Bericht zur Hebung der Kulturverhältnisse der Eifel.








Bericht der Kommission zur Berathung des Antrages der Abgeordneten Braun, Hölzer, v. Auerswald und Genossen, betreffend die Bewilligung von Mitteln zur Hebung der Kulturverhältnisse der Eifel.

Die Eifel bildet einen Theil des Schiefergebirges, welches von Mainz bis Bonn vom Rheine durchströmt wird, fünfzig Meilen von Südwest nach Nordost lang und zwanzig Meilen breit ist. In den ältesten historischen Zeiten bildete sie einen Theil des großen Ardennenwaldes, welcher sich vom linken Ufer des Rheines bis tief nach Gallien und Belgien hineinzog. Gegenwärtig versteht man im geographischen Sinne dieses Wortes das ganze Gebirgsland darunter, welches nördlich und nordwestlich von der Mosel, westlich vom Rheine gelegen ist und zwar von einer von Koblenz bis Bonn und von Bonn nach Montjoie gezogenen Linie begränzt wird. Sie gränzt also östlich an den Rhein, wenn man die Ausläufer des Eifelgebirges bis Rolandseck dazu rechnet, westlich an die Ardennen oder das Großherzogthum Luxemburg, nördlich an das hohe Venn und südlich an das linke Ufer der Mosel, von Trier an gerechnet.

Nach dem gewöhnlichen oder politischen Gebrauche des Wortes werden aber im Südosten das Maifeld und im Süden ein großer Theil des Kreises Kochem, so wie die untere Ahr und die nach dem Rheine abfallenden Theile des Kreises Rheinbach ausgeschlossen. Die Eifel umfaßt daher 1) im Regierungsbezirke Köln, Theile des Kreises Rheinbach; 2) im Regierungsbezirke Aachen,die Kreise Schleiden, Montjoie und Malmedy; 3) im Regierungsbezirke Trier, die Kreise Prüm, Bitburg, Daun und großentheils Wittlich; 4) im Regierungsbezirke Coblenz, die Kreise Kochem, Adenau, zum Theile den Kreis Mayen, und einen Theil des Kreises Ahrweiler. Somit ist das Gebiet der Eifel in vier verschiedene Regierungsbezirke vertheilt; der ganze Umfang derselben nach den bezeichneten Gränzen beträgt gegen 108 Quadratmeilen. Das ganze Gebiet der Preußischen Rheinprovinz auf der linken Seite des Rheines zählt 370 Quadratmeilen mit 1,957,457 Einwohnern, während die ganze Rheinprovinz eine Geammtbevölkerung von 2,811,172 Einwohnern nach der Zählung von 1849 hat.

Wie das Geammtgebirge, von dem die Eifel ein Theil ist, so bildet auch die Eifel selbst ein wellenförmiges Hochland oder Plateau, welches von tiefen Thälern mannigfaltig durchschnitten wird und in seinen höchsten Spitzen und Abflachungen um mehr als 2000 Fuß sich über die Meeresfläche erhebt. Im äußersten Nordosten gränzt sie an das hohe Veen, das ist an jene weit ausgedehnten Hochmoore, auf welchen gegenwärtig die Vegetation sich kaum über die ersten Stadien ihrer Entwicklung zu erheben vermag. Das Klima ist im Allgemeinen kalt und auf den öden und steinigen Höhen unwirthlich und rauh, so daß dieselben sehr oft im Jahre jenen schauerlichen Charakter an sich tragen, welcher den Gegenden in den Gesängen Ossians eigen ist. Die Eifel ist von zahlreichen kleineren Flüssen, der Prüm, der Salm, der Kyll, der Lyser, der Nette, der Roer, der Erft, der Ahr u.s.w. durchflossen; zahlreiche Bergkegel, Kesselthäler und Kraterseen erinnern an die Vulkane, welche in vorhistorischen Zeiten hier thätig gewesen sind. Im Innern der Erde finden sich Lager von Basalt, von Tuff, Schiefer, von Eisen=, Blei= und Kupfer=Erzen.

Als die römische Eroberung bis zu den Ufern des Rheines vordrang, wurde die Eifel, wie die ganze Gebirgsstrecke welcher sie angehört, sehr schnell in das Gebiet römischer Kultur hineingezogen. Die Eifel, besonders in ihren Vorsprüngen an den Rhein, wurde ein Ring in der großen Kette von ausgedehnten Befestigungs=Anlagen, welche die Grenzen des unermeßlichen römischen Reiches umschloß, theils um dasselbe gegen die Einfälle der Barbaren zu schützen, theils um als feste Punkte zu dienen, von denen neue Eroberungen ihren Ausgang nehmen sollten. Die Eifelgegend wurde in kurzer Zeit mit einem reichen Netze von Wegen und Heerstraßen bedeckt, welche einen reichen Anbau zur nothwendigen Folge hatten. An diesen Straßen haben sich bis auf diesen Augenblick redende Zeugnisse von jener Kulturstufe erhalten in den zahlreichen Resten von mutationes, mansiones, von Heerlagern, von reichen Villen, Dörfern, Bädern und den großartigen Wasserleitungen, welche die Gebirge durchzogen und von denen die eine große nach gewöhnlicher Annahme die Bestimmung hatte, das Wasser über eine Reihe von Bergen und Thälern von Trier nach Köln zu tragen. Der Boden bewahrt überdies unzweifelhafte Spuren, daß die Römer den Ackerbau und die Viehzucht bis in die höheren Gegenden der Eifel hinauf ausgebreitet hatten und daß selbst die Metalle im Schooße der Gebirge ihren Blicken nicht entgangen waren. Als in späterer römischer Zeit der Sitz Maximinians, Constantinus Chlorus, Constantinus des Großen, Valentinians und anderer römischer Imperatoren wurde und die hervorragendsten Schriftsteller und Charaktere jener Zeit, ein Lacantius, Eumenius, Ausonius, Athanasius, Ambrosius theils bleibend, theils vorübergehend an die Ufer der Mosel und in eine Stadt geführt wurden, in welcher alles, was der altrömische Kultus, was römische kunst und Luxus erfunden hatten, vereinigt war, da konnte es nicht ausbleiben, daß die römische Geisteskultur sich über diejenigen Gegenden ausbreitete, welche mit dieser Stadt in dem nächsten Zusammenhange und lebhaftestem Verkehre standen. So sehr aber hatte römische Sitte sich in Trier ausgebildet, daß die Bewohner dieser und einer anderen nicht weit entfernten großen Stadt, nachdem Zeugnisse eines beredten römischen Schriftstellers und Zeitgenossen, auch in dem Augenblick ihren schwelgerischen Gelagen nicht entsagten, als die Barbaren, unter deren Fuß das römische Reich zusammenbrach, die Stadt überfielen und verwüsteten.

Zahlreiche Gaugrafen traten unter fränkischer Herrschaft an die Stelle des römischen Regiments; an die der römischen Kastelle und Villen traten Burgen mächtiger Geschlechter und Dynasten, die das Mittelalter hindurch die Eifel beherrschten, die meisten von ihnen sind untergegangen, eine derselben werfen noch die Strahlen ihres alten Glanzes in die Gegenwart hinein. Neben den Burgen der Dynasten zählte die Eifel auch einzelne klösterliche Stiftungen, von denen es mehreren, namentlich Hemmerode, Prüm, Steinfeld, Malmedy und Laach, gelungen ist, ihre Namen auch in weiteren Kreisen bekannt zu machen und ein Andenken in der Geschichte zu hinterlassen. Wäre der Ausspruch begründet, der indem bekannten lateinischen Hexameter, - Eiflia doctorum genetrix praeclara virorum, zu Gunsten der Eifel erhoben wird, sie sei die Wiege vieler gelehrter Männer, so würde daraus hervorgehen, daß die gegenwärtige Fruchtbarkeit des Bodens in der Eifel in dem umgekehrten Verhältnisse zur Fruchtbarkeit des Geistes stehe und würde eine neue Gewähr für den Satz geboten, daß die freie Luft der Berge auch auf den Geist wohlthältig einwirke. Jedenfalls wird die Eifel für sich anführen können, daß in der neuern Zeit die Wiege des Humanisten und Geschichtsschreibers Johannes Sleidanus zwischen ihren Bergen gestanden, und daß Adam von Schall, der in dem chinesischen Reiche die höchsten Würden erlangt hat und sich der vertrautesten Freundschaft eines chinesischen Kaisers rühmen konnte, zu den ihrigen zählt.



Gegenden von so hoher Lage, von so geringer Fruchtbarkeit und von solcher Abgeschlossenheit, wie die Eifel, in denen die Viehzucht die vornehmste Quelle des Erwerbes bildet, sind nicht geeignet, wenn nicht äußere begünstigende Verhältnisse hinzutreten, große Schätze in den Wohnungen ihrer Bewohner aufzuhäufen. Aber diese abgeschlossene Lage, die Schwierigkeit, mit welcher der Natur die Nahrung abgerungen werden muß, rufen den Menschen zu angestrengter Thätigkeit auf, wecken und entwickeln die schlummernde Selbstkraft und erzeugen Genügsamkeit, Sparsamkeit und Enthaltsamkeit, - Tugenden, welche auch unter ungünstigen Verhältnissen Wohlhabenheit und Zufriedenheit in ihrem Gefolge haben.

Die nächste Aufgabe dieser Darlegung besteht darin, die Ursachen aufzuzeigen, aus welchen jene Verarmung in der Eifel hervorgegangen, welche täglich neue Fortschritte macht und welche, wenn die fleißigen und biederen Bewohner einer unfruchtbaren Gegend der äußersten Noth nicht verfallen sollen, nachdrücklich um starke und rasche Abhülfe ruft. Diese Ursachen aber, welche die drückenden Zustände in der Eifel geschaffen haben, sind nicht in einem Augenblicke entstanden; sie haben sich anfänglich kaum bemerkbar gezeigt, dann aber haben sie sich mit der zunehmenden Schnelligkeit entwickelt, welche dem fallenden Körper eigen ist.

Jedermann weiß, welch unsägliches Unheil der dreißigjährige Krieg über Deutschland gebracht, wie er den blühenden Zustand der Städte zerstört und dem Wohlstand des Vaterlandes auf Menschenalter hinaus vernichtet hat. Die Eifel blieb von den Drangsalen dieses Krieges nicht verschont; die Wunden, welche er ihrem Wohlstande geschlagen, wurden hier weit langsamer als in andern ergiebigeren Gegenden ausgetheilt. - Neue Drangsale wurden der Eifel durch die Kriege Ludwigs XIV. bereitet, mit welchen nach damaliger Kriegsart Plünderungen gewöhnlich verbunden war, und ein neues Uebel wurde der Eifel dadurch zugezogen, daß der Adel seine Burgen und Vesten in einer Gegend verließ deren Klima unwirthlich geworden war und nun außerhalb der Besitzungen die Einkünfte verzehrte, von welchen sie erhoben wurden. Seit Jahrhunderten bestand unter de Bauern in der Eifel das Stockrecht. Landgüter von ausgedehnten Grundbesitze waren untheilbar; ihr Besitz ging jedesmal an das erstgeborne Kind ohne Unterschied des Geschlechtes über; die nachgebornen Kinder wurden mit geringer Summe abgefunden und blieben als Gesinde unverehlicht im Stockhause. Solche Einrichtungen konnten bestehen, so lange Bedingungen vorhanden waren, an welch ihr Fortbestand stillschweigend geknüpft war. Die Kirche und die Klöster nahmen sehr häufig die nachgeborenen Söhne und Töchter dieser Stockfamilie in ihren Dienst; sie entlasteten dadurch die Stockbesitzer nicht nur ihrer Verpflichtungen, sondern führten dem Stocke in sehr vielen Fällen neuen Erwerb zu. Die Klöster wurden aufgehoben, die Theilbarkeit der Stockgüter wurde von der französischen Gesetzgebung erklärt; doch machte die Sitte den Versuch, der Freiheit, welche die Gesetzgebung gewährt hatte, Trotz zu bieten. Um die Stockgüter unter veränderten und ungünstigen Verhältnissen als solche zu erhalten, mußte man Schulden machen; durch den Kampf der Sitte mit der Freiheit des Gesetzes wurden langwierige Prozesse hervorgerufen, die großen Bauerngüter wurden verschuldet, die Besitzer derselben, um sich vor dem Aeustersten zu bewahren, verwüsteten ihre Wälder.

Unter solchen Umständen wäre es das Bedüfniß gewesen, neue Nahrungsquellen aufzusuchen, Wege zu bauen und die Verbindung und den Verkehr der Eifel mit anderen Gegenden zu erleichtern und zu erweitern. Die zahlreichen Straßen, mit welchen die Römer die Eifel bedeckt hatten, waren, wie überhaupt fast alle Straßen, welche die Römer erbaut hatten, im Mittelalter verlassen worden. Die Anlage dieser Straßen paßte in das System der Centralisation des alten Roms; alle Wege sollten nach der Hauptstadt der Welt und auf der kürzesten Linie führen; deswegen und damit die Heere, welch sich auf ihnen bewegten, um so mehr vor feindlichen Ueberfällen gesichert wären, wurden dieselben von Stadt zu Stadt quer über Hügel und Berge gebaut. Das Mittelalter ohne das System solcher Centralisation und ohne stehende Heere, baute keine Wege oder doch nur solche, welch in die Länder hinein und nicht hinausführten. In der Eifel aber war um so weniger an den Bau solcher Straßen zu denken, da sie, ehe sie unter die Herrschaft der Franzosen kam, unter den Churfürsten von Cöln, den Herzog von Ahremberg, den Grafen von Manderscheid, überhaupt unter eine Anzahl von kleineren und größeren Fürsten, Grafen und Herren getheilt war. Wie im alten Rom, so hatten auch in späterer Zeit die stehenden Heere die Erbauung großer Heerstraßen in ihrem Gefolge; Ludwig XIV., der Mehrer der stehenden Heere, begann den Bau solcher Straßen, obgleich derselbe in seinem Reich auf ein geringeres Maaß beschränkt blieb. Napoleon, der eine andere Stadt an die Stelle des weltbeherrschenden alten Roms als Centralisationspunkt für das neuere Europa gestellt hatte, wetteiferte mit den alten Römern in der Anlage großartiger Völker und Länder verbindender Straßen. Aber die veränderte Kriegskunst schloß die Eifel aus diesem Straßensysteme aus, das scharfsichtige Feldherrnauge des Eroberers hatte die beiden Wege, auf welchen er seine Heere nach Deutschland führte, bald erkannt, sie führen südlich und nördlich an den Gebirgszügen vorbei, zu denen die Eifel gehört. Die französische Verwaltung war in ihrer besondern Beziehung zur Eifel nicht günstiger. Wie die Eifel früher unter verschiedene Herren getheilt und dadurch zerstückelt war, so wurde es ihr auch unter der französischen Herrschaft nicht gestattet, ein Ganzes zu bilden; sie wurde abermal in Stücke zerschlagen und in verschiedene Departements, in die Departements der Saar, der Roer, des Rheins, der Mosel und das der Ourte getheilt. Die Eifel, durch diese Teilung ihrer Selbstständigkeit beraubt und unter verschiedenen Verwaltungsbehörden zersplittert, ward dadurch zur Ohnmacht verurtheilt, ihre Wünsche und Bedürfnisse bei den Behörden zur Geltung zu bringen. Neue Wunden wurden der Eifel unter der französischen Herrschaft durch die Verwaltung der Forsten geschlagen; diese war entschieden und nach dem eigenen Geständnisse französischer Verwaltung=Beamten eine schlechte, ihre Wirkungen waren um so verderblicher, das die Waldungen ohnehin in einem bedrohlichen Zustande der Schwäche und der Abnahme sich befanden.



Indessen wurde der Mangel an Straßen nicht so lebhaft in der Eifel empfunden, weil auch andere Gebiete und Länder mit Ausnahme Englands und einiger kleinen Strecken des alten Frankreichs sich keiner Vorzüge in dieser Beziehung zu rühmen hatten. Als aber Napoleon sein großartiges Straßensystem verwirklichte, fand die Eifel darin einen Ersatz für ihren Ausschluß aus diesem System, daß sie zu einem großen Reiche von 47 Millionen gehörte, daß sie für ihre Hauptprodukte, Rinder, Schaafe, Schweine, einen reichen Absatz nach Frankreich fand. Andere Vortheile flossen der Eifel durch das französische Absperrungssystem und durch die fortwährenden Kriege zu. Es entstand dadurch größere Nachfrage nach ihren Erzeugnissen, die Eisenerze wurden gesucht und reichlich gefördert. Der Bleierzbau ohne die spätere Concurrenz der spanischen, englischen und amerikanischen Metalle, stand in Blüthe und gewährte vielen Menschen lohnende Beschäftigung und Wohlstand. Die Wälder, wenn auch unmäßig herangezogen, lieferten hohen Ertrag durch den Absatz der vielen Kohlen für den Betrieb der Hüttenwerke, und die Lohe stand in hohen Preise durch die glänzende Production der vielen großen Lederfabriken der Städte Malmedy, St. Vieth und Prüm, sowie mehrere kleine Lederfabriken auf dem Lande, die Tuchfabriken von Montjoie, Eupen, Münstereifel, Adenau und viele andere an der Grenze der Eifel gelegen, verbrauchten alle Wolle der Eifel zu Militair=Tüchern, welche einen reichen Absatz fanden, und zu hohen Preisen. Resp. 1/3 höher wie gegenwärtig verkauft wurden; alle Erzeugnisse des Ackerbaues standen im Verhältnisse zum Handel und Verkehr, im Allgemeinen in weit höhern Preisen, als gegenwärtig, und überhaupt der Betrieb aller Geschäfte, wozu noch das bedeutende Frachtfuhrwesen für die vielen Waaren=Transporte zu rechnen ist, war glänzend, so daß ein augenfälliger Wohlstand herrschte. Um so empfindlicher war es für die Eifel, als später Frankreich, nachdem die Eifel mit dem Preußischen Staats=Gebiete vereint worden war, im Jahre 1816 jeglichen Handelsverkehr mit der Eifel abschnitt, oder doch durch so hohe Eingangrechte erschwerte, daß derselbe dadurch bis zur gänzlichen Bedeutungslosigkeit herabsinken mußte. In welchen Zustand der Schwächung der Bergbau in späterer Zeit durch die handelspolitischen Conjunkturen, durch Theuerung des Brennmaterials und durch die Abgeschiedenheit der Lage getreten, welche Nachtheile für den Wohlstand beträchtlicher Gebietstheile der Eifel daraus entstehen mußten, das braucht nur angedeutet, nicht ausgeführt zu werden. Für den inneren Absatz hat es der Eifel von jeher an einer großen Stadt gefehlt. Wenn aber der Landmann gezwungen ist, die Erzeugnisse seines Fleißes in entferntere Orte zu Markte zu bringen, eine oder mehr Nächte außerhalb seiner Wohnung zuzubringen, dann leidet er einen doppelten Verlust an Zeit und an dem Erlöse für seine Erzeugnisse, welcher den Gast= und Schenkwirthen zufließt. Der Gedanke, in der Eifel einen Waffenplatz und eine größere Stadt zu gründen, scheint nur ein vorübergehender gewesen zu sein. (* v. Müffling, Aus meinem Leben. S. 203.)

Mit diesem vielseitigen Sinken der Einnahme steigerten sich die Ausgaben. Eine beträchtliche Anzahl der jungen und kräftigen Männer wurde durch die dauernden blutigen Kriege unter Napoleon dem väterlichen Heerde entzogen, viele von ihnen endigten ihr Leben auf dem Schlachtfelde, - aber während eines mehr als dreißigjährigen Friedens mehrten sich die Ehen, die Zahl der Bevölkerung stieg, der kleine Besitz wurde immer mehr zerstückelt, - die kosten der Gemeindeverwaltung nahmen in beträchtlichem Grade zu, die Axt wurde an den Bestand der Wälder gesetzt.

Wenn in früheren Zeiten der Schöffe sein Amt unentgeltlich verwaltete, wenn die kosten für den Kultus aus dem eigenen Kirchenvermögen, von dem Patron, oder aus dem nahen Kloster bestritten wurden, wenn nur wenige Gemeinden eines bleibend angestellten Lehrers sich zu erfreuen hatten, wenn der spärliche Elementar=Unterricht in der Gemeinde entweder durch den Küster oder durch einen Bauer in den Winterabenden ertheilt wurde und wenn nicht selten der Wandeltisch die hauptsächlichste Belohnung für einen zeitweiligen Lehrer der Dorfgemeinde war, wenn der Feldhüter für seine Wachtsamkeit zur Zeit der Erndte mit einer kleinen Anzahl von Fruchtgarben belohnt wurde, wenn ein einfacher, frommer Spruch auf der Dorfhütte die Stelle des Zeichens unserer Feuerversicherungsgesellschaften vertrat, so ist dies alles gegenwärtig ganz anders geworden. Der Bürgermeister, der Pfarrer, der Schullehrer, der Feldhüter erhalten ihre baare Besoldung, der arme und verschuldete Bauer ist verpflichtet, seinen geringen Besitz gegen Feuersgefahr versichern zu lassen und muß die höchsten Taxen zahlen, Pfarrhäuser, Schulhäuser, Straßen werden überall erbaut und müssen in baulichem Zustande erhalten werden; die Armen, früher weit geringer an der Zahl, fielen den reichen Klöstern, Stiftern und Grundbesitzern zur Last: sie sowohl wie die Wohlhabenderen nahmen nur in sehr seltenen Fällen die Hülfe eines Arztes in Anspruch, während jetzt die kleine Gemeinde die Armen selbst zu unterhalten und Arzt und Apotheke für sie zu zahlen und alle diese Beiträge in baarem Gelde zu entrichten hat.

Zwei Thatsachen sind es, die hier nicht geleugnet werden können: erstens, daß alle diese Ausgaben für den Gemeindehaushalt an und für sich gerechtfertigt sind, zweitens aber, daß sie in der Höhe, zu welcher sie hinaufgestiegen, von allen Gemeinden sehr schwer empfunden werden. Ihre Last drückt aber um so mehr, wenn sie kleineren Gemeinden aufgelegt worden, wie die Gemeinden in der Eifel es der Natur ihrer gebirgigen und unfruchtbaren Lage nach sind, zumal wenn diese der Verarmung nichts los entgegengehen, sondern derselben bereits verfallen sind. Um sich von der Richtigkeit dieser Thatsache zu überzeugen, wird die Angabe genügen, daß im Kreise Prüm 33,159 Seelen nicht weniger als einhundert und vierzig Gemeinden bilden, und daß von den 100 Gemeinden, aus welchen der Kreis Daun besteht, nicht eine über tausend Seelen zählt!



Landwirthschaftliches.
*) Die nächsten vier Absätze scheinen in die Editionen des „Berichts“ mit „hineingerutscht“ und wurden der Vollständigkeit hier belassen. (Hinweis wisoveg.de)

Über Gemüsezucht.

An der Spitze der nöthigen Nahrungsmittel steht in den meisten Haushaltungen die Kartoffel. Ein Kartoffelfeld darf daher auch in dem Gemüsegarten nicht leicht fehlen. Da jedoch die Kartoffelpflanzung im Allgemeinen bekannt ist, so reden wir hier nur von derjenigen, welche den meisten Nutzen bringt, d. h. von der Frühpflanzung. -

Um mit neuen Kartoffeln versehen zu sein, wenn das alte Gemüse zur Neige geht und noch kein neues zu haben ist, folglich die Produkte im Preise steigen, verschaffe man sich zu Samenknollen wo möglich von den sogenannten Johanniskartoffeln. Im Monat März bringe man dieselben von ihrer Lagerstelle aus dem Keller in den Kuhstall. Dort lasse man sie so lange, bis sie keimen, und pflanze sie als dann an eine warme Stelle im Garten. Hat man warme, von einer Mauer beschützte Rabatten, so ist das um so besser. Der Boden sei kräftig aber nicht frisch gedüngt, wenn nicht etwa mit durchaus verfaultem Dünger oder mit Komposterde. Das frühe Wachsthum wird dadurch beschleunigt, daß man die Knollen ein wenig an den Boden andrückt. Diese Kartoffelart verlangt eine durchaus leichte Erdbedeckung; man hüte sich deshalb die Setzlöcher zu tief zu machen. Das Behacken geschieht, sobald die Pflanzen über der Erde erscheinen. Behäufeln, wie bei andern Kartoffeln. Es kann vorkommen, daß noch starke Nachtfröste eintreten, wenn auf solche Weise gepflanzte Kartoffeln schon sehr hervorgewachsen sind. In diesem Falle schadet der Frost allerdings, insofern man keine Gelegenheit hat, die Beete mit Reisern, Nadelgehölz oder Stroh u. s. w. zu überdecken; allein die Pflanzen werden dadurch nur um etwa 14 Tage in ihrem Wachsthum zurückgesetzt. Höchst selten ist es, daß eine Knolle ganz abstirbt. Jedenfalls wird der dadurch entstehende Schaden vollständig ausgeglichen durch den größeren Ertrag solcher Frühpflanzungen, indem die Erfahrung der letzten Jahre die Thatsache bestätigt, daß die frühen Sorten von der Krankheit am meisten verschont bleiben. Als Zwischenpflanzung wählt man dicke Bohnen und die frühe volltragende Zwergpfahlerbse; letztere bedarf keiner Reiser und liefert einen hübschen Nebenertrag.

Neben den Kartoffeln sieht man nicht leicht ein Gartenproduct öfter in der Haushaltung, als den Salat. Die Hunderte von Arten und Abarten bringen wir in 2 Hauptgruppen; in Sommer= und Wintersalat. Zu ersterm zählt der Rupf= und Kopfsalat. Um denselben beständig vom Frühling an bis in den Herbst zu haben, säe man in angemessenen Portionen alle 14 Tage bis 3 Wochen. Die Beete seien fein bearbeitet und recht kraftvoll. Je öfter man den Sommersalat bei trockener Witterung begießt, desto zarter und wohlschmeckender wird er. Die Salatköpfe bewahrt man vor dem Aufschießen, indem man die ausgewachsen Exemplare an der oberen Wurzel einmal mit spitzem Messer durchsticht.

Um Raum zu gewinnen, bringt man den Kopfsalat gewöhnlich als Zwischenpflanzung auf Breitlauchbeeten, neben Sellerie, jungen Gurken u. s. w. an. Zu Samenpflanzen bestimme man nur die schönsten und vollkommensten Köpfe. - *) siehe oben

Wie das Meer für die Uferbewohner, so ist in gebirgigen Gegenden der Wald das Fideicommiß der ländlichen Gemeinde. Die Eifel hatte ihren ausgedehnten Waldungen ein großes Fideicommiß von der Vorwelt erhalten, - es war das Palladium der Eifel; - so lange dasselbe in seinem Wesen und Bestande nicht verletzt, nicht geschwächt war. - so lange konnte sie in Armuth nicht untergehen. Unverstand und Noth, Mangel an Vorsehung für die Zukunft und Frevel haben sich im Laufe der Zeit vereinigt, die Axt an die Wurzel dieses großen Fideikommisses zu legen. Die Geschichte des Waldes fällt nicht selten mit der Geschichte der Bevölkerung zusammen, die er groß gezogen. Unsere Vorfahren waren groß, stark, wild wie die Wälder selbst, in deren dichten Schatten sie aufwuchsen; - als die Wälder im römischen Reich so sehr verwüstet waren, daß das Holz nicht mehr beizubringen war, um die Todten zu verbrennen und man sich genöthigt sah, zur ältesten Sitte, der auch die ersten Christen folgten, die Todten zu begraben, zurückzukehren, da tönen uns auch die Klagen sowohl in den Werken der klassischen als Kirchenschriftsteller entgegen über ungewöhnliche Überschreitungen der Flüsse und Ströme, über ungewöhnliche Trockenheit und Dürre und wiederholt eintretendes Mißlingen der Ernte. Diese Klagen fallen in die Zeiten, welche dem Zusammensturz des römischen Reiches unmittelbar vorhergingen oder denselben begleiteten.

Das Alterthum, im bewußten Vorgefühl der Bedeutung der Wälder, hatte sie unter den Schutz besonderer Gottheiten gestellt, jeder Baum war von einer Dryade oder Hamadryade bewohnt, einzelne derselben waren von dem äußersten Norden bis zum hohen Osten göttlich verehrt. Bonifaz stürzte das deutsche Heidenthum, indem die Eiche unter den Streichen seiner Art zusammenbrach, in welcher der Donnergott verehrt wurde. Nur der nordische Waldbaum, die Linde, hat ihren unverstandenen Zauber bewahrt, indem er sich an die Märkte, die Kirchhöfe und als Beschirmer zu den Statuen der Kirchenpatrone geflüchtet hat. An die Stelle des Schutzes, den der Aberglaube den Wäldern gewährt hatte, trat nach vielen Jahrhunderten die junge Forstwissenschaft; sie kam vielfach erst dann zur Bedeutung, als die Uebel angerichtet und schwer mehr zu heilen waren.

Die Klagen über die Entwaldungen und ihre Folgen werden in Deutschland immer häufiger, immer lauter. Sie werden in Tyrol, in Steyermark erhoben und in Oesterreich hat sich eine eigene Gesellschaft gebildet, welche den Zweck hat, dem überhand nehmenden Uebel entgegenzuwirken.

Die Eifel, eine jener Gegenden Deutschlands, auf welcher zuerst Cultur und Civilisation verbreitet worden, liefert uns in kleinem Rahmen ein Bild von dem, was die alte Welt öfter gesehen, ein Bild, dessen Züge im Großen leicht verschwimmen und leicht übersehen werden.

Ausgedehnte, weite Strecken der Eifel waren in der Urzeit mit reichen Waldungen bedeckt, wo jetzt das Auge nichts als kahle Oede oder elendes Gestrüppe erblickt. - Wenn auch nicht geschichtliche Aufzeichnungen und wenn selbst nicht die Erinnerung älterer Männer Zeugniß von dieser Veränderung ablegten, dann würde derjenige, der die Thatsache bezweifeln wollte, durch die Reste von Holzkohlen, welche sich auf ganz öden Strecken vorfinden, und welche von den Köhlern hinterlassen worden; er würde durch die Baumstöcke, die sich auf waldlosen Flächen erhalten haben, er würde selbst durch übrig gebliebene Reste der Stiel=Eiche, welche einer anderen Baumart angehört, als diejenigen, welche noch vorhanden sind, widerlegt werden.

Wir glauben hier eine andere Thatsache anführen zu müssen, die in mehr als einer Beziehung zu unserer Frage steht, und die, wenn sie auch nicht zuerst zu unserem Zwecke beobachtet sein sollte, jedenfalls doch weniger bekannt ist. In den Torfmooren des hohen Venns befinden sich von Zeit zu Zeit wohlerhaltene Baumstämme von riesenhafter Größe. Sie stammen aus einer Zeit, zu welcher kein geschichtliches Zeugnis hinaufreicht, sie liefern aber den Beweis, daß in jenen Zeiten hier ein anderes Klima gewesen sei. In diesen Baumstämmen hat man mit Sicherheit die wilde Fichte (Pinus silvestris, Linne), die Birke (Betula Alnus), die Zitterpappel (Populus tremula), die Buche (Fagus sylvatica), und die Eiche (Quercus robur) erkannt.

Alle diese Holzarten kommen auch jetzt noch auf jenen Mooren fort, aber sie bleiben so klein und unansehnlich, daß sie nicht selten wie Gerippe aus der Erde hervorragen.



Es darf nicht mit Stillschweigen übergangen werden, daß die Bewohner der Eifel durch Rechtlichkeit, Sittlichkeit und Enthaltsamkeit sich vortheilhaft auszeichnen. Es ist bekannt, daß äußerst selten schwere Verbrechen in der Eifel zum Vorschein kommen,und das Eigenthum - die kleinen Holzdiebstähle, die seit Menschengedenken hier unter eine andere, als die gesetzliche Beurtheilung fallen, ausgenommen, - wird im hohen Grade heilig gehalten, und wo Diebstähle ausgeführt werden, ergiebt die Untersuchung in vielen Fällen, daß sie durch fremdes, herumziehendes Gesindel verübt worden. Es fehlen die löblichen Beweise nicht, daß Steuerpflichtige aus freien Stücken ihre Steuern zahlen, da sie sich der Zahlung entziehen könnten, weil pfändbare Gegenstände in ihrem Besitze sich nicht befinden. Ein günstigeres Verhältnis der ehelichen Geburten zu den unehelichen wird kaum anderswo in Deutschland zu finden sein: denn es stellte sich dasselbe in dem Jahre 1849 in den acht Eifelkreisen wie 3 zu 100 heraus. In dem Kreise Schleiden insbesondere waren in den letzten zehn Jahren unter 1238 Kindern nicht mehr als 20 uneheliche.

Die Noth der Eifel aber ist nicht von gestern her, sie ist seit längerer Zeit von vielen Seiten anerkannt, und sie ist sowohl von den Vertretern der Provinzial-Interessen, als auch von der Staatsregierung zum Gegenstand ernster Erwägung gemacht worden. Auf der jüngsten Provinzial=Versammlung zu Düsseldorf ist sie der Gegenstand besonderer Verhandlungen geworden, und selbst in dieser Sitzungsperiode noch ist die Frage über die Mittel, diesem Nothstande abzuhelfen, in der Ersten Kammer von einem Manne zur Verhandlung gebracht worden, der das Eifelgebiet und die Zustände, die sich in der neuesten Zeit auf demselben herausgebildet, wie kaum ein Anderer kennt; und in diesen Tagen noch erklärte der Präsident des Landes=Oekonomie=Collegiums, „er könne die Versicherung geben, daß über die dringliche Nothwendigkeit, den Zustand der Eifel gründlich zu verbessern, sowie darüber, daß ohne Hülfe von Seiten des Staates der Zweck nicht werde erreicht werden können, nur eine Stimme sei.“

Diese Ansichten sind in der vollkommensten Uebereinstimmung mit der Ueberzeugung der Organe der Königlichen Staatsregierung. So hat der Ober=Präsident der Rheinprovinz, auf Anordnung des Königl. Ministeriums, am 3. und 4. September vorigen Jahres die sämmtlichen betreffenden Regierungs=Präsidenten der Rheinprovinz unter Zuziehung der Sachverständigen, zum Zwecke die sämmtlichen betreffenden Regierungs=Präsidenten der Rheinprovinz unter Zuziehung der Sachverständigen, zum Zwecke um sich versammelt, Mittel zu bezeichnen, der Eifel wieder aufzuhelfen, und man hat sich einstimmig dahin erklärt: daß die Wiederbewaldung der Eifel und was hier dazu gehört, des hohen Veen, das Nächste sei; was auch aus allgemeinen Rücksichten zu bewirken sei; die genannte Conferenz hat demgemäß einstimmig beschlossen:

„der Königliche Staats=Regierung gegenüber die dringende Bitte auszusprechen, daß dieselbe diesem Theile der Landeskultur jede zulässige Unterstützung gewähren wolle.“

Aber noch bestimmter und noch nachdrücklicher hat sich der Ober=Präsident der Rheinprovinz über die Lage der Dinge in dem Berichte ausgesprochen, den er in Folge jener Conferenz, d. d. 21. Oktober 1852, an das Königliche Ministerium des Inneren erstattet hat:

„Aus allen diesen, heißt es in diesem Berichte, im Einzelnen durch die Forstmänner und Landeskultur=Dezernenten der betheiligten Regierungen näher begründeten, auch bereits von der letzten Generalversammlung des landwirtschaftlichen Central=Vereins für Rheinpreußen anerkannten Gründen, kann ich der einstimmigen Ansicht sämmtlicher Mittglieder der Conferenz nur dahin beitreten:

1) daß die allmählige Wiederbewaldung der Hochebenen und Berghänge der Eifel und des hohen Veens als ein im Interesse der Landeskultur unabweisbar gebotenes Bedürfniß erscheint, und

2) daß es hohe Zeit ist, den geschilderten Uebelständen mit einem nachdrücklichen Handeln zu begegnen, wenn nicht spätere Geschlechter die Folgen der eingetretenen Verwahrlosung noch schärfer, vielleicht bis zur Höhe eines damnum irreparabile, empfinden sollten.“

Ist nun aber der Nothstand in der Eifel aus Allem, was bisher dargelegt worden, wirklich und unläugbar vorhanden, hat derselbe bereits jenen drohenden Charakter angenommen, in welchem er uns nach zahlreichen Thatsachen und Zeugnissen begegnet ist, so tritt auch die unabweisbare Pflicht hervor, demselben entgegen zu treten. Es handelt sich also darum, einer biedern Bevölkerung zu Hülfe zu kommen, einen Gebietstheil des Preußischen Staates vor der Entvölkerung zu bewahren, der an einen großen krieggewohnten Nachbarstaat gränzt, - Kapitalien an Kraft und Geld dem Vaterlande zu erhalten, die im Begriffe sind, sich demselben zu entziehen, das Vermögen des Staates zu vermehren, ein Werk von hoher national=öconomischer Bedeutung auszuführen, um 200,000 Morgen ödes und 322,000 Morgen Wild= und Schiffelland der Cultur zu gewinnen, verderblichen klimatischen Einflüssen zu begegnen, welche die mannigfaltigsten Nachtheile für die Vegetation, wie für den Verkehr in ihrem Gefolge führen, andern Staaten mit guten Beispiele voranzugehen und ein Uebel zu vernichten, welches auch in andern deutschen Ländern zu allgemeinen Verderben sein Haupt erhebt.

So mannigfaltig nun die Vortheile waren, welche der wohlbestellte Wald dem Landmann und der ländlichen Gemeinde gewährte, so mannigfaltig sind die Nachtheile, welche aus der Verwüstung der Wälder entspringen. Es sind diese näher gelegene und entferntere, von denen die letzteren sich so leicht der Beobachtung entziehen.

Die Aeste der Bäume des Waldes sind ebenso viele Arme, die sich erheben, um den Segen des Himmels auf die Erde herabzuziehen, ihre Blätter reinigen in ununterbrochener Thätigkeit die Luft, die Bäume und Sträucher fangen die Kohlensäure aus der Luft auf, welche der Gesundheit der Menschen und der Thiere schadet, sie stoßen den Sauerstoff aus, welcher Menschen und Thieren das Athmen leicht macht und ihnen Kraft und Stärke verleiht; der Wald schützt die zartere Vegetation gegen die zerstörende Macht der Nordwinde im Winter und in den Jahreszeiten des Ueberganges, er gewährt dem Weinstocke auch in der Entfernung noch Schutz, er schützt das Thal und Wiese, damit nicht im Sommer der ungehemmte Sonnenstrahl dem Boden alle Feuchtigkeit aussauge und Kräuter und Gräser verdorren, er zieht die Feuchtigkeit der Luft und Regen an, um das Erdreich zu befruchten, er mildert im Herbste die kalten, frostigen Nebel, daß sie nicht die Keime der jungen Saaten zerstören; er schützt den Schnee selbst, daß er nicht plötzlich schmelze und bewahrt die Wasser, die in Regengüssen herabfallen, in seinem Schooße, er hindert es, daß diese Wasser in ihre Fluthen ungehemmt in die Thäler hinabwälzen, und ich ihrem Sturze die Berge, Hügel und Abhänge ihrer fruchtbaren Erde berauben und sie für alle Vegetationen unfähig machen, daß sie Sand und Steine von den Höhen in die Thäler hinabwälzen, die Anpflanzungen an den Abhängen niederreißen, und die fruchtbarsten Strecken der Thäler versanden und verschlammen, und während er es verhindert, daß die Bäche und Ströme austreten, die Saaten niederwerfen und den Stoff zu Fiebern in den überschwemmten Häusern der Uferbewohner zurücklassen, speiset er aus seinem Vorrathe die Quellen und Bäche und verhindert es, daß Schiffahrt und Verkehr im Sommer durch Mangel an Wasser unterbrochen und Mühlen und Fabriken ihrer bewegenden Kraft beraubt werden. Der Wald giebt den Rindern und Schaafen Weide, den Schweinen Eicheln, dem Stalle die Streu, dem Feld den Dünger; sein Holz gewährt dem Landmann im Winter Heizung und Arbeit, im Frühjahr der Eichwald reichen Erwerb durch die gewonnene Lohe.



Zu den blos natürlichen Ursachen, welche den Regengüssen es gestatten, aus den entwaldeten Stellen die Erde wegzuschwemmen, kommen in der Eifel auch noch künstliche. Die Eifel hat mehr denn 40,000 Morgen Schiffelland. Die Kultur des Schiffellandes besteht darin, daß der Boden nach einer großen Anzahl von Jahren, 10, 15, 20 Jahren, abgeschält oder „abgeplaggt“ und dann auf kleinere Haufen zusammengebracht, welche mit dürrem Gestrüppe oder Ginster gefüllt und so verbrannt werden. Der Boden wird durch das Feuer seines gewöhnlichen Bindemittels beraubt und wird nun ein leichtes Spiel der Winde und Regenfluthen, welche nicht selten eine solche Stärke erreichen, daß sie die ganze junge Saat hinwegspülen und en Wildbächen zuführen.

Die Ausrodung der Wälder hat andere nachtheilige Folgen, die auch in die Ferne auf Luft und Wasser wirken, die vornehmsten Factoren des Klima's. Die Bewohner Roms lassen sich den Glauben nicht nehmen, daß die Malaria, die schlechte Luft, welche den ganzen Menschen abspannt, niederdrückt und Fieber erzeugt, zum Theil wenigstens daher entstehe, daß die Wälder umgehauen, die einst dem Meere entlang gestanden, und sie dulden um so weniger hierin Widerspruch, nachdem die Bewohner der Villa Negroni die Erfahrung gemacht, die Luft sei in dieser Gegend schlechter geworden, seitdem man den Park daselbst umgehauen. Nach Ferguson steht es unzweifelhaft fest, daß die böse Luft in Westindien durch Anpflanzungen, insbesondere durch Baumpflanzungen vertreiben werde. Man braucht nicht an die Flüsse des Osten, wie z. B. den Euphrat, zu erinnern, die noch im Laufe der historischen Zeit in hohem Grade abgenommen, die Ströme unseres Vaterlandes bieten uns nähere Beispiele dar. In der Periode von 1781 - 90 und 1831 - 40 hat der Rhein bei Emmerich um zwei Fuß und einen halben Zoll abgenommen und die Elbe ist in einem gleichen Zeitraume bei Magdeburg um 3 Fuß an ihrer Wassermasse geschmälert worden. In einem Zeitraume von 9 Jahren, von 1781 - 1790 hat die Oder bei Küstrin um einen Fuß und drei Zoll und in einem gleichen Zeitraum hat die Weichsel um einen Fuß abgenommen.

Die Winde, welche durch erfrischende Wälder, über Seen und Ströme kommen, wirken anders auf Menschen, Thiere und Pflanzen, als diejenigen, welch über dürre und öde Gegenden herüber wehen. „Die Winde, welche über Flüsse und Seen, über Schnee und Eis streifen, sagt Hippocrates, befruchten Pflanzen und lebende Wesen, wenn nur die Kälte nicht gar zu groß ist. Die Winde aber, welche über Land gehen, sind nothwendig trocken; denn sie sind theils von der Sonne, theils von der Erde ausgezogen, und da die Winde selbst keine Nahrung haben, so berauben sie die lebenden Wesen ihrer Feuchtigkeit und bringen Schaden den Menschen und Thieren.“ An den Gränzen Ober=Egyptens standen Datteln, Palmen und Akazien in voller Pracht, ehe die Erde, wie sie jetzt es ist, durch den ungehemmten und fast senkrechten Sonnenstrahl ausgetrocknet war; die Akazie hatte sich seitdem in das Thal zurückgezogen, aus dem der Weinstock und der Oelbaum verschwunden sind. Um Larissa hatte sich nach dem Berichte des Theopbrast bleibendes Wasser gesammelt und dadurch, sagt er, sei die Luft dick und die Gegend wärmer geworden; als man aber das Wasser abgeleitet, sei die Gegend kälter geworden und die Bewohner hätten geklagt, jetzt gedeihe der Oelbaum nicht mehr und der Weinstock, der früher nie erfroren, sei später oft durch den Frost vernichtet worden, und nach demselben Schriftsteller wurde das Klima um Dinos milder, nachdem sich der Ebrus der Stadt genahet hatte. Bedeutend nördlicher ist die Lage Britanniens, als die von Westphalen, dennoch ist es in Britannien im Winter nie so kalt, als in manchen Provinzen des südlichen Deutschlands, die eine weit südlichere Lage haben. Wenn nun in Britannien im Sommer die Sonne nie oder höchst selten ganz hell scheint, so mäßiget der stets feuchte Himmel die Kälte im Winter.

Seit die Wälder von den Höhen und Bergen Siciliens verschwunden, seit durch sie die atmosphärische Feuchtigkeit nicht mehr angezogen wird und seit die Quellen, die aus ihrem Schooße entspringen, vertrocknet sind, hat Sicilien aufgehört, den Ruhm zu behaupten, die Kornkammer Italiens zu sein. Mit den Wäldern hat das alte Persien, haben mehre der Antillen, ihre Fruchtbarkeit und ihren Zauber verloren.

Auf manchen Stellen des linken Rheinufers waren in früheren Zeiten Weinberge angepflanzt, die jetzt verschwunden sind. Parallel mit dem Vorgebirge und tiefer ins Land hinein erhebt sich eine andre Bergreihe, welche den Fuß des Eifelgebirges bildet, an dem früher an vielen Stellen der Weinstock stand, wo er mit wenigen Ausnahmen jetzt verschwunden ist. Der Ort Weingarten, der am Fuße dieses Gebirges gelegen, hat die Erinnerung an frühere Weinpflanzungen noch in seinem Namen bewahrt, während der Weinstock von Rheinbach, Flamersheim u. s. w. längst schon ausgewandert ist. Kastenholz hatte früher bedeutende Weingärten und der Wein war gesucht; Zülpich hatte solche noch um die Mitte des 17. Jahrhunderts, und von der ganzen Strecke hat sich die Cultur des Weines fast einzig zu Drove, Winden und Maubach erhalten. Daß zu Andernach und Koblenz im 6. Jahrhundert Wein gezogen wurde, bezeugt ein lateinischer Dichter, Benantius Fortunatus, welcher am Hofe Clotar's lebte und der von Andernach singt:


Sint licet his spatiis vineta in collibus amplis,
Altera pars plani fertilis exstat agri.

Selbst im Innern der Eifel, wie in Gerolstein, im Kyllthale wurde früher Wein gebaut, aber diese Weingärten sind ohne eine Spur verschwunden.

Die Spuren dieser klimatischen Veränderung und des Einflusses, den sie auf den Weinbau geübt, zeigen sich nicht blos an der Mosel und dem Rhein wo manche Strecke öde liegt, auf der früher Weinbau betrieben wurde, sondern auch in dem Innern Deutschlands, in Preußen dem Anwachsen des Eises am Nordpol und der dadurch zunehmenden Kälte zuschreiben wollen, aber wie die Winzer am Rhein das Verschwinden der Weinberge an den bezeichneten Stellen dem Verschwinden der Waldungen zuschreiben, so hat man auch hier auf das Verschwinden der Waldungen hingewiesen, welche das Land gegen die Nord= und Ostwinde schützten. (* Leipziger Litteratur=Zeitung 1821 Nr. 247.)



Der Flächenraum, den die Eifel zum Ackerbau verwendet, ist zu beschränkt und zu wenig fruchtbar, um dem Bedürfnisse der Bewohner dieser Gegend ohne Zufuhr von außen zu genügen. Der Waizen wird fast gar nicht gebaut, der Roggen wird an den höher gelegenen Orten nicht alle Jahre reif, der Obstbaum kommt nur in einzelnen Thälern fort und selbst hier ist seine Cultur in der Kindheit; nur der Hafer und die Kartoffeln gedeihen. Durch die Ungunst des Klimas sind die unfruchtbaren Jahre häufiger, als in anderen Gegenden, fette Jahre aber, um die magern zu ertragen, kennt die Eifel nicht. Andere Nahrungsquellen waren nöhtig, die Bevölkerung zu erhalten, aber fast alle haben durch unglückliche Conjunkturen abgenommen oder sind fast gänzlich versiegt. Die Kartoffel, welche hier von vorzüglicher Güte ist und auswärts gesucht wurde, ist durch die Seuche angegriffen und in ausgedehntem Maße verdorben worden, und um so empfindlicher drückt hier der schlechte Ausfall dieser Ernte, da diese Frucht für einen großen Theil der Bevölkerung die vornehmste, fast die einzige Nahrung ist. Die Eisenhütten fristen aus bekannten Ursachen ein kümmerliches Dasein, die Tuchfabrikation, die früher an manchem Orte blühend war, ist der Koncurrenz der großen Fabriken erlegen und der Preis der Wolle ist um die Hälfte herabgesunken. Die Gerbereien in Malmedy, wo sie seit Jahrhunderten geblüht, sind eben so, wie an einzelnen andern Orten der Eifel herabgekommen, und in diesem Augenblicke feiert die Hälfte der Gerber in der vorgenannten Stadt und fällt der öffentlichen und Privat=Wohlthätigkeit zur Last, Die Wälder liefern die Lohe spärlicher, sie wird zum Theile von außen eingeführt und der Handel mit Pottasche ist fast gänzlich eingegangen. Der Mangel an Holz und die Unmöglichkeit, Steinkohlen einzuführen, treibt zu zahlreichem Holzdiebstahle, und das Gerichtsverfahren mit den hohen Gerichts=Kosten führt die Betroffenen ohnehin an den nahen Bettelstab. Das Rindvieh ohne reichliches Futter und ohne Weide ist verkrüppelt und ohne Nachfrage; der Handel mit Schweinen und Ferkeln, welcher früher in zahlreichen Heerden hinausgetrieben wurden und welche reichen Absatz fanden, ist ins Stocken gerathen, und das Gewerbe der zahlreichen Fuhrleute, welche die Eifel zählte und welche ihr Fuhrwerk in ferne Gegenden in fremde Länder trieben, ist durch die Beförderungsmittel, welche die neueste Zeit erfunden, fast vernichtet worden. Auch das darf nicht verschwiegen werden, daß die neueste Zeit die Zahl der Schenken über das Bedürfnis hinaus vermehrt hat.

Wir haben hier die vornehmsten Quellen aufgezeigt, aus denen der Nothstand in der Eifel hervorgeflossen und der täglich zunimmt und täglich lauter um Abhülfe ruft. So groß ist die Armuth vieler dieser Bergbewohner, daß sie an Irrland erinnert, und daß sie fast an der Linie angekommen, wo die Hungersnoth beginnt. Sehr viele von ihnen kennen keine andere Nahrung, als Kartoffeln und Brod, welches aus einer Mischung von Hafermehl und Kartoffeln besteht, und man kann ohne Uebertreibung sagen, daß zwei Drittheile der gesammten Bevölkerung nur einmal im Jahre Fleisch genießt, während der andere Drittheil, der die wohlhabende Bevölkerung in sich bereift, nicht einmal nur an Sonn= und Festtagen sich dessen Genuß gestatten darf. Fast alle Bauern sind verschuldet, in den großen Dörfern sind etwa 4-5 und in den kleineren Keiner von diesen auszunehmen. So ist es gekommen, daß die Geldnoth einen hohen Grad erreicht und daß der Empfänger eines Briefes oft ganze Straßen seines Dorfes durchwandern muß, um Geld zur Entrichtung des Porto aufzutreiben. Vor dem Friedensgerichte zu Prüm erschienen an Einem Tage, den 24. Fbr. c., nicht weniger als einhundertzehn bis einhundertzwanzig Verklagte und Vorgeladene, und bei weitem der größte Theil derselben mußte wegen Schulden vor Gericht stehen! Gerichtsvollzieher und Steuerboten sind in den größeren Orten gewöhnliche Erscheinungen. Das jährliche Einkommen der ersteren hat man auf 1000 Thlr. angeschlagen, was auf etwa 30 Beamten dieser Art der Eifel jährlich einen Kostenaufwand von 30,000 Rthlr. macht. Der Nahrung entsprechen die Wohnungen und die Kleidung; letztere besteht auch zur Winterszeit aus grober, ungefärbter oder gefärbter Leinwand, während durch die verfallenden Lehmhütten Winde und Wetter ziehen.

Wer nicht Gelegenheit gehabt, diese Zustände mit eigenen Augen anzuschauen, der wird sie aus ihren Folgen kennen lernen, die wir nur in zwei Erscheinungen bezeichnen wollen.

Der Einwohner der Eifel ist von Körperbau weniger hoch und lang, aber von starker kräftiger Mittelgröße; die einfache Lebensart, die frische Bergluft, die Sittlichkeit, die ihn vortheilhaft auszeichnet, giebt seinem Körper Frische, Festigkeit und Ausdauer. Nun aber hat die Noth bereits die Wirkung gehabt, daß die Zahl der tauglichen jungen Männer, welche für das Heer ausgehoben werden, in einem der Eifelkreise, aus dem die Zahlen uns vorliegen, in einer überraschend abwärtsführenden Stufenleiter abgenommen hat. Während in diesem Kreise im Jahre 1830 die Zahl der bei der Militair=Ersatz=Commission vorgestellten Leute noch fünf und zwanzig Prozent Diensttaugliche enthielt, war die Anzahl derselben im Jahre 1852 fast auf 10 Prozent herabgesunken, und doch ist die Bevölkerung fast durchweg eine ländliche! Die zweite Wirkung, welche diese Ursachen haben, ist die Auswanderung, welche in einem Bedenken erregenden Grade in der Zunahme begriffen ist, und bei der allgemeinen Strömung, welche das Auswanderungswesen genommen, dem Staate tüchtige Arbeitskräfte raubt. Sollte aber die Auswanderung in der Eifel einen solchen Grad erreichen, daß die Gegend dadurch entvölkert würde, so wäre in dieser Beziehung der Schaden ein unersetzlicher, ein damnum irreparabile, da es unendlich schwer sein würde, neue Ansiedler für die Eifel zu gewinnen. Quis enim Germaniam (Eifliam) peteret, informem terrris, asperam coelo, tristem cultu aspectuque, nisi si patria sit? (* Tacitus, Germania)

Durch diese Auswanderung fällt der Boden täglich in seinem Werthe, während in noch größerem Maaße die Geldnoth steigt. Zu Lissingen, einem Dorfe bei Prüm, wurde jüngst das Malter Korn, welches nach dem laufenden Preise 10 Thlr. kostete, zu einem Preise von 15 Thlr. hinaufgesteigert, weil die Zahlung nicht sogleich zu erfolgen brauchte! Noch weit größer aber würde jetzt schon die Zahl der Auswanderer sein, wenn es einmal nicht solche gäbe, die schlechthin keine Mittel haben, die Reisekosten für die Fahrt nach der neuen Welt aufzubringen, und wenn Andere es üblich bringen könnten, ihr Besitzthum, welches ohnehin tief im Preise gesunken ist, um ein Dritttheil des Erlöses loszuschlagen. Das Loos der Zurückbleibenden aber wird durch die Auswanderer wenig gebessert, denn da sie ganz ohne Mittel sind, so müssen sie sich von Neuem in Schulden stecken, wenn sie die Ländereien der Auswanderer erwerben wollen. Während der Kummer dieser Zurückbleibenden durch die günstigen Berichte welche sie von ihren Freunden über'm Meer erhalten, gesteigert wird, vermehren sie die Verlegenheit der Gemeinde=Kassen, denen sie zur Last fallen.

Die nachstehenden Zahlen, die auf einzelne Kreise der Eifel sich beziehen, werden auch hierüber zuverlässige Auskunft geben:





Auswanderungen.
Vom 1. Oktober 1849 bis 1. Oktober 1850.





Mit Entlassungsurkunden.

Ohne Entlassungsurkunden
resp. mit oder ohne Pässe.



Kreise.

Köpfe

Mitgenommenes Vermögen.

Kreise.

Köpfe

Mitgenommenes Vermögen.



Bitburg
Daun
Prüm
Wittlich

123
20
43
12

12,050
2,880
3,845
3,500

Thaler.
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Bitburg
Daun
Prüm
Wittlich

37
-
13
-

2,710
-
3,600
-

Thaler.
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''
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Vom 1. Oktober 1850 bis 1. Oktober 1851.





Mit Entlassungsurkunden.

Ohne Entlassungsurkunden
resp. mit oder ohne Pässe.



Bitburg
Daun
Prüm
Wittlich

132
10
25
7

14,824
2,300
4,850
500

Thaler.
''
''
''

Bitburg
Daun
Prüm
Wittlich

21
-
-
3

4,120
-
-
180

Thaler.
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''
''





Vom 1. Oktober 1851 bis 1. Oktober 1852.





Mit Entlassungsurkunden.

Ohne Entlassungsurkunden
resp. mit oder ohne Pässe.



Bitburg
Daun
Prüm
Wittlich

330
144
135
238

41,512
21,330
13,650
28,804

Thaler.
''
''
''

Bitburg
Daun
Prüm
Wittlich

157
-
79
23

8,247
-
6,380
1,270

Thaler.
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''
''













Es liegt in der Natur der Sache, daß die Zahlen derjenigen, welche ohne Entlassungs=Urkunden ausgewandert sind, und daß die Summen, welche dieselben mitgenommen, nicht mit absoluter Genauigkeit ermittelt werden können, und daß dieselben die angegebenen Zahlen gewiß übersteigen.

Daß die Bewohner der Eifel selber nicht im Stande sind, die Mittel um dieses Werk in Stand zu setzen, aufzubringen, das leuchtet aus Allem ein, was in vorliegendem Berichte mitgetheilt worden. Die Bewohner der Eifel sind durch den Druck, der auf ihnen lastet und durch den Umstand, daß sie keine Wege offen sehen, auf denen im Vaterlande Besserung werde, vollkommen entmuthigt, und wollte man sie zwingen, die Mittel zur Wiederbewaldung der Oeden herbeizuschaffen, so würde man das Uebel nur vergrößern. Denn es liegt in der Natur der Bewaldung, daß sie, wenn sie auch einzelne Vortheile in kürzerer Frist gewährt, doch erst nach einer Reihe von Jahren ihre Früchte trägt, und ihren vollen Nutzen erst künftigen Geschlechtern gewährt. Nun aber ist die Leistungsfähigkeit der gegenwärtigen Bewohner der Eifel überhaupt nicht im Stande, die Mittel zu Unternehmungen, die nicht in kürzester Zeit ihre Früchte tragen, aufzubringen. Zur Erläuterung möge nur hier die eine Tahtsache angeführt werden, daß im Kreise Montjoie, - in einem Kreise, der nur ein Viertel seines Roggenbrotes und gegenwärtig noch nicht zwei Dritttheile seines Bedarfes an Kartoffeln erzeugt, - der gesammte Grundbesitz bis zu zwei Dritttheilen seines Werthes mit Hypothekenschulden belastet ist, und daß die Schwierigkeiten, Darlehen zu erhalten, sich überall vermehren, und fast bis zur Unmöglichkeit sich steigern. Deswegen hat man auf die Bewässerungen einen um so größeren Werth in dieser Frage gelegt, da diese Mittel in kürzerer Zeit und im Laufe eines Jahres schon die Mühe reichlich lohnen, welche darauf verwendet worden.

Durch bloße theoretische Belehrung über rationelle Behandlung des Bodens, so nützlich sie auch an und für sich ist, würde man ebenfalls in einer Lage wenig helfen, wo Gefahr bei dem Verzuge ist. Der Bauer schöpft die Summe seines Wissens aus der Erfahrung; zu allgemeinen Begriffen und Ideen erhebt er sich nicht. Darin aber ist gerade das Moment gelegen, daß der Bauernstand die feste Grundlage der Staaten bildet, und daß das Staatsgebäude, während in andern und höheren Schichten desselben die Bewegung herrscht, nicht so leicht zertrümmert wird. Erkennt man es aber dankbar an, wenn der Bauer in Zeiten der Gefahr und des Umsturzes sich für allgemeine Ideen nur schwer begeistert, so wird man es zwar nicht loben können, aber doch sehr begreiflich finden, und es dulden müssen, wenn er auch im Guten gegen die Idee mißtrauisch ist und erst dann zum Neuen und Bessern sich bekennt, wenn ihn die Erfahrung von dem Nutzen überzeugt hat. Ist er aber entmuthigt, ist, oder glaubt er sich auch nur in Gefahr unterzugehen, so wird er, grade wie der Gebildete, nicht Entlegenem, wenn dieses auch sicherer wäre, sondern nach dem Nächsten greifen, wenn ihm dieses auch keine Rettung gewähren sollte.

Es bleibt somit keine andere Hülfe, als die Hülfe des Staates und ganz in demselben Sinne spricht sich der früher erwähnte, von dem Oberpräsidenten der Rheinprovinz an das Ministerium für landwirthschaftliche Angelegenheiten erstattete Bericht aus.

„In Berücksichtigung dieser, Ew. Excellenz auch schon aus früheren Berichten der Regierungen bekannten Verhältnisse gab sich im Schooße der Conferenz auch nicht eine abweichende Stimme darüber zu erkennen, daß von den eigenen Kräften der Gemeinden die nöthigen Kapitalien für die Wiederbewaldung der Eifel nicht erwartet werden können. Es bleibt daher, wie fast bei allen Meliorationen, wo der endliche Gewinn nicht sowohl in sofortigen außerordentlichen Prozenten für den Einzelnen, als vielmehr in einer allmählichen, aber nachhaltigen Steigerung des Gemeinwohls hervortritt, nur die helfende Hand des Staates übrig.“

Die Königliche Staatsregierung hat diese Lage der Dinge erkannt und ihre Hülfe bethätigt, indem sie die Versäumnisse früherer Zeit nachgeholt und zahlreiche Wege zur Ausführung hat bringen lassen, indem sie Wald= und Wiesenbau und die Entwässerung nasser Stellen begonnen hat. Jemehr die Kommission diesen Weg als den richtigen anerkennt, um so lebhafter entsteht der Wunsch im Hinblicke auf das fortschreitende Uebel und die drohende Gefahr, daß die Mittel flüßig gemacht werden, das Uebel von Grund aus zu vernichten, und in dieser Beziehung bietet die Geschichte der Preußischen Landes=Culturverhältnisse sowohl aus älterer als neuerer Zeit Beispiele von Meliorations=Unternehmungen und Meliorations=Fonds dar. Solche Meloriations =Unternehmungen für ganze Gegenden und zwar aus früherer Zeit waren die Entwässerung, Eindeichung und Colonisation der Niederung am kurischen Haff; des Netz=, Warthe= und Oderbruchs, und des Drömmlings in der Altmark; die Eindeichungen der Weichselniederungen; aus neuerer Zeit hingegen die Verwallung des Nieder =Oderbruchs, die Melioration des Obra=Bruches, die Regulierung der schwarzen Elster, und die Anlagen in der Bocker=Haide.

In den Motiven des Antrags fehlt ist bereits auf den Meliorationsfonds, den Friedrich der Große für die Rittergüter in Alt=Pommern stiftete, hingewiesen und zugleich auf den Meliorationsfonds für die Rittergüter der Neumark Bezug genommen, welcher im Jahre 1802 und den für die Provinz Preußen, welcher im Jahre 1841 und auf den für sechs hinterpommersche Kreise des Regierungs=Bezirks Köslin, welcher mittels Kabinets=Ordre vom 16. Oktober 1846 gegründet wurde (* Bericht über den Congreß der landwirthschaftlichen Hauptvereine, von Alexander von Lengerke. Berlin 1850. Seite 53 ff.), und auf jenen, der für die Provinz Preußen mit 74,000 Rthalern besteht.



Die Kommission zur Berathung des Antrages zur Verbesserung der Kulturverhältnisse der Eifel hat nach Erwägung und Würdigung der Bedürfnisse der Eifelbewohner, und nachdem sie von den Schritten der Königlichen Staats=Regierung Kenntniß genommen, übereinstimmend die Ansicht gewonnen, daß das eingeleitete Verfahren das richtige sei, daß die Wiederbewaldung der Höhen und Oeden, daß Bewässerung und Entwässerung die geeigneten Mittel seien, die vorhandenen Mißstände in der Eifel zu heben, daß aber der steigende Nothstand größere Mittel als die bisher verwendeten zur Abhülfe gebieterisch in Anspruch nehmen, und daß zu diesen Behufe nach den angeführten Vorgängen in anderen Provinzen des Staates ein Meliorationsfonds in einem Umfange gestiftet werde, welcher der Größe des Bedürfnisses und der Dringlichkeit der Sachlage entspreche.

Die Kommission ist hiernach schließlich der Meinung, daß es sich nicht empfehle, die Spezialien für die Begründung und die Verwaltung des Meliorationsfonds, welche der letzte Theil des Antrages berührt, schon bei der jetzigen Lage der Angelegenheit anzudeuten, daß es vielmehr angemessen erscheine, in dieser Beziehung der Königlichen Staatsregierung die Erwägung und Initiative zu überlassen.

Die Kammer wolle beschlißen:
gegen die Königliche Staatsregierung die Erklärung abzugeben, daß es zur Hebung und Verbesserung der Kulturverhältnisse der Eifel, insbesondere durch Wiederbewaldung der Gebirgshöhen, Be= und Entwässerung und Wiesen=Anlagen dringend erforderlich erscheine, im Anschlusse an die von der obersten Provinzial=Behörde gestellten Anträge, die Mittel zur wirksamen Hülfe bald einzuleiten, und schon im nächsten und successive in den folgenden Jahren eine als Meliorationsfonds für die Eifel zu bestimmende Summe auf den Staatshaushalts=Etat auszubringen.

Der Kommission sind zwei Petitionen von dem Präsidium der Zweiten Kammer übergeben worden, von denen die eine d. d. Montjoie den 10. April d. J. von den Bürgermeistern des Kreises gleichen Namens, die andere aber, d. d. Malmedy den 12. April d. J., von den Notablen dieser Stadt unterzeichnet ist.

Beide Petitionen, welche sich um Abhülfe des Nothstandes in der Eifel und um Annahme des gestellten Antrages, welcher die Hebung der Culturverhältnisse in der Eifel zum Zweck hat, an die hohe Zweite Kammer wenden, finden in dem voranstehenden Erachten der Commission ihre Erledigung.

Berlin, den 28. April 1853

Die Commission.

v. Auerswald (Vorsitzender). Lensing. Delius (Mayen). Zeuzius v. Waldbott. Graf Fürstenberg=Stammheim. Braun (Berichterstatter).














Quelle: Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden von 1853, Blatt 1 - Blatt 9
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- Die Euskirchener Kreisbahn
- Volkswirtschaftl. Artikel, Aufbau der Rheinischen Bahn, Verstaatlichung und Eifelbahn 1853 - 1875
- Die Rheinische Bahn - Bekanntmachungen und kleine Artikel von 1846 - 1933
- Inserate rund um die Rheinische Bahn und Eifelbahn 1865 - 1922
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