Euskirchens Wirtschaft im 19. und 20. Jahrhundert


Von Ludwig Beutin


Die Militärtuchlieferungen


Es trat gerade in dieser Zeit, als der Übergang zur Maschinenarbeit sich anbahnte, auf dem Gebiet des Absatzes ein Ereignis ein, ohne das die weitere Entwicklung nicht zu denken ist, Euskirchen gewann den Anschluß an die staatlichen Bedürfnisse, das heißt, die der preußischen Wehrmacht. Zwar war das schon einmal zu früherer Zeit versucht worden. Im Jahre 1828 hatten 11 Euskirchener Tuchmacher eine Lieferung von 63.000 Ellen Tuch an die Militärverwaltung ausgeführt, aber der Militärfiskus hatte damals plötzlich die schon festgelegten Lieferungsbedingungen verändert, so daß die Weber keinen Vorteil bei dem Geschäft fanden. Erst 1852 erfolgte dann eine neue Bestellung, diesmal mit besserem Erfolg. Seit diesem jahre ist die Lieferung an staatliche und kommunale Stellen zu einer der stärksten Linien in der Euskirchener Entwicklung geworden, die sich mit der technisch-maschinellen verband. Beide zusammen haben der Texitwirtschaft des Platzes das Gepräge gegeben.

Die Massenlieferung schließt eine ganze Reihe von Bedingungen ein. Ein an Mitteln so knapper und in seiner ganzen Verwaltungsweise so genauer Abnehmer wie der preußische Staat bewilligte nur immer die äußersten, durch die Konkurrenz vieler anderer Teilnehmer an den Ausschreibungen gedrückten Preis; anderseits verlangt er höchstmögliche Qualität. Beides zusammen war nur mit scharfer Kalkulation und besonders durch den vollen Einsatz der Maschinentechnik zu erreichen. Und da der preußische Staat, wie sich auch auf anderen Gebieten zum Leidwesen der Unternehmer oft gezeigt hat, das Angebot auf dem Markte genau zu beobachten und zu nutzen pflegte, so war der Unternehmer wiederum genötigt, jeden Fortschritt der Technik sogleich anzuwenden, um im Geschäft zu bleiben. Denn bei dieser Art des Betriebes konnte nur die ständig beschäftigte Maschine noch Nutzen abwerfen. Andererseits konnte sie, wenn die immer drängende Frage nach dem Absatz für längere Zeit und für umfangreiche Erzeugung gelöst war, gerade durch die Intensivierung einer Spezialerzeugung zum hohen Nutzen ausschlagen. Das ist in Euskirchen der Fall gewesen, das lange Zeit hindurch sich der Produktion von Militärtuchen mit solcher Eindringlichkeit zuwandte, daß für den zivilen Bedarf nur wenig gearbeitet wurde. Ja, schon während des nordamerikanischen Bürgerkrieges lieferte Euskirchen Uniformstoffe nach den Vereinigten Staaten.


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Entnommen: „650 Jahre - Stadt Euskirchen, 1302 - 1952, Festschrift zum Stadtjubiläum, 1952, Euskirchen


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