Erlebnisse eines Buirer Eisenbahners in seiner 50-jährigen Dienstzeit
von Peter Müllenmeister




Gefangennahme eines abgeschossenen engl. Flugzeugpiloten 1941




Im Jahre 1941 hatte ich ein außergewöhnliches Erlebnis auf Bf Buir. An einem Abend bei Fliegeralarm standen wie so oft, rundherum von Feindfliegern abgeworfene Leuchtbomben am Himmel, so daß es taghell war. Nach längerer Zeit hörten wir von weit her Schießen in der Luft. Nun wußten wir, daß auch deutsche Flieger in der Luft waren und Feindberührung hatten und daher schossen. Zwei unserer Nachbarn standen jedesmal bei Fliegeralarm mit Ferngläsern auf der Straße am Bf und beobachteten, was rundherum geschah. Auf einmal sahen wir, daß in Richtung Buirer Wald auf Elsdorf zu ein Flugzeug brennend abstürzte. Wir konnten jedoch nicht wissen, ob es ein deutsches oder ein Feindflugzeug war. Im Nu waren unsere Angehörigen und Nachbarn, vor allem die Kinder aus dem Luftschutzkeller draußen, um dieses 'Schauspiel zu sehen.

Alle glaubten, das Flugzeug sei im Wald abgestürzt und der Wald würde brennen. Aber dies war nicht geschehen. Einige Stunden später sahen wir auf der Landstraße Buir-Elsdorf unweit des Bfs im Licht der Leuchtbomben jemand kommen, der eigenartige Kleidung trug. Wir vermuteten sofort, daß es jemand vom abgeschossenen Flieger sein könnte. Hierauf nahm ich aus meinem Büro meine Bahnschutz-Dienstpistole und ging mit meinem ältesten Sohn (18 Jahre alt, der zu der Zeit das Gymnasium in Düren besuchte) einige hundert Meter auf die Gestalt zu und rief: „Halt! Stehen bleiben!“ Da wir nicht sehen konnten, ob der Betreffende stehen blieb, rief mein Sohn auf englisch „Halt, stehen bleiben!“ Wir erhielten eine Antwort auf englisch. Nun gingen wir näher an den Mann heran und sahen die fremde Fliegeruniform. Wir erklärten ihm, es sei Gefangener und müßte mit zum Stationsbüro gehen. Er ging ohne Weiteres mit und wurde von den Leuten, die am Bf standen, bestaunt. Mein Sohn stellte einige teils schwierige Fragen an ihn, die er teils beantwortete.

Ich sagte meinem Sohn, er möge ihm sagen, der Krieg sei nun für ihn vorbei. Er gab zur Antwort, er bedauere sehr, abgeschossen worden zu sein, er freue sich aber, daß er mit seinem Fallschirm gut gelandet sei, ohne Schaden erlitten zu haben. Über dem Walde hätte er nicht landen dürfen, das hätte schlimm sein können. Zum Glück sei er vor dem Wald gelandet. Bis jetzt sei alles gut verlaufen, aber er habe große Angst vor den Deutschen, sagte er. Nachdem er sich die im Stationsbüro anwesenden Leute angesehen hatte, fragte er, ob er eine Zigarette rauchen dürfe und bot uns engl. Zigaretten an. Das Rauchen gestattete ich ihm, jedoch lehnte ich die angebotenen Zigaretten ab und ließ ihm sagen, er möge seine Zigaretten aufbewahren, vielleicht könne er sie in der Gefangenschaft gut gebrauchen. Hierauf meldete ich den Absturz und die Gefangennahme eines engl. Flugzeugpiloten an unsere zuständige Meldestelle. Nach vielleicht einer Stunde kamen einige Soldaten der Militärpolizei, um den Gefangenen abzuholen.

Der Vorgesetzte dieser Gruppe machte mir Vorhaltungen, daß ich dem Gefangenen das Rauchen gestattet hatte. Ich hätte ihm die Zigaretten in den Mund schlagen sollen, hieß es. Dann wurde der Pilot in barschem Ton abgeführt. An der Tür bedankte er sich für die menschenwürdige Aufnahme bei uns. Ein Glück, daß mein Sohn englisch verstand, sonst hätten wir nicht gewußt, was er gesagt hatte. Vorher im Laufe unserer Unterhaltung hatte ich ihm sagen lassen, er möge beruhigt in die Gefangenschaft gehen, denn wir Deutschen seien keine Menschenfresser. Im ersten Weltkrieg war ich von 1916 - 1918 zwei Jahre lang Soldat und wußte, daß man als Soldat auf eigene Faust nichts kann, sondern nur das, wozu man kommandiert wird. Ich dachte mir, anderes wird der Engländer auch nicht machen können, er wurde geschickt und dementsprechend behandelte ich ihn. Wegen meines Verhaltens mußte ich später Rügen seitens der N.S.D.P. Parteileitung einstecken. Am folgenden Tag hörten wir im Wehrmachtsbericht, daß in der betr. Nacht drei Feindflieger abgeschossen wurden.




9. Bf. Buir als Front- später reiner Militärbf. Nov. 1944 - Febr. 45
....a) Entladung von Truppen und Munitionszügen
....b) Beladung von Lazarettzügen
....c) Kriegsgeschehen in Buir und Umgebung

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