Kölnische
Rundschau vom 5. Dezember 1950-
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Riesige
Braunkohlelager in der Voreifel
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Mutungen sind aber noch lange keine
Förderung!
Im Laufe des Jahres 1950 wurde der Boden
westlich und südwestlich der Ville, zwischen Swistbach über
die Erftniederung hinweg bis zum Veybach und zum Neffelbach
systematisch durch Bohrungen abgetastet. Diese Arbeiten, die noch
nicht abgeschlossen sind, geben Anlaß zu mancherlei Deutungen
und Gerüchten. Wir haben unseren Mitarbeiter beauftragt, an Ort
und Stelle Erkundigungen einzuziehen. -
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Eigentlich hat das Gerücht
seine Geburtsstunde erlebt am Tage, da am Weilerswister Berg, dicht
neben dem Sportplatz, ein Bohrturm errichtet wurde. Dieser Bohrturm
wanderte dann in kleinen Strecken weiter nach Süden immer hart
am Hang entlang. Und zu gleicher Zeit sah man überall gleiche
Bohrtürme, im Raum von Zülpich, in der Erftniederung, ja,
selbst in den südlichen Bezirken des Kreises Euskirchen. Dies
genügte schon, um die unsinnigsten Gerüchte zu nähren,
zumal gerade um diese Zeit mit dem Wegbaggern des Dorfes
Bottenbroich begonnen wurde. Man wollte darin einen Anfang sehen.
Was heute mit Bottenbroich geschieht, das wird morgen bei uns
geschehen, dachten viele Überängstliche. Das Wegbaggern
von Bottenbroich, im Frühjahr begonnen, ist heute noch nicht
beendet. Im Augenblick steht noch etwa die Hälfte des Dorfes,
und viele Bottenbroicher werden auch in diesem jahr noch daheim ihr
Weihnachtsfest feiern können.
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Dies mag ein Trost für die
Überängstlichen sein: So rasch frißt sich selbst der
mächtigste Bagger nicht durch das Gelände, und selbst wenn
heute dieses oder jenes Dorf als todgeweiht angesagt
wird, so dürfte - bis zu seinem Verschwinden - noch mancher
seiner Einwohner darüber alt und grau werden. Immerhin, das
emsige Bohren bis an den Rand der Voreifel hat die Gemüter
ebenso stark aufgewühlt wie der Boden.
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Die Bohrleute schwiegen,
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sie müssen schweigen, und
gerade dieser Umstand gab den Gerüchten neue und willkommene
Nahrung. Wenn so geheimnisvoll getan wird, dann stehen große
Ereignisse unmittelbar bevor, sagte man sich. Es gab kühne
Hoffnungen, die schon große Brikettwerke und Kraftwerke vor
den Toren wachsen sagen, dort, wo vorläufig nur die geradezu
vorzügliche und ergiebige Zuckerrübenernte 1950 wuchs.
Diese Bohrungen wurden in Wirklichkeit planmäßig
unternommen, um einmal endgültig und sicher die
Braunkohlevorkommen kartenmäßig festzulegen. Es ist kein
Geheimnis, daß die Braunkohlegruben der Ville und auch die
Gruben im Dürener Revier nicht unerschöpflich sind. Aber
wo Braunkohle ist, da muß Braunkohle in der Nachbarschaft
sein. Es fragt sich nur, ob die Vorkommen so flach liegen, daß
sie im Tagebau gewonnen werden können, ober ob der Untertagebau
notwendig wird, genau wie bei der Steinkohle. Die Bohrungen, deren
Ergebnis geheimgehalten wird, geben hierüber ein genaues Bild.
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Ergänzungsfoto:
Bagger 293 im August 1998 in der Nähe von Burg Reuschenberg bei
Elsdorf
Vorbereitung des Tagebaus - Abtragung von Humusboden und
Strauchwerk -
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Das Tiefbauverfahren wird ja für
Braunkohle erst erprobt. Man weiß, daß die
leergeförderten Steinkohleflöze mit Steinen ausgefüllt
werden müssen und mit sonstigem Abraum, um ein Nachrutschen der
Erdschichten und damit Schäden an der Erdoberfläche zu
verhindern. Bei der Braunkohle werden diese entstehenden Hohlräume
der ausgekohlten Flöze viel größer sein, weil die
Braunkohlenflöze bedeutend mächtiger sind als die
Steinkohlenflöze. Diese Hohlräume mit Abraum wieder
auszufüllen, ist ein Problem, das man ohne Zweifel eines Tages
meistern wird. Immerhin, es ist noch ein weiter Weg bis zum
Braunkohlenuntertagebau, und vorerst schälen und fressen noch
immer die Bagger im Tagebau und finden ihr Futter für viele
Jahre sowohl am Vorgebirge als auch im Dürener Raum.
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Ergänzungsfoto:
Untertageabbau im Versuchsstollen bei Morschenich, südlich von
Elsdorf
( mehr Informationen hierzu unter: WISOVEG-Geschehen
in Elsdorf )
Foto:
Rheinbraun AG - Zentralarchiv - Schloß Paffendorf, 50126
Bergheim
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Jede Spekulation ist aussichtslos
Die Braunkohlenleute lassen sich nicht in ihre Karten
schauen, das ist ihr gutes Recht. Es mag da manchen Grundbesitzer im
jetzt durch Bohrungen abgetasteten Gebiet geben, der nach einer
schlaflosen Nacht das berühmte Ei des Kolumbus gefunden zu
haben glaubte. Wenn die Leute hier nach Braunkohle bohren, mag er
sich gesagt haben, dann gibt es hier auch Braunkohle. Und darin mag
er recht haben, denn die Flöze reichen tatsächlich bis
dicht vor Nideggen, sie reichen weiterhin über Euskirchen
hinweg nach Süden. Der Raum von Zülpich steht auf
Braunkohle, die Stadt selbst zwar nicht, denn der 130 Meter tiefe
Brunnen in der Zülpicher Burg läßt keine
Rückschlüsse auf vorhandene Braunkohle zu. Wenn also die
Stadt Zülpich selbst auf Braunkohle stehen sollte, dann liegen
diese Flöze sehr tief, so daß sie nur im Untertagebau
erschlossen werden könnten. Die gleiche Feststellung gilt für
Euskirchen und den Raum südlich davon bis an den Rand der
Voreifelerhebungen bei Stotzheim und Niederkastenholz.
Um auf
den schlauen Grundbesitzer zurückzukommen: Sobald hier
geschürft wird, mag er denken, werde ich ein Mutungsrecht
beantragen, Muten heißt ja weiter nichts als den Untergrund
nach Mineralien absuchen. Jeder unbescholtene Bürger hat das
gute Recht, solch ein Mutungsrecht zu beantragen, und er bekommt es
auch ohne Schwierigkeiten, denn der Grundstückseigentümer
hat das Vormutungsrecht. Sobald ich dieses Mutungsrecht vom
Oberbergamt habe, mögen die Braunkohlenleute um mich herum
baggern und wühlen, ich bleibe sitzen, wie auf einer Insel und
diktiere meine Preise. So der Schlaue. Aber es sei in aller
Deutlichkeit gesagt,
diese Mutungsrechte sind bereits
vergeben
und seit Jahrzehnten in festen Händen, so
daß jede Spekulation eine Fehlspekulation bleiben wird. So ist
die Mutung im Raume Zülpich in Händen der Rolff-KG, die
Mutungsrechte nördlich Euskirchen hat die Bubiag
und südlich Euskirchen die Braunkohlen- und Brikettwerke
Roddergrube AG. Diese drei bekannten Braunkohlenunternehmen
werden also diese im Laufe des Jahres 1950 festgestellten Felder
abbauen.
Wann das sein wird, das weiß noch niemand, und
der Traum von neuen großen Brikettwerken an der Erft wird wohl
niemals greifbare Wirklichkeit werden. Selbst im Fall einer
lohnenden Förderung im abgetasteten Raum werden sich die
Gesellschaften den Neubau von Brikettwerken sparen könne, denn
sie besitzen ja alle ihre leistungsfähigen Werke am Westrand
der Ville, also in Sichtweite der Erftniederung. Die modernen
Großraumloren mit einem Fassungsvermögen von 18 und 36
Tonnen wären durchaus in der Lage, die gesamte Förderung
rasch zu den bereits bestehenden Brikettwerken zu fahren, sehr zum
Vorteil der Bundesbahn.
Aber wie gesagt, bis dahin hat es
noch seine gute Weile. Wer weiß, ob einer der heutigen Leser
der KR schon ein Brikett aus dem Braunkohlenvorkommen der Voreifel
sehen wird! Vielleicht werden erst unsere Kindeskinder die Blütezeit
dieser neuen Braunkohlengegend erleben. Selbst wenn hier einmal im
Tagebau gefördert werden sollte, wird das Gesetz dafür
sorgen, daß der gute Weizen- und Rübenboden der
Erftniederung wieder in die ausgebaggerten Felder kommt. Aber das
ist alles nur fernste Zukunftsmusik. Einen Nutzen aus der Gegenwart
haben nur die Grundstückseigentümer, auf deren Feldern die
Bohrtürme stehen, denn sie bekommen eine recht schöne
Menge Briketts als Entschädigung, und das zählt heute.
P.G. Ettighoffer -
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