagplatz am Rhein wurden in der Hauptsache Briketts transportiert. In umgekehrter Richtung waren die Industriebetriebe im Wesselinger Raum nun direkt an die Staatsbahn in Brühl angeschlossen.

Die Rheinuferbahn und ihre Zweigstrecken waren von der ersten Stunde an wirtschaftlich gesunde Unternehmen. Dazu trug bei, daß sie zweigleisig und normalspurig ausgebaut und elektrisch betrieben waren. Der Erfolg: ab 1908 wurde die Anerkennung als Hauptbahn ausgesprochen. Erst in den Jahren 1929 bis 1934 wurde sie auf regelspurigen und elektrischen Hauptbahnbetrieb umgestellt.


Das Eisenbahnnetz des Kreises in seiner dichtesten Ausdehnung (1943) mit KBE-Strecken.
Karte: Slg.Perillieux, Repros: wg

Zurück zur feierlichen Eröffnung der Strecke vo 80 Jahren. In den Zeitungen aus dieser Zeit ist nachzulesen, daß sich der festlich dekorierte Zug um zwei Uhr von der Bonner Trankgasse Richtung Köln in Bewegung setzte. Zu den Fahrgästen gehörten der Oberpräsident der Rheinprovinz, von Schorlemer, Regierungspräsident Dr. Steinmeister und viele andere bekannte Persönlichkeiten. Auf den Bahnhöfen, die an der Strecke lagen und ebenfalls geschmückt waren, wurde der Zug von Schulkindern und vielen Ortsbewohnern mit Fähnchen und „Hurra“-Rufen begrüßt.

Schnell wieder einsatzbereit

In Wesseling machte man halt, um die neue Wagenhalle und das Kraftwerk zu besichtigen. Auch der Kaiser erfuhr von dem Ereignis. Man schickte ihm ein Telegramm, das er - wie es in der Chronik heißt - „huldvoll erwiederte.“

Nach dem letzten Weltkrieg zählte die Rheinuferbahn, ab 1918 „Cöln-Bonner-Eisenbahn“ genannt, zu den ersten Zügen, die den Personenverkehr aufnahmen. Am 10. September konnte die Strecke Köln-Bonn mit täglich 22 Zügen, darunter auch Schnellzügen, elektrisch befahren werden. Seit 1978 ist die Rheinuferbahn Stadtbahn und eingebunden in die Stadtbahngesellschaft Rhein-Sieg.

Zu Teil 11 der Serie
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