140 Jahre Bahnstation Mechernich
von Anton Könen








„Vom 1. Juli ab werden in Folge der Eröffnung der Eisenbahnstrecke Euskirchen-Mechernich, die täglich zwischen Brühl und Commern (Kommern), so wie zwischen Brühl und Kirchseifen (Hellenthal) coursirenden (verkehrenden) Personenposten auf die Strecke zwischen Brühl und Euskirchen beschränkt. Zwischen Commern und Mechernich werden täglich drei Anschlussposten an die von Mechernich abfahrenden resp. daselbst eintreffenden Bahnzüge mit folgendem Gange coursiren: aus Commern 7.40 morgens 11.20 vormittags 5.30 abends aus Mechernich 10.00 vormittags 5.10 nachmittags 8.15 Abends Cöln, den 28. Juni 1865
Der Ober-Post-Direktor“

Diese Amtsblattverfügung Nr. 330, Seite 204, von 1865, aus dem Amtsblatt der Königlichen Regierung Köln ist der historische Beleg für die Inbetriebnahme der Bahnstation Mechernich am 1. Juli 1865. Keine Zeitung, weder das Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden, noch die Euskirchener Zeitung, fanden das für die Eifel so wichtige Ereignis erwähnenswert.

Wie kam es zur Streckenführung der Eifeleisenbahn über Mechernich?

Mechernich, größter Ort (Industrieort) im Eifelkreis Schleiden, erhielt relativ spät Anschluss an das rasch wachsende rheinische Eisenbahnnetz. Die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft, führend in der Errichtung von Eisenbahnlinien in unserer Region, sprach sich wegen mangelnder Rentabilität gegen eine Linienführung in der Eifel aus. Erst durch ministeriellen Erlass vom 6. März 1862 wurde er Bau einer Strecke von Düren über Euskirchen nach Kall angeordnet. Für den Anschluss an das Schienennetz war nicht die geographische Lage ausschlaggebend, sondern die existenzbedrohte Eisen- und Hüttenindustrie im Schleidener Tal. Nach der Inbetriebnahme der Eisenbahnstrecke Köln-Düren durch die Rheinische Eisenbahn, 1841, forderte die Bergbau- und Hüttenindustrie den Bau einer Zweigbahn zu den Gruben und Produktionsstätten. Sie sollte in Düren abzweigen und auf kurzem Wege über Zülpich, Kommern und Kall nach Schleiden führen. Sogar eine Erweiterung bis Trier wurde damals schon erwogen. Nach vielen Jahren, die von Für und Wider, was die Streckenführung anging, die Stadt Euskirchen wollte mit ihrer Tuchindustrie nicht abseits der Bahntrasse liegen, war es dann so weit. Am 6. Oktober 1864 fuhr der erste fahrplanmäßige Personenzug von Euskirchen nach Düren.

Wenn auch mit den Orten Euskirchen und Kall die vorläufigen Endpunkte der Eifelbahn feststanden, so wurde um die Linienführung zwischen beiden Orten, entweder über Münstereifel oder Mechernich lange Zeit heftig gerungen. Aber die einflußreichen Bergwerksbesitzer (Familie Kreuser), Mechernich, konnten sich durchsetzen, so dass die Streckenvermessung, die 1862 erfolgte, die Linienführung über Mechernich festlegte. Der Mechernicher Bergwerks-Actien-Verein (MBAV) stellte der Rheinischen Eisenbahn aus ihrem Besitz 53 Morgen Grund kostenlos für den Bahnbau zur Verfügung. Zusätzlich ließ sie durch ihre Bergleute den Bahndamm vom Bahnhof Mechernich bis Strempt aus Abraum kostenlos aufschütten. Der MBAV erhielt einen Gleisanschluss bis zu seinen Betriebsstätten.

Beim Bau des Bahnhofs entdeckte man im März 1865 bei den Abraumarbeiten eine kleine Sandsteinfigur, römischen Ursprungs. Trotzdem bei der Figur Kopf und Hals fehlten, konnte sie, da neben der Statue ein Blitzstrahl mit einem Band umwickelt gefunden wurde, einem Jupiter-Conservator zugeordnet werden. Bei weiteren Grabungen und Funden kam C. A. Eick, der die Grabung ausführte, zu der Überzeugung, dass an der Fundstelle ein kleiner Jupiter Tempel gestanden hat.

Am 27. Juni 1865 erfolgte die erste Probefahrt von Euskirchen nach Mechernich, mit der Lok „Spinx“ (Nr. 117, Borsig Fabriknummer 1790), damals führten die Lokomotiven der Rheinischen Eisenbahngesellschaft neben der laufenden Betriebsnummer, noch Eigennamen. Am 1. Juli 1865 wurde die Strecke und der Bahnhof offiziell dem Verkehr übergeben. Der Bearbeiter hat die Umrisse der Lok „Spinx“ im Jahre 2000 als äußere Form für den Sessionsorden des Festausschusses Mechernicher Karneval verwendet.

Wenn man von Mechernich nach Köln wollte, musste man über Euskirchen-Düren fahren. Erst ab 1. Oktober 1875 konnte man auf direktem Weg von Mechernich über Euskirchen-Weilerswist-Liblar nach Köln fahren. Zwischenzeitlich war die Eifelstrecke am 6. September 1867 bis Kall und am 15. Juli 1871 bis Trier erweitert worden.

Im zweiten Weltkrieg war der Bahnhof Mechernich, besonders in der Endphase des Krieges starken feindlichen Luftangriffen ausgesetzt. Bei Kriegsende bot er mit seinen Treffernarben einen trostlosen Anblick. Die von den Amerikanern am 8. März 1945 angeordnete Bestandsaufnahme vom Bahnhof Mechernich hat folgenden Wortlaut: (Unter Nr. NND 927 605 im Armeearchiv bei Washington USA)

Bahnhofsvorsteher: Westerhoff.
Die mitverantwortlichen Beamten für das Transportwesen sind: Horchern, Gottlieb, Lenz.
Im Stellwerk sind vier Beschäftigte: Hambach, Schmitz, Reger, Heuser.
Zwei Arbeiter: Peter Schmitz, Karl Virnich.
In der Dienststelle sind die Angestellten: Kämmerling, Schneider, Zierfeld.
In der Güterabfertigung ein Arbeiter: Müller.
Das Stationsgebäude mit meiner inliegenden Dienstwohnung ist total ruiniert.
Das Stellwerk und die Güterabfertigung sind total ruiniert.
Gleisanlagen sind schwer beschädigt.
Unterschrift: J. Westerhoff.

Vorbei war die ehemals beschauliche Eisenbahnromantik. Es gab keinen Wartesaal 1., 2. und 3. Klasse mit der unterschiedlichen Ausstattung mehr. Da der Bundesbahn das Geld fehlte, den Bahnhof wieder in seinen Vorkriegszustand zu versetzen, bezeichnete die Presse in der Folgezeit den Bahnhof häufig als den Schandfleck von Mechernich. Er fiel dann der Spitzhacke zum Opfer. Ein neues Bahnhofsgebäude, im Volksmund „Miniaturbahnhof“ genannt, wurde am 15. Oktober 1963 eingeweiht. Bemerkenswert war, dass der Bahnhof auf dem Boden der Gemarkung Kommern errichtet wurde und den Namen Mechernich trug. Damit war ein jahrzehntelanger Streit zwischen den beiden Kommunen vorgezeichnet. Als der Gemeinderat von Kommern am 29. November 1956 beschloss, den Bahnhof in Kommern-Mechernich umzubenennen, kochte die Mechernicher Volksseele. Nach Verhandlungen zwischen den beiden Gemeinden wurde mit Wirkung vom 1. April 1959 ein Gebietsänderungsvertrag unterzeichnet, der den Bahnhof in die Gemeine Mechernich eingliederte.








Quelle: Bürgerbrief der Stadt Mechernich vom 1. 7. 2005
Archiv: Anton Könen Mechernich









Sammlung Anton Könen, Mechernich

- Die Euskirchener Kreisbahn
- Volkswirtschaftl. Artikel, Aufbau der Rheinischen Bahn, Verstaatlichung und Eifelbahn 1853 - 1875
- Die Rheinische Bahn - Bekanntmachungen und kleine Artikel von 1846 - 1933
- Inserate rund um die Rheinische Bahn und Eifelbahn 1865 - 1922
- Bau der Strecke Düren - Euskirchen - Call - Schleiden - Hellenthal 1867 - 1914
- Weiterführung in die Eifel und Weiterführung nach Münstereifel betreffend
- Französische Besatzungszeit und Artikel 30er Jahre
- 40er Jahre und Artikel der Nachkriegsjahre
- 50er und 60er Jahre, Artikel der 70er Jahre bis 2004

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