Mit Volldampf durch den Kreis - 150 Jahre Eisenbahn - Teil 5



Kreuz und quer mit der eigenen Eisenbahn
Kölner Stadtanzeiger vom 18.12.1985

Der Kreis Bergheim baute in den 90er Jahren fünf Strecken aus

Von Helmut Weingarten


Die erste Strecke der Bergheimer Kreisbahn wurde am 26. Juni 1896 eröffnet und führte von Kerpen über Mödrath nach Frechen. Von hier gab es mit der Frechener Bahn einen Anschluß nach Köln.

Am 24. Januar 1894 beschloß der Kreistag von Bergheim die Erschließung des Kreises durch die Eisenbahn. Schon wenige Monate später, am 26. Mai, beauftragte der Kreis das Stettiner Unternehmen Lenz mit dem Ausbau eines eigenen Kleinbahnnetzes. Zwischen 1896 und 1899 wurden nach und nach fünf Strecken mit einer Gesamtlänge von 62,8 Kilometer in Betrieb genommen.

Über die verkehrsmäßige Erschließung des Kreisgebietes von Bergheim war schon lange vorher ausgiebig diskutiert worden. Es war der damalige Bergheimer Josef Kommer, der das Fehlen einer Eisenbahnverbindung mit der Kreisstadt bemängelte. Er hatte sich schon mit der Aachen-Jülicher-Eisenbahngesellschaft in Verbindung gesetzt, um eine Weiterführung von Jülich über Bergheim nach Köln zu erreichen. Doch was man in Bergheim als eine Notwendigkeit erachtete, stieß bei den preußischen Ministerien in Berlin auf taube Ohren.

Dabei konnten die Bergheimer mit guten Argumenten aufwarten. Durch ihr Kreisgebiet führten bereits zwei große Eisenbahnlinien, einmal die am 6. September 1841 eröffnete Eisenbahn Köln-Aachen mit den Stationen Horrem und Buir (die Station Sindorf wurde erst 1912 eingerichtet), sowie die Linie Neuß-Bedburg-Düren mit den Haltepunkten Elsdorf, Bedburg und Harff.


Das Bild aus den 50er Jahren zeigt das Empfangsgebäude der früheren Bergheimer Kreisbahn Elsdorf-Ost. Vor dem Bahnhof eine Dampflokomotive.
Bilder: Sammlung Perillieux

Querverbindung fehlte

Was fehlte waren Querverbindungen von Nord nach Süd als Zubringer zu den Hauptstrecken. In den Stationsorten hatte man inzwischen auch positive Erfahrungen mit der Eisenbahn gemacht, zog dieses Verkehrsmittel doch Industrieansiedlungen nach sich, und das wiederum wirkte sich günstig auf die wirtschaftliche Lage der Orte aus. Letztlich war auch die Landwirtschaft an dem neuen Transportmittel stark interessiert. Um zu der schon 1883 gegründeten Zuckerfabrik nach Bedburg zu gelangen, blieb nur die zeitaufwendige Beförderung mit Pferd und Wagen.

Wenn trotzdem die Bemühungen um Querverbindungen scheiterten, so nicht zuletzt au finanziellen Gründen. Die Gemeinden waren nicht reich, um die für den Grunderwerb notwendigen Mittel aufbringen zu können. Erst ein am 28. Juli 1892 erlassenes preußisches Gesetzt über Kleinbahn- und Privatanschlußbahnen eröffnete neue Chancen. Dazu kam, daß man mit dem neuen Landrat Otto Graf Beissel von Gymnich auf Schloß Frens einen energischen Verfechter der Eisenbahn gefunden hatte, der dieses Ziel konsequent verfolgte.

Ein entscheidender Schritt zur Gründung eines eigenen schmalspurigen Bahnsystems wurde auf einer Versammlung von Interessenten und einflußreichen Persönlichkeiten des Kreises am 1. Oktober 1893 getan. So kam es zu dem eingangs erwähnten Beschluß vom 24. Januar 1894 und der gleichzeitigen Bereitstellung von 6.000 Mark für die Vorarbeiten eines Kleinbahnnetzes.


In der Mittelstraße in Horrem befand sich der Bahnhof der Kreisbahn. Bis zur Staatsbahn mußte man eine Strecke laufen.

Vorgesehen und letztlich auch verwirklicht wurden die Strecken Elsdorf-Bergheim-Horrem-Mödrath, Benzelrath-Mödrath-Kerpen-Blatzheim-Oberbolheim, Bergheim-Niederaussem-Rheidt-Rommerskirchen, Bedburg-Kirchherten-Ameln und Bergheim-Bedburg.

Bei diesen Linienführungen gaben nicht allein die bestehenden Zuckerfabriken in Bedburg, Elsdorf und Ameln (bei Jülich), sowie die aufstrebende Braunkohlenindustrie den Ausschlag, es bestand auch ein Bedürfnis nach Personenverkehr.

Als Mangel stellte sich schon sehr bald das schmalspurige System heraus. Die Kleinbahn hatte keine tarifliche Sonderstellung gegenüber der Staatsbahn. Es kam hinzu, daß Güter für die Staatsbahn, zum Beispiel in Horrem, umgeladen werden mußten. Bergheim war daher bestrebt, mit seiner Bahn auch auf Normalspur zu fahren. Bis Ende 1904 waren mit zwei Ausnahmen, nämlich Bedburg-Ameln und Frechen-Blatzheim alle übrigen zu normalspurigen, dreischienigen Strecken (Regelspur) ausgebaut. Die beiden genannten Strecken folgten 1912.

Betrieben bzw. gebaut wurde das Bergheimer Bahnnetz zeitweise von der Westdeutschen Eisenbahngesellschaft sowie der Vereinigten Westdeutschen Kleinbahnen Aktiengesellschaft in Köln. Sie verkaufte im jahre 1907 für 1,6 Millionen Mark die ihr gehörenden Bahnbestandteile und einrichtungen an die Kreisbahn.


Um 1900 baute die Kreisbahn in Bergheim den Lokschuppen mit Wasserturm. Das Bild entstand in den 50er Jahren.

Positive Bilanz

Mit der Entwicklung der Kreisbahn war man in Bergheim mehr als zufrieden. Die Beförderungszahlen im Güterverkehr konnten sich sehen lassen, und auch im Personenverkehr war eine positive Bilanz zu verzeichnen. Im Jahre 1906 konnte man einen Überschuß von über 300.000 Mark erwirtschaften.

Zu dieser Zeit hatte sich das Streckennetz auf 66,7 Kilometer ausgeweitet. Sindorf und Harff waren Stationen geworden, und von Frechen-Benzelrath konnte man bis Nörvenich fahren.

Der preußische Staat blieb bei dieser guten Entwicklung nicht im Abseits. Am 1. Januar 1913 wurde die Bergheimer Kreisbahn verstaatlicht.

Zu Teil 6 der Serie
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