Die Eifeler Eisenbahn.








Seit einer Reihe von Jahren hat der Kreis Schleiden, so wie überhaupt die Eifel, sich bemüht, eine Eisenbahn zu bekommen, um durch dieselbe als Glied in den allgemeinen, großen Verkehr eingereiht zu werden, aber alle Bestrebungen waren vergebens.

Die rheinische Eisenbahngesellschaft, welche vom Staate die Verpflichtung übernommen, bis Ende des Jahres 1862 von Düren über Call bis Schleiden eine Eisenbahn betriebsfähig darzustellen, hat es verstanden durch allerlei Winkelzüge sich ihrer Verpflichtung zu entziehen, wodurch die Industrie dieser Gegend fast bis zum gänzlichen Erliegen gebracht worden, und ist eine allgemeine Verarmung durch fortdauernde Abgeschiedenheit vom Weltverkehr die unausbleibliche Folge. Es soll zwar in diesem Jahre die Bahn von Düren bis Euskirchen ausgeführt werden, aber dieselbe berührt die Eifel in keinem Punkte, bringt mithin derselben auch nicht den geringsten Nutzen. Ferner soll bis Ende künftigen Jahres die Bahn von Euskirchen bis Call zur Ausführung kommen, und wollen wir hoffen, daß es damit der rheinischen Eisenbahn=Gesellschaft ehrlich gemeint ist. Es wäre dann wenigstens ein kleiner Arm des großen Eisenbahnnetzes vorhanden, der auf einer kurzen Strecke die Eifel erreicht hätte. Es steht ferner in Aussicht, daß von Call aus eine Eisenbahn nach Trier gebaut werde, und hat der Kreis Schleiden zur Relalisirung dieses Projects. sich bereit gefunden, das zu diesem Bahnkörper erforderliche Grundeigenthum unentgeldlich an die rheinische Eisenbahngesellschaft abzutreten. Bedenkt man dabei daß bei den drückenden Verhältnissen dennoch dieses große Opfer dargebracht wird, so ist das gewiß ein deutlicher Beweis dafür, daß man nur in Anlagen von Eisenbahnen eine Wiederbelebung der Industrie erblickt. Leider soll in jüngster Zeit die rheinische Eisenbahn=Gesellschaft auch das vom Staate erreicht haben, von dem Bau der Bahn von Call bis Schleiden entbunden zu werden, wogegen sie die Strecke von Euskirchen bis Sechtem, zum Anschluß an die Cöln=Coblenzer Bahn, zu bauen übernommen hat.

So stand vor noch vierzehn Tagen dieses düstere Bild der Eifel=Eisenbahn uns vor Augen, da auf einmal geht in dieser Dunkelheit eine freundliche Sonne auf, aber nicht in Osten, sondern in Westen, und aufs Neue ergießt sie Licht und Leben in die Eisenbahnangelegenheit.

Das Eisenbahn=Comité des Kreises Schleiden brachte in Erfahrung, daß eine englische Gesellschaft bei unserer höchsten Staatsbehörde um Ertheilung von Conzessionen für Eisenbahnanlagen eingekommen sei, worauf einstimmig beschlossen wurde, eine Deputation nach Brüssel, woselbst die betreffende Gesellschaft ihren Vertreter hat, und nach Berlin zu entsenden, um an diesen maßgebenden Stellen alles aufzubieten, daß auch das Schleidener Thal von einer Bahnlinie durchschnitten werde.

Das Resultat, welches die Deputation erreicht hat, ist ein über Erwarten günstiges zu nennen, denn es ist derselben durch die umsichtige Bemühung des Herrn Landraths gelungen, den Vertreter der englischen Gesellschaft zu der Erklärung zu gewinnen, die Bahn von St. Vith über Hellenthal, Schleiden nach Call vor allem andern zuerst zu bauen, sobald von der Preuß. Staatsbehörde dazu die Conzession ertheilt sein wird. Mit frohem Muthe in der Brust und die schriftliche Erklärung der Gesellschaft in der Tasche zog darauf die Deputation nach Berlin um die Ertheilung der Concession beim Ministerium zu erwirken. Auch hier war das Resultat sehr günstig, denn Se. Excellenz der Herr Handelsminister erklärte, daß der Ertheilung der gewünschten Concession nicht entgegen stände, und daß er sich freuen würde, wenn recht bald die projectirte Bahn durch das Schleidener Thal zur Ausführung kommen würde; er knüpfe nur die Bedingungen daran, welche überhaupt bei Eisenbahnanlagen gemacht würden, nämlich: die Anfertigung der Baupläne und den Nachweis des Baukapitals Seitens der Unternehmer. Noch ehe die Deputation Berlin verlassen hatte, ging dieselbe Erklärung vom Handelsministerium an den Vertreter der englischen Gesellschaft in Brüssel ab, so wie auch eine Abschrift davon an die Deputirten des Kreises Schleiden, nach deren Inhalt die Gesellschaft aufgefordert wird innerhalb sechs Monaten die Baupläne einzureichen.

Den vielen und nachhaltigen Bemühungen des Eisenbahn=Comitè's ist es doch endlich gelungen in naher Zukunft das Ziel ihrer Bestrebungen erreicht zu sehen, und wenn nicht politische Wirren in diese Angelegenheit hemmend eingreifen, so dürften die Vorarbeiten wohl sehr bald ihren Anfang nehmen. -








Quelle: Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden vom März 1863
Archiv: Anton Könen Mechernich









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