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Das alte Kursbuch *) |
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Als wir vor einem Monat eine Notiz des Euskirchener Volksblattes vom 8. Mai 1892 wiedergaben, wonach mit dem 1. Mai 1892 zum ersten Male Eisenbahnzüge in den Verkehr gebracht worden seien, die ganz aus Durchgangswagen bestanden, deshalb von einem 50jährigen Jubiläum des D=Zuges sprachen, überbrachten uns ein treuer Freund unserer Zeitung ein Westdeutsches Kursbuch herausgegeben am 1. Oktober 1892 von der Königl. Eisenbahn=Direktion (linksrhein.) zu Köln, um uns an Hand dieses Buches zu beweisen, daß unsere Angabe nicht stimmen könne. Wir konnten darauf antworten, daß wir selbst in dem beanstandeten Jubiläumsaufsätzen bemerkt hätten: Freilich haben wir ihn (D=Zug) in Euskirchen erst einige Jahre später kennen gelernt, müssen aber nach sorgfältigem Studium des alten Kursbuches feststellen, daß darin nirgendwo, auch in den Routen=Fahrplänen, von einem D=Zug die Rede ist. Es muß deshalb angenommen werden, daß die im Euskirchener Volksblatt vom 8. Mai 892 erwähnten, ganz aus Durchgangswagen bestehenden Züge nicht im Westen Deutschlands sondern vielleicht zwischen Berlin und Hamburg oder zwischen Berlin und Leipzig eingestellt worden sind. Aber sei dem, wie ihm wolle - unser Lexikon nennt übrigens als Jahr der ersten Einstellung von D=Wagen in den deutschen Eisenbahnverkehr das Jahr 1890 -, soviel steht fest, daß im Jahre 1892 noch kein Schnellzug, viel weniger ein D=Zug, die Station Euskirchen passiert hat. Damals verkehrten zwischen Köln und Trier täglich nur vier Personenzug=Paare und ein Spätzug, der nur bis Jünkerath fuhr, ferner zwischen Euskirchen und Düren, Euskirchen und Bonn je fünf und zwischen Euskirchen und Münstereifel je sechs Zugpaare. Auf der Köln=Trierer Strecke kannte man die Stationen Großbüllesheim und Scheven, auf der Bonner Strecke die Station Impekoven noch nicht. Die Fahrzeiten waren meistens etwas länger als heute. Im Uebrigen ist das alte Kursbuch eine ganz interessante Lektüre, namentlich wenn man in den Routen=Fahrplänen die damals viel benutzten Auslandsstrecken überschaut. Der Verkehr nach den belgischen und holländischen Badeorten, nach Brüssel und Paris, ganz besonders aber nach der Schweiz und Italien wurde besonders liebevoll gepflegt. Das Kapitel Rundreisehefte für feste Rundfahrten zum Besuche von Italien nimmt allein neun volle eng bedruckte Seiten ein. Des Weiteren fesselt ein Auszug aus dem Betriebs=Reglement - die Verdeutschung der Eisenbahnverkehrssprache hat erst später eingesetzt, deshalb begegnen wir noch zahlreichen Fremdwörtern - unsere Aufmerksamkeit. Manche dieser Bestimmungen muten uns als altertümlich an, manche haben aber auch heute noch Sinn und Wert. So gleich die erste, die von den Pflichten des Dienstpersonals handelt: Das bei den Eisenbahnen angestellte Dienstpersonal ist seinem bescheidenen und höflichen, aber entschiedenen Benehmen gegen das Publikum, sowie ferner verpflichtet, sich innerhalb der ihm angewiesenen Dienstgrenzen gefällig zu bezeigen. Das ist heutzutage den Männern vom Flügelrad eine Selbstverständlichkeit geworden, über die gar nicht mehr geredet zu werden braucht, und die tapferen Frauen, die während des Krieges Dienst als Schaffnerinnen usw. tun, übertreffen ihre männlichen Kollegen womöglich noch in der Uebung dieser Tugenden. Dem reisenden Publikum dürfte aber die weitere Bestimmung: Den dienstlichen Anordnungen des in Uniform befindlichen, mit Dienstabzeichen oder mit einer Legitimation versehenen Dienstpersonal ist das Publikum Folge zu leisten verbunden manchmal eindringlich zu Gemüte geführt worden. Aus den folgenden Bestimmungen greifen wir nur einzelne besonders bemerkenswerte heraus: Das Dienstpersonal ist berechtigt und auf Verlangen der Reisenden verpflichtet, demselben ihre Plätze anzuweisen. Alleinreisende Damen sollen auf Verlangen möglichst nur mit Damen in ein Kupee zusammengesetzt werden. In jedem Zuge muß sich mindestens je ein Damen=Kupee für die Reisenden der zweiten und dritten Wagenklasse befinden. Die Wartesäle sind spätestens eine Stunde, die Billet= und Gepäck=Expeditionen auf Stationen mit größerer Frequenz gleichfalls spätestens eine Stunde, auf Stationen mit geringerer Frequenz mindestens eine halbe Stunde vor Abgang eines jeden Zuges zu öffnen. Der Reisende, welcher
ohne gültiges Fahrbillet betroffen wird, hat für die
ganze von ihm zurückgelegte Strecke, und wenn die
Zugangsstation nicht sofort nachgewiesen wird, für die
ganze vom Zuge zurückgelegte Strecke das Doppelte des
gewöhnlichen Fahrpreises, mindestens aber den Betrag von 6
Mark zu entrichten. Derjenige Reisende jedoch, welcher in einem
Personenwagen einstiegt und gleich beim Einsteigen
unaufgefordert dem Schaffner oder Zugführer meldet, daß
er wegen Verspätung kein Billet mehr habe lösen
können, hat, wenn er überhaupt noch zur Mitfahrt
zugelassen wird, worauf er keinen Anspruch hat, einen um 1 Mark
erhöhten Fahrpreis zu zahlen. Das Zeichen zum
Einsteigen in die Wagen wird durch zwei unterschiedene Schläge
auf die Glocke gegeben. Nachdem das Abfahrtszeichen
durch die Dampfpfeife der Lokomotive gegeben, kann niemand mehr
zur Mitreise zugelassen werden. Jeder Versuch zum Einsteigen und
jede Hilfeleistung dazu, nachdem die Wagen in Bewegung gesetzt
sind, ist verboten und strafbar. Bei Ankunft auf
einer Station wird der Name derselben, die Dauer des für
sie bestimmten Aufenthalts, sowie der etwa stattfindende
Wagenwechsel ausgerufen. Sobald der Wagenzug stillsteht, werden
nach der zum Aussteigen bestimmten Seite die Türen
derjenigen Wagen geöffnet, welche für die bis zu
dieser Station Reisenden bestimmt sind. Die Türen der
übrigen Wagen werden nur auf Verlangen geöffnet.
Während der Fahrt darf sich niemand seitwärts
aus dem Wagen biegen, gegen die Tür anlehnen oder auf die
Sitze treten. Auf Verlangen auch nur eines Reisenden müssen
die Fenster auf der Windseite geschlossen werden. Die Reisenden
dürfen zum Ein= und Aussteigen die Wagentüren nicht
selbst öffnen; sie müssen vielmehr das Oeffnen dem
Dienstpersonal überlassen und dürfen nicht ein= und
ausstiegen bevor der Zug völlig stillsteht. Jeder Reisende
muß sich entfernt von den Fahrgeleisen und Maschinen
halten, und niemand darf den Bahnhof in einer anderen als der
angewiesenen Richtung verlassen. ..... Viele dieser Bestimmungen
sind überholt oder ... |
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*) am rechten Rand abgeschnittene Vorlage. Textergänzungen können in den Umbrüchen auf Irrtum beruhen. Ergänzungen ggf. erbeten. |
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Quelle: Euskirchener
Volksblatt vom 3. Juni 1942 |
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Sammlung Anton Könen, Mechernich - Die
Euskirchener Kreisbahn Zur allgemeinen Wisoveg-Sammlung rund um Wirtschaft und Verkehr im Kreise Euskirchen und der Eifel - aus Heimatkalendern, Zeitungen und Büchern. © Copyright wisoveg.de |
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