Wie es früher war:
Bei einem Thaler Strafe wird es hierein untersagt ...

Aus alten Dokumenten der Eisenbahn vor hundert Jahren








Ordnung und Höflichkeit im Verkehr mit dem reisenden Publikum sind heute Grundbegriffe, ohne die das moderne Verkehrswesen nicht auskommen kann. Daß man aber auch bereits vor fast hundert Jahren in der ersten Kinderzeit der Eisenbahn also, diese Tatsache erkannt, und auf ihre Einhaltung und Förderung gegebenenfalls mit sehr drastischen Mitteln gedrungen hat, davon geben einige Auszüge aus alten, vergilbten Dokumenten der damaligen Eisenbahndirektion Kenntnis, von denen wir die originellsten und interessantesten den Lesern hier vorführen wollen.

Scheinbar waren schon die alten Eisenbahner besondere Liebhaber von Hunden. Vielleicht aber haben sie dabei doch nicht ganz die Interessen des Betriebes so wahrgenommen, wie es eine hohe Direktion für nötig hielt. Jedenfalls gibt ein Erlaß zu denken, der sich gegen das Halten von Hunden wendet und wörtlich besagt, daß bei einem Thaler Strafe es hierein untersagt wird, einen Hund zu halten, außer am Hause oder an einer Kette festliegend“. So gegeben zu Cöln am 8. Januar des Jahres 1845.

Dagegen legte die Direktion anscheinend sehr viel Wert auf ein schmuckes Aussehen der Bahnwärterhäuschen, eine Arbeit, welcher die Wärter allerdings selbst vorzunehmen hatten. So heißt es in einem Direktionsbeschluß vom 7. Mai 1845, daß festgestellt worden sei, „daß jeder Bahnwärter etc., der Miethe bezahlt, das Weißen im Innern, sowie die sonstigen kleinen Reparaturen, gleich einem gewöhnlichen Mietsmanne selbst zu bestreiten habe.“

Auf die Wahrung höflicher Umgangsformen im Verkehr mit dem Publikum wurde sehr gesehen, besonders da hierfür eine ganze Reihe wichtiger Gründe vorgelegen zu haben scheinen. So bekommt z. B. der Zugführer Poankowsky im Jahre 1845 einen gehörigen Rüffel wegen eines Zusammenstoßes, den er mit einem Buchhändler gehabt hatte. Die Direktion glaubte in diesem Schreiben überhaupt das ganze Benehmen des Zugpersonals rügen zu müssen, denn es heißt wörtlich in dem Ukas: „die Beobachtung eines freundlichen Benehmens gegen das Publikum bewirkt mehr als ein barsches Auftreten, welches einigen Beamten mit Recht vorgeworfen werden kann.“

Da scheinen unsre heutigen Eisenbahner doch bessere Leute zu sein. Die damaligen Beamten müssen tatsächlich des Oefteren ziemlich ruppig gegen das reisende Publikum gewesen sein, denn im Jahre 1846 kam dieser Punkt sogar erneut auf einer Direktionssitzung zur Sprache, und es wurde ein hochoffizieller Beschluß gefaßt, dem gesamten „Bahnpersonal per Circular erneut ein höfliches und freundliches Benehmen gegen die Passagiere aller Wagenklassen, sowie gegen das Publikum überhaupt, einzuschärfen, und damit die Warnung zu verbinden, daß diejenigen, welche sich in dieser Beziehung fernerhin etwas zuschulden kommen lassen, sogar Dienstentlassung zu vergegenwärtigen haben.“

In punkto „Spesenmachen“ hat es anscheinend damals auch schon sehr weitherzige Leute gegeben. Da schreibt nämlich die Direktion unter dem 2. Oktober 1846 an den Herrn Bahnmeister der 1. Betriebs=Sektion, wie die Unterverwaltungen damals hießen, einen Erlaß, den wir der Originalität halber hier wörtlich wiedergeben. Es heißt da: „Die mit Ihrem Berichte vom 4. dieses Monats eingereichte Rechnung des Wittib Metzmacher in Horrem über 30 Quant Bier haben wir zwar zur Zahlung angewiesen. Wir tragen Ihnen jedoch auf, dem betr. Bahnpersonal bemerklich zu machen, daß dergleichen extraordinäre Ausgaben für Speisen und Getränke bei kleinen Vorfällen auf der Bahn in der letzten Zeit häufig vorgekommen sind, und daß hierdurch leicht die Vermuthung entstehen kann, als ob bei solchen Gelegenheiten mit der Verabreichung von Speisen und Getränken mißbräuchlich verfahren werde. Sie wollen daher von Ihrer Seite wirken, daß solche Mißbräuche fürderhin vermieden werden.“

Man sieht also, es gibt in der Welt immer die gleichen Dinge. Im Jahre 1848 hatte man bei der Direktion scheinbar Befürchtungen wegen etwaiger Sabotageakte. Davon gib ein energisches Schreiben an den Leiter des Wärterpersonals des 6. Bahnmeisterei Kenntnis. Darin heißt es: „Ich benachrichtige Sie hiermit, daß Sie auf den Befehl des Herrn Sektions=Conducteurs Schmalbein wegen diesen unruhigen Zeiten, jeden Morgen vor Ankunft des ersten Güterzuges sorgfältig Ihre Strecke revidieren müssen, und ich werde gehörig darauf acht geben, und jeden Controllieren, widrigenfalls nicht, so werde ich Sie Exemplarisch bestrafen.“ Dem guten Bahnmeister wird bei diesem Ukas wohl nicht so ganz wohl gewesen sein.

In diesen alten, vergilbten Blättern der Rheinischen Eisenbahngesellschaft steckt ein guter Teil Geschichte des deutschen Eisenbahnverkehrs, aber man kann auch sagen, daß hier die Grundlagen der festen Tradition zu finden sind, die die Reichsbahn von ihren Vorgängern übernommen und bewußt weiter gepflegt hat.

-efa-








Quelle: Westdeutscher Beobachter vom 7. August 1934
Archiv: Anton Könen Mechernich









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