Zeitungsartikel über die Rheinische Bahn und die Eifelbahn mit ihren Nebenbahnen








Euskirchen=Kalscheurener Eisenbahn

Baubericht.

Endlich, seit ca. 2 Monaten hat sich auf der Strecke Euskirchen=Kalscheuren eine lebhaftere Bauthätigkeit entwickelt und zwar wohl in Folge einer Beschwerde, die von Interessenten unseres und des benachbarten Kreises Schleiden bei dem hohen Reichskanzler=Amte d.d. 20. November v. J. wegen des bis dahin gründlich vernachlässigten Baues erhoben worden ist. Trotzdem wird der Bau noch immer nicht mit der Energie gehandhabt, die den Intentionen der Staatsregierung entsprechen dürfte und die das interessirte Publikum von der Rheinischen Eisenbahn seit Jahren zu fordern zweifellos berechtigt ist.

Dieses erhellt unzweifelhaft aus dem uns vorliegenden Bauberichte eines Sachverständigen, der ganze Strecke zu Anfang voriger Woche begangen hat, und ohne uns zu weit in Details einzulassen, entnehmen wir demselben folgende Haupt=Momente:

Bei Büllesheim fehlte an der Dammanschließung noch ein Stück von ca. 60 Meter Länge und 3 Meter Höhe. Da die zu dieser Anschüttung erforderlichen Erdmassen aus einem entfernt liegenden nassen Terrain ausgeschachtet werden müssen, so ist bei einer nur einigermaßen ungünstigen Witterung den vorhandenen Arbeitskräften (27 Mann, 2 Pferde) die Fertigstellung dieses Stückes kaum in 2 Monaten zu erwarten. Durch Terrain=Aquisition zur Bodenentnahme unmittelbar an der Baustelle würde zur Vollendung der Arbeit nicht die Hälfte dieser Zeit erforderlich sein.

Bei Großvernich war ebenfalls noch ein Damm von ca. 250 M. Länge und 7 Met. Höhe anzuschütten, woran 33 Arbeiter mit 2 Pferden beschäftigt waren. Tritt hier keine erhebliche Vermehrung der Arbeitskräfte ein, so ist auf eine Vollendung des Dammes immerhin nicht vor 3 Monaten zu rechnen.

In dem größeren Einschnitte bei Bahnhof Weilerswist beschränkte sich die Bauthätigkeit auf die Reparatur einiger Kippkarren, indem der Unternehmer dieser Strecke, Klötzer, schon seit geraumer Zeit die Erdarbeiten eingestellt hat. Da über dessen Befähigung zur Ausführung der übernommenen Arbeiten keine günstige Meinung herrscht, so liegen schwere Besorgnisse vor, daß, wenn hier nicht die schärftsten Maßregeln getroffen werden, der von demselben zu erbauende Theil der Bahnstrecke weit in Rückstand kommen und zur Verzögerung der Betriebseröffnung beitragen wird.

An dem 50 Meter langen und 8 Meter hohen Damme bei Bliesheim wurde kräftig gearbeitet und dürfte derselbe in 2 Monaten fertig werden.

In dem Einschnitte durch Kierberg und an der Dammanschüttung bis Vochem sind die Arbeiten am weitesten in Rückstand. Dieser Einschnitt ist noch auf eine Länge von 100 Meter ca. 2 Meter tief auszuschachten und sind die ausgeworfenen aus Torf bestehenden Massen seitlich des Bahnkörpers anzuhäufen, weil sie zur Dammanschüttung bis Vochem ungeeignet sind. Es muß der dazu erforderliche Boden vielmehr anderweitig beschafft werden. Im Einsitte arbeiteten 30 Mann und einige Pferde, an dem Bahndamme 21 Mann. Die Arbeit wird durch das hier reichlich auftretende Wasser erschwert, und tritt eine nur in etwa ungünstige Witterung ein, so kann dieser Theil der Bahnstrecke bei solch unzulänglichen Arbeitskräften nicht in 4 bis 5 Monaten fertig gestellt werden.

Mit ebenso unzulänglichen Kräften (8 Arbeiter) wurde an der Dammanschüttung von über 200 Meter Länge und 1 ½ bis 2 Meter Höhe zwischen Vochem und Fischenich gearbeitet und an der 2 à 2 ½ Meter hohen Dammanschüttung zwischen Fischenich und Kalscheuren von ca. 250 Meter Länge arbeiten sogar 3 Mann mit Schiebkarren.

Es ist Seitens der Rheinischen Eisenbahn=Gesellschaft die Vergantung des Oberbaues ausgeschrieben; an eine ernstliche Inangriffnahme desselben ist jedoch noch nicht zu denken, da die Herstellung des Bahnkörpers noch an vielen Punkten im Rückstand ist.

Unausgesetzte Ueberwachung des Bahnbaues durch das Publikum und verschärfte Einwirkung Seitens der Aufsichtsbehörden auf die Rheinische Eisenbahn, das sind die Mittel, welche ferneren Verzögerungen in der Vollendung dieser für uns so wichtigen Bahnline verhindern.








Quelle: Euskirchener Zeitung vom 13. Februar 1875
Archiv: Anton Könen Mechernich









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