Einige Bemerkungen zu den letzten Artikeln über die Sekundärbahn von Call nach Hellenthal.








Aus Veranlassung eines kleinen Aufsatzes über die „in Aussicht“ stehende Secundärbahn von Call nach Hellenthal, welcher in Nro. 37 des „Schleidener Anzeigers“ mit dem zwecke veröffentlicht wurde, vor einer abermaligen Düpirung durch die Rh. E.=G. zu warnen, hat Jemand in den 3 letzten Nummern desselben Blattes sich der nicht beneidenswerthen Mühe unterzogen, in einem 4spaltigen Lobgesange eine Lanze für die „verkannte“ und „geschmähte“ Rh. E.=G. zu brechen und dabei gleichzeitig nach Kräften auf den Verfasser des vorhergehenden Artikels zu schimpfen.

Wenn wir nicht in Zeiten lebten, in denen Wunder nur noch in Ammenmärchen figuriren, so sollte man in der That glauben, es sei ein solches geschehen. Oder ist es etwa keine Wunder, wenn Jemand aus freien Stücken und voller Ueberzeugung eine Apologie der Rh. E.=G. hält? Wann hat man jemals etwas Aehnliches (und das noch gar im Kreise Schleiden) gelesen oder gehört? Denn wo man auch immer die Sprache auf jene Gesellschaft bringen mag, ist man gewohnt ein allgemeines, allerdings in sehr verschiedenen Variationen angestimmtes Klagelied zu hören - von einer begeisterten Ruhmrede hat aber wohl noch keiner etwas vernommen. Doch keine Regel ohne Ausnahme! Es gibt ja so mancherlei wundersame Käuze in Gottes Thierreich, daß auch einmal Einer das Gegentheil von dem behaupten darf, was alle Welt sagt, besonders, wenn er wohl weiß, für Wen und für Was er plaidirt. Das wollen wir dem Herrn Lobredner darum nicht übelnehmen, daß er in der bewußten Angelegenheit die Rh. E.=G. vertheidigt, sondern nur das verdenken wir ihm, daß sich hierbei den Schein gegeben hat als rede er vom unpartheiischen Standpunkte aus. Hat er doch sein Machwerk in einem Tone abgefaßt als sei er ein Bewohner oder gar ein Industrieller des Kreises Schleiden und von seinen Mitbürgern beauftragt worden, einen „Einzelnen“ wegen seines ungebührlichen und taktlosen Benehmens der Rh. E.=G. und den gesammten Industriellen gegenüber öffentlich zurechtzuweisen. Was aber in aller Welt hat der Verfasser des Artikels in Nro. 37 verbrochen, daß er eine so derbe Züchtigung verdiente? Da soll er ad I. einen „ganzen Kreis angesehener Männer (die er nota bene theilweise kennt und hochschätzt) zum Gegenstande seiner Schmähungen“ gemacht haben! An welche Stelle des bewußten Aufsatzes ist aber hiervon eine Spur zu finden? Wahrlich nirgends und hat somit der tapfere Spiegelfechter wie dieses die Taktik derartiger Leute zu sein pflegt, die Sache einfach verdreht, natürlich nur, um sich die Theilnahme des angeblich beschimpften Publikums von vornherein zu sichern. Ad. II. soll ferner die Rh. E.=G. mit Schmähungen verschüttet worden sein, „wie solche der Zunge gewisser Leute geläufig seien“. Wenn betreffender Herr unter „die Wahrheit sagen“ Schmähen versteht, so kann man wohl darauf verzichten ihm eine Definition von „Schmähung“ beizubringen. Sich zum Lobredner der Rh. E.=G. aufzuwerfen, ist dem Verfasser allerdings nicht in den Sinn gekommen, da er hierzu ebensowenig Veranlassung hatte, wie jeder einsichtige Bewohner des Kreises Schleiden und dieses herzlich gerne Leuten überläßt, welche für eine derartige Handlungsweise bessere Gründe haben mögen. -

Gewandtere Federn und beredtere Zungen haben schon vor Jahren, als das Benehmen der Rh. E.=G. dem Kreise Schleiden gegenüber noch in frischer Erinnerung der Betroffenen lebte unwiderleglich dargethan, daß genannte Gesellschaft sich der Verpflichtung, die Strecke Düren=Schleiden zu bauen, mit der ihr eigenthümlichen Gewandheit zu entledigen gewußt hat, - weßhalb Verfasser es für überflüssig hält zu untersuchen, ob der „orientalische Krieg“, „der niedrige Stand des Börsenthermometers in den Jahren 1856 bis 61“ und endlich die „ungünstigen Terrainverhältnisse oberhalb Hellenthal“ die einzigen Ursachen waren, den Bau jener Linie nicht auszuführen.

Für noch überflüssiger scheint es demselben, die heftigen Ausfälle, welche der Gegner gegen seine Person macht, mit Gleichem zu vergelten, da bei dergleichen Wortgefechten wenig herauskommt und die Sache selbst wohl schwerlich gefördert werden dürfte. -

Was auch immer die Rh. E.=G. in Sachen der Sekundärbahn von Call nach Hellenthal durch ihre Organe verbreiten möge, man sei betreffenden Ortes nur vorsichtig in der Aufnahme derartiger viel versprechender Auslassungen. Denn es wäre doch wohl etwas gar zu optimistisch, wollte man glauben, daß dieselbe Gesellschaft, welche vor Jahr und Tag vertragsmäßig und moralisch verpflichtet war, jene Bahn zu bauen und es trotzdem nicht that, dieses nun freiwillig thun soll, zumal jetzt die Industrie leider nicht mehr auf der Stufe steht, wie damals.

Der Artikel in Nro. 37 war weiter Nichts als ein Mahnruf und der Verfasser desselben eine durchaus unpartheiliche Persönlichkeit, welche gegen die Rh. E.=G. zwar keinen „Haß“ hegt, jedoch aber auch noch weit davon entfernt ist, ihr Weihrauch zu streuen.

Wer jene Warnung hat verstehen wollen, hat sie verstehen können, trotz des Staubes den der biedere Ehrenretter der Rh. E.=G. aufzuwirbeln für gut fand.

Dixl.
Der Verfasser des Artikels in Nr. 37 dieses Blattes.














Quelle: Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden von 1869
Archiv: Anton Könen Mechernich









Sammlung Anton Könen, Mechernich

- Die Euskirchener Kreisbahn
- Volkswirtschaftl. Artikel, Aufbau der Rheinischen Bahn, Verstaatlichung und Eifelbahn 1853 - 1875
- Die Rheinische Bahn - Bekanntmachungen und kleine Artikel von 1846 - 1933
- Inserate rund um die Rheinische Bahn und Eifelbahn 1865 - 1922
- Bau der Strecke Düren - Euskirchen - Call - Schleiden - Hellenthal 1867 - 1914
- Weiterführung in die Eifel und Weiterführung nach Münstereifel betreffend
- Französische Besatzungszeit und Artikel 30er Jahre
- 40er Jahre und Artikel der Nachkriegsjahre
- 50er und 60er Jahre, Artikel der 70er Jahre bis 2004

Zur allgemeinen Wisoveg-Sammlung rund um Wirtschaft und Verkehr im Kreise Euskirchen und der Eifel - aus Heimatkalendern, Zeitungen und Büchern.

© Copyright wisoveg.de