Historisches Verkehrsgeschehen um Bedburg

Aus den Spezialakten 2113 betreffend Kraftfahrzeuglinien der Stadt Bedburg



Zur Busanbindung der Stadt Bedburg an Köln ab 1926





Die Kraftfahrlinienverordnung
28. Oktober 1928 - Reichsgesetzbl. S. 380/82.




Auf Grund des § 5 Abs. 1 des Kraftfahrliniengesetzes vom 26. August 1925 (Reichsgesetzbl. I S. 319) wird hiermit nach Zustimmung des Reichsrats verordnet:

§ 1.

(1) Kraftfahrlinien sind dem öffentlichen Verkehr dienende Unternehmen, die durch Kraftfahrzeuge Personen oder Sachen (Güter) über die Grenzen eines Gemeindebezirkes hinaus auf bestimmten Strecken mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit gegen Entgelt befördern, mit Ausnahme der Rundfahrten.

(2) Dem öffentlichen Verkehr dient ein Unternehmen, dessen Einrichtung nach seiner Zweckbestimmung jedermann benutzen kann.

(3) Kraftfahrzeuge sind Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein.

(4) Strecken sind die Wege, die zur Erreichung des Endpunkts oder der Zwischenpunkte der Linie benutzt werden sollen (vgl. § 3).

(5) Beförderung ist der Verkehr von Ort zu Ort.

(6) Eine gewisse Regelmäßigkeit und Häufigkeit ist einem für einen längeren Zeitraum berechneten Verkehr zuzusprechen, auf den sich die Öffentlichkeit einrichten kann, auch wenn kein Fahrplan mit genau bestimmten Abfahrts- und Ankunftszeiten im voraus festgelegt ist.

(7) Entgelt ist jede Art von Entschädigung für die Verkehrsleistung.

(8) Rundfahrten sind Fahrten zu Besichtigungs- oder Vergnügungszwecken, die ohne Wagenwechsel und unter Ausschluß der Unterwegsbedienung zum Ausgangsort zurückführen.



§ 2.

(1) Genehmigungspflichtig sind sämtliche Kraftfahrlinienunternehmen, mögen sie von natürlichen oder juristischen Personen oder von öffentlichen Körperschaften eingerichtet werden.

(2) Unberührt bleiben die Bestimmungen des § 6 des Kraftfahrliniengesetzes über die Kraftfahrlinien der Reichspost.



§ 3.

Erforderlich ist die Genehmigung nicht nur für den Betrieb einer Kraftfahrlinie und, wenn der Endpunkt oder Zwischenpunkte auf mehreren bestimmten Strecken erreicht werden sollen, für sämtliche Wegestrecken (vgl. § 1 Abs. 4), sondern auch für jede Änderung der Linie und für die Übertragung der aus der Genehmigung erwachsenden Rechte und Pflichten des Unternehmers auf andere.



§ 4.

(1) Für die Genehmigung sind zuständig:
1. bei Kraftfahrlinien innerhalb eines Landesgebiets die von der obersten Landesbehörde bestimmten Behörden.
2. bei Kraftfahrlinien, die das Gebiet mehrerer Länder berühren, die obersten Landesbehörden gemeinsam.

(2) Im letzteren Falle ist der Antrag an die Behörden der beteiligten Länder zu richten, die das Genehmigungsverfahren (§§ 5 bis 9) für den in ihren Bezirk fallenden Teil der Kraftfahrlinien durchführen. Die Behörde des Landes, wo der größte Teil der Linie liegt, verständigt sich mit den Behörden der anderen Länder und legt die Verhandlung der eigenen obersten Landesbehörde vor. Diese entscheidet im Einverständnis mit den weiter beteiligten obersten Landesbehörden oder leitet das im § 1 Abs. 2 des Kraftfahrliniengesetzes vorgesehene Verfahren ein.



§ 5.

(1) Dem Antrag sind die Unterlagen beizufügen, die ein Urteil über Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebs ermöglichen.

(2.) Der Antrag soll enthalten:
1. Name und Wohnsitz des Unternehmers gegebenenfalls Firma und Sitz der Gesellschaft,
2. Angaben über die Vermögenslage und die technische Leistungsfähigkeit des Unternehmens,
3. Zweck des Unternehmens (Personen-, Güterbeförderung),
4. Anfangs- und Endpunkt der Linie gegebenenfalls Angabe der einzelnen Strecken und Zwischenhaltestellen,
5. die kilometrische Länge der Linie gegebenenfalls auch der Teilstrecken,
6. Fahrplan und mittlere Reisegeschwindigkeit,
7. Zahl der Fahrzeuge und der Anhänger, Antriebsart, Muster und Maße der Wagen (bei Personenfahrzeugen auch der Inneneinrichtung), Eigengewicht, Bremsleistung des Motors, zulässige Belastung (Ladung oder Zahl der Personen einschließlich Führer), bei Fahrzeuge von mehr als 5 Tonnen Gesamtgewicht Achsdrucke und Felgendrucke in beladenem Zustand,
8. ein Übersichtskarte, in der die beantragte Linie rot und die im betreffenden Verkehrsgebiet bereits vorhandenen öffentlichen Verkehrsunternehmen (Eisenbahnen, Kleinbahnen, Straßenbahnen, Kraftfahrlinien) mit anderer Farbe eingezeichnet sind.

(3) Wenn die Angaben zu Nr. 6 und 7 nicht von vornherein feststehen, können sie im Laufe des Genehmigungsverfahren eingereicht werden.



§ 6.

Die Genehmigung wird auf Grund einer Prüfung erteilt, die sich zu erstrecken hat auf
1. die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebes,
2. die Wahrung der öffentlichen Interessen.



§ 7.

Die Prüfung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit soll sich vornehmlich darauf erstrecken:
1. ob die Vorschriften der Verordnung über Kraftfahrzeugverkehr erfüllt sind, und ob die Persönlichkeit des Unternehmers dafür bürgt, daß sie auch in Zukunft erfüllt werden;
2. ob ihn seine Vermögenslage befähigt, durch eine geordnete, regelmäßige Betriebsführung dem öffentlichen Verkehrsbedürfnis und den berechtigten Ansprüchen der Benutzer zu genügen, und die aus dem Betrieb erwachsenden Verbindlichkeiten, besonders Haftungsansprüche für Personen- und Sachschäden zu erfüllen;
3. ob der Wagenpark und die Einrichtungen zu seiner Unterhaltung so beschaffen und bemessen sind, daß der ordentliche, ununterbrochene Betrieb während der Dauer der Genehmigung gewährleistet ist, solange die vorhandenen Wege sicher befahrbar sind.



§ 8.

(1) Die Prüfung, ob die öffentlichen Interessen gewahrt sind, soll sich auf die Linienführung, die Zahl der täglichen Fahrten, die Wahl der Halteplätze usw. erstrecken.

(2) Das Unternehmen läuft den öffentlichen Interessen zuwider,
1. wenn es auf Wegen durchgeführt werden soll, die sich wegen ihres baulichen Zustandes für diesen Kraftwagenverkehr nicht eignen,
2. wenn es bereits vorhandenen Verkehrsunternehmen einen unbilligen Wettbewerb bereitet oder ihrer dem öffentlichen Bedürfnis mehr entsprechenden Ausgestaltung vorgreift, ohne doch das öffentliche Verkehrsbedürfnis zweckmäßiger oder nachhaltiger zu befriedigen oder die vorhandenen öffentlichen Verkehrsmittel vorteilhaft zu ergänzen.



§ 9.

(1) Vor der Genehmigung des Antrags muß die Behörde die im Verkehrsgebiete der geplanten Kraftfahrlinie vorhandenen öffentlichen Verkehrsunternehmen und die Wegeunterhaltungspflichten hören. Einwendungen gegen das Unternehmen sind innerhalb einer von der Behörde festzusetzenden Frist von drei Wochen geltend zu machen.

(2) Wenn der Antragsteller nachweist, daß alle Beteiligten mit seinem Unternehmen einverstanden sind, braucht die Behörde die im Abs. 1 bezeichneten Stellen nicht zu hören.



§ 10.

Die Genehmigung wird dem Unternehmer nur für seine Person erteilt.



§ 11.

Von jeder Genehmigung einer Kraftfahrlinie ist dem zuständigen Versicherungsamt wegen der Anmeldung des Betriebes zur Genossenschaft Kenntnis zu geben.



§ 12.

(1) Die Genehmigung ist auf Zeit zu erteilen; sie läßt die Rechte anderer unberührt.

(2) Wenn das öffentliche Interesse es fordert, kann die Genehmigung auch widerruflich erteilt werden.



§ 13.

Die Genehmigung muß enthalten:
1. Die Bezeichnung des Unternehmers,
2. Die Bezeichnung der Linie,
3. die Zeitdauer, für die sie erteilt wird,
4. den Zweck des Unternehmens (Personen-, Güterbeförderung),
5. die Bedingungen, unter denen sie erteilt wird.




Aus einem MAN-Prospekt im Dezember 1924





§ 14.

Wenn nicht das Reich, ein Land, eine andere öffentliche Körperschaft oder eine Gesellschaft, an der öffentliche Körperschaften überwiegend beteiligt sind, der Unternehmer ist, muß die Genehmigung diesem vorschreiben, daß er sich für alle Betriebsschäden an Personen oder Sachen bei einer leistungsfähigen Haftpflichtversicherungsanstalt bis zur Höhe der Höchstbeträge versichert, die in den jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen, zur Zeit im § 12 des Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. mai 1909 in der Fassung der Verordnung vom 6. Februar 1924 (Reichsgesetzbl. I S. 42), für die Haftpflicht aus einem beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstandenen Schaden festgesetzt sind. Auch kann die Genehmigungsbehörde von diesen Unternehmern fordern, daß sie für diese Zwecke eine bestimmte Sicherheit hinterlegen.



§ 15.

Die nachstehenden Bestimmungen über Fahrplan, Beförderungspreise und Beförderungsbedingungen (§§ 16 bis 18) sind nur soweit vorzuschreiben, als es im Interesse des öffentlichen Verkehrs geboten ist.



§ 16.

(1) Der Fahrplan und jede Änderung des Fahrplans unterliegen der Genehmigung der zuständigen Behörde. Der Fahrplan muß die Führung der Linie, ihren Anfangs- und Endpunkt, die Haltestellen und Fahrzeiten enthalten.

(2) Abweichungen vom genehmigten Fahrplan ist nur insofern erlaubt, als außer den fahrplanmäßigen Wagen bei gesteigertem Verkehr noch weitere eingesetzt werden dürfen.



§ 17.

(1) Die Beförderungspreise und jede Änderung der Beförderungspreise bedürfen der Genehmigung der zuständigen Behörde. Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und angemessene Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals sind dabei zu berücksichtigen.

(2) Die angesetzten Beförderungspreise sind gleichmäßig anzuwenden. Ermäßigungen, die nicht unter gleichen Bedingungen jedermann zugute kommen, sind verboten und nichtig.



§ 18.

Der Fahrplan, die Beförderungspreise und die Beförderungsbedingungen sind durch Aushang an sichtbarer Stelle in den Fahrzeuge und ebenso in den etwa dem Beförderungsverkehr gewidmeten Räumen bekanntzumachen. Jede Erhöhung der Beförderungspreise darf erst drei Tage nach der Veröffentlichung in Kraft treten.



§ 19.

(1) Die zuständige Behörde kann vorschreiben, daß die zur Personenbeförderung bestimmten Fahrzeuge
1. vor ihrer Einstellung in den Betrieb besonders geprüft werden, auch wenn sie zum Verkehr bereits zugelassen sind,
2. in angemessenen Zeitabschnitten und aus besonderem Anlaß wieder geprüft werden.

(2) Die Kosten der Prüfungen hat der Unternehmer zu tragen.



§ 20.

Soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist, kann vorgeschrieben werden:
a) daß der Betrieb der Linie innerhalb der von der zuständigen Behörde festzusetzenden Frist eröffnet und während der Dauer der Genehmigung nach den Genehmigungsbedingungen fortgeführt wird. Zur Sicherung dieser letzteren Verpflichtung kann die Behörde jederzeit, auch ohne einen entsprechenden Vorbehalt bei der Genehmigung, nähere Anordnungen treffen, wenn sich ein Bedürfnis hierfür herausstellen sollte;
b) daß der Unternehmer die Genehmigung zur dauernden Einstellung des Betriebs vier Wochen vorher und zur vorübergehenden Einstellung des Betriebs eine Woche vorher bei der zuständigen Behörde nachzusuchen hat.



§ 21.

(1) Jede Kraftfahrlinie ist der Aufsicht der Genehmigungsbehörde unterworfen, soweit es sich um die ihr auferlegten Pflichten handelt.

(2) Die Genehmigungsbehörde kann die Aufsicht entweder selbst führen oder eine ihr unterstellte Behörde damit beauftragen.



§ 22.

Die obersten Landesbehörden verordnen das nötige zur Durchführung dieser Vorschriften und bestimmen insbesondere die zuständigen Behörden.

Berlin, den 20. Oktober 1928.

Der Reichsverkehrsminister.







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