Zeitungsartikel über die Euskirchener Kreisbahn











594191 Personen beförderte die EKB im Jahre 1953

Umstellung von Schiene auf Straße erforderlich

Euskirchen. - Wir berichteten vor einigen Tagen von der Inbetriebnahme einer neuen Diesel-Doppellokomotive bei den Euskirchener Kreisbahnen. Diese Lokomotive, die die „Kleinigkeit“ von 140.000 DM gekostet hat, wurde keineswegs angeschafft, weil man etwa Geld zuviel hatte, sondern im Gegenteil, weil man sparen wollte, denn sie erspart in der Tat gegenüber einer Dampflokomotive jährlich nicht weniger als 35 000 DM, macht sich also in wenigen Jahren gut und gerne bezahlt. Diese, nur auf den ersten Blick kostspielige Anschaffung lag also ganz im Zuge jener Maßnahmen, durch die man den notleidenden Betrieb der EKB rentierlicher gestalten will.

Daß die Euskirchener Kreisbahnen nicht der einzige Kleinbahnbetrieb sind, der das Problem „Schiene - Straße“ hart am eigenen Leibe spürt, ergibt sich aus einer Übersicht über die nichtbundeseigenen Eisenbahnen im Bezirk der Bonner Industrie- und Handelskammer, den man in dem vor kurzem erschienenen Jahresbericht 1953 der Kammer findet.

Im Anschluß an Ausführungen über die Rhein-Sieg-Eisenbahn A.-G. wird dort über die Euskirchener Kreisbahnen folgendes gesagt:

„Ähnliche Entwicklungstendenzen wie bei der Rhein-Sieg-Eisenbahn A.-G. zeigten auch die Verkehrszahlen der Euskirchener Kreisbahnen auf. Diese beiden Betriebe geben damit im Kleinen ein gutes Anschauungsbeispiel zu dem aktuellen Problem Schiene / Straße.

Der Schienenverkehr

der Bahnen des Kreises Euskirchen war 1953 sowohl in der Personen- als auch in der Güterbeförderung weiterhin rückläufig. Die abfallenden Kurse haben sich allerdings gegenüber den Vorjahren abgeflacht. Die Rückläufigkeit in der Personenbeförderung auf der Schiene wird durch die vermehrte Inanspruchnahme des






Omnibusverkehrs

rein zahlenmäßig ausgeglichen. Insgesamt gesehen ergibt sich sogar eine geringe Verkehrszunahme. Ob damit aber auch einnahmemäßig ein Ausgleich gefunden werden kann, ist nicht sicher. Bei einer gleichen zukünftigen Entwicklung dürfte sich dieselbe Problematik wie bei der Rhein-Sieg-Eisenbahn ergeben.“

Gemeint ist, daß die Rhein-Sieg-Eisenbahn zu Zeit dabei ist, sich immer mehr

auf Kraftwagenverkehr umzustellen,

und sogar den Abbruch verschiedener Teilstrecken ihrer Schienenwege beantragt hat, um auf diesen Strecken den Personenverkehr mit Omnibussen und den Güterverkehr mit Lastkraftwagen zu bewerkstelligen, wovon sie sich einen rentableren Betrieb erhofft.

Betrachten wir nun die in dem Jahresbericht mitgeteilten

Verkehrszahlen,

so ergibt sich folgende Bild: Die Euskirchener Kreisbahn beförderten im Schienenverkehr im Jahre 1938 213351 Personen, Im Jahre 1952 dagegen 126351 Personen mehr, nämlich 339673 Personen. Diese Zahl sank im Jahre 1953 wieder, wenn auch nur um 12486, nämlich auf 327187 Personen. Um aber ein wirklichkeitsgetreues Bild zu bekommen, muß man auch den Omnibusverkehr unter die Lupe nehmen. 1938 hatten die EKB noch keine Omnibusse, im Jahre 1952 aber wurden mit dem vom Kreis neubeschafften schmucken Omnibussen bereits 246030 Personen befördert, im Jahre 1953 waren es schon 20974 Fahrgäste mehr, nämlich 267004. Zählt man nun Schienen- und Omnibusverkehr zusammen, dann kommt man zu folgender Aufstellung der beförderten Personen: 1938: 213322, 1952: 585703, 1953: 594191, d.h., daß mit Hilfe des Omnibusbetriebs, wie oben schon gesagt, sogar eine geringe Verkehrszunahme erzielt wurde. Wir zweifeln nicht, daß diese Zahlen den Verantwortlichen der EKB.

zu denken geben

werden, und vielleicht erleben wir in der Folgezeit auch in der Personenbeförderung der EKB eine zunehmende Verlagerung auf Omnibusbetrieb, zumal die seit Jahren geplante Umstellung der Schmalspurstrecken auf Normalspur und die teilweise Verlegung der Strecken wegen der hohen Kosten wohl noch lange

Zukunftsmusik

bleiben und - vielleicht sogar nie kommen werden. (Letztes dann, wenn die Entwicklung inzwischen eine radikale Umstellung auf Kraftwagenbetrieb erzwingen sollte.) Allerdings - das muß betont werden - ist eine Verstärkung des Omnibusverkehrs auf neuen Linien nur dann möglich, wenn Bundespost und Bundesbahn sich geneigt zeigen, die kleine Schwester EKB auch “mal ranzulassen“, nämlich auf den von ihnen befahrenen Straßen, auf denen sie das Verkehrsmonopol haben. In dieser Hinsicht dürfte allerdings eine tüchtige Portion gesunder Skepsis am Platze sein.

Die Haupteinnahme einer Bahn fließt aber nun bekanntlich nicht aus dem Personen-, sondern aus dem

Güterverkehr

und da darf gesagt werden, daß die EKB für den Gütertransport im Kreise Euskirchen, der von der Bundesbahn nur ungenügend erschlossen ist, immer noch von großer Bedeutung sind. So sind sie z. B. für den

Transport der Zuckerrüben

in der „Kampagnezeit“ aus den Rübenanbaugebieten des Kreises in die Euskirchener Zuckerfabrik einfach unentbehrlich, schon deshalb, weil sonst die Anfahrtsstraßen zur Zuckerfabrik noch mehr verstopft würden, als sie es so schon sind. Man muß im Gegen teil wünschen, daß die Bauern sich wieder ganz dem Bahntransport zuwenden, um so mehr, als die EKB ihnen das durch die neue








Rübenverladerampe bei Niederbolheim (Rhein-Erft-Kreis) - 1.10.1996
Ergänzungsfoto wisoveg.de






hochmoderne Rübenverladeanlage

bei Erp sehr bequem gemacht haben. (Sogar die berühmten „Schmutzprozente“ werden dort an Ort und Stelle ermittelt und gleich verrechnet!) Leider gibt die Statistik der Industrie- und Handelskammer nicht an, wieviel Tonnen der von der EKB beförderten Güter auf die Zuckerrüben und wieviel auf andere Dinge entfallen. Das ist schade, denn es würde die wirtschaftliche Bedeutung der EKB für den Kreis noch stärker profilieren. So müssen wir uns mit der Feststellung begnügen, daß die Euskirchener Kreisbahnen auf ihren Schienenstrecken im Jahr 1938 nicht weniger als 330295 to Güter transportierten, daß es aber im Jahre 1952 - welch ein Abstieg! - 100283 to weniger, nämlich nur noch 230012 to waren. Auch diese Zahl ist leider 1953

noch weiter abgebröckelt,

wenn auch nur verhältnismäßig geringfügig, nämlich um 13012 to auf 217000 to. Die EKB werden sich angesichts dieser deprimierenden Zahlen überlegen müssen, ob sie nicht - wie die erwähnte Rhein-Sieg-Eisenbahn A.-G. - ihrem Schienen-Güterverkehr einen

Lastwagen-Güterverkehr angliedern

sollen, und zwar dergestalt, daß die Massengüter dem Schienen- und die anderen Güter dem Straßentransport zugewiesen werden. Allerdings sind die EKB auch in punkto Güterverkehr nicht allein auf der Welt, und man kann, ohne Prophet zu sein, getrost voraussagen, daß den Verantwortlichen bei Angliederung eines Lastwagenverkehrs nicht nur der Kauf der ja immerhin auch nicht gerade billigen Lastwagen, sondern mehr noch die Überwindung der Widerstände von seiten des privaten Verkehrsgewerbes Kopfschmerzen bereiten würde.

Wenn wir zum Schluß unserer Betrachtungen noch gerne wissen möchten, wie groß

der Fahrzeugpark

war, mit dessen Hilfe die EKB in den genannten Jahren ihre Verkehrsleistungen vollbrachten, dann gibt auch darüber die Statistik Auskunft. Im Jahre 1938 hatten die EKB 270 einsatzfähige Wagen (wobei wahrscheinlich die verhältnismäßig wenigen Personenwagen mitgezählt sind, denn sie erscheinen nicht gesondert), ferner 8 Lokomotiven, einen Triebwagen, keinen Omnibus. Im Jahre 1952 waren es 298 Wagen, 6 Lokomotiven, 2 Triebwagen, 4 Omnibusse, im Jahre 1953 296 Wagen, 6 Lokomotiven, 2 Triebwagen, 4 Omnibusse. In diesem Jahre müßte man die bereits erwähnte neue Diesellok hinzuzählen.

Man darf nach allem gespannt sein, wie sich die Euskirchener Kreisbahnen, die der Kreis 1949 aus der Hand ihrer damaligen Besitzerin, der Firma „Vereinigte Kleinbahnen A.-G.“ (Frankfurt) völlig heruntergewirtschaftet in eigene Regie übernahm, weiterentwickeln werden, vor allem, wie sie auf ihre Art das auch ihnen gestellte Problem „Schiene/Straße“ lösen wollen, und ganz besonders, ob sie einmal Mühe und Geld lohnen werden, die man in den Jahren seit 1949 an sie gewandt hat. Dies aber möchten wir von Herzen wünschen, denn es liegt in unser aller Interesse!



-y








Quelle: Euskirchener Volksblatt vom 10.8.1954
Archiv: Anton Könen Mechernich








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