Busse sollen künftig im Takt durch den Erftkreis fahren
Kölnische Rundschau vom 2. August 1997



Entfällt dank merkbarer Abfahrtzeiten bald der lästige Blick in den Fahrplan?
Von Michael Klein



Erftkreis. Am liebsten würde Joachim Gottschalk gleich richtig loslegen. Doch der Geschäftsführer der Rhein-Erft-Verkehrsgesellschaft (REVG) muß warten - auf die „S 13“. Wen die geplante Bahnverbindung auf der Köln-Dürener Strecke im Jahre 2001 endlich kommt, dann könnte auch Gottschalk seine Vision vom neuen, modernisierten Nahverkehr im Erftkreis in die Tat umsetzen: Behördentechnisch ist dann die Endstufe des Nahverkehrsplans für den Erftkreis erreicht.

Was die Kommunen im Kreis dann erwartet, dürfen sie in einem Vorgeschmack schon ab dem kommenden Jahr erleben - vorausgesetzt die Kommunalpolitiker geben das nötige Geld dazu. Einer Revolution im öffentlichen Personennahverkehr komme die Erneuerung des Omnibusnetzes im Kreis gleich, sagt Gottschalk auf Befragen. Daß er nicht übertreibt, wird beim Blick in die Pläne klar, die Verantwortliche in Kreis und Kommunen demnächst beschäftigen werden.

Fahrplangucken ist ab 1998 passé: Nach dem Vorbild des integralen Taktverkehrs der Deutschen Bahn sollen Busse kreisweit künftig zu merkbaren Zeiten die Verknüpfungspunkte in den Städten anfahren, die gleichzeitig im Zeitraum von zehn Minuten Anschlüsse in alle Richtungen gewährleisten. Bis hin zum 20-Minuten-Takt in der Spitze soll das Angebot gehen, in den Abendstunden und am Wochenende würden mehr Busse fahren als bislang.

Zu schön um wahr zu sein, mögen geplagte Fahrgäste denken, die das Fehlen attraktiver Nord-Süd-Verbindungen im Erftkreis kennen. Doch wenn die Politiker mitmachen, werden diese ab kommendem Jahr bis 2001 ebenso schrittweise verbessert wie die Ost-West-Relationen. Eine bessere Ereichbarkeit der Städte untereinander und eine bessere Anbindung an die Schienenstrecken will Gottschalk mit den Buslinien 960, 980 und 990 bereits in der ersten Stufe des Nahverkehrsplans erreichen.

Sie würden den überörtlichen Nahverkehr zwischen Brühl, Bergheim, Erftstadt, Hürth, Frechen, Kerpen, Pulheim und Wesseling „gestrafft“ abwickeln. Das heißt: Die Busse erschließen zwar nach wie vor Siedlungen in den Kommunen, aber nicht mehr im bisherigen Umfang.

Dadurch werden die Fahrzeuge schneller, und die Kommunen sind aufgefordert, die Versorgung der örtlichen Verkehre in die Hand zu nehmen. Die Stadt Hürth ist mit der Einführung des Stadtbusses ab Ende September dieses Jahres dabei der Vorreiter im Kreis.

Doch mit dem Argument der Finanznot wurden im Erftkreis schon mache Träume vom attraktiven Nahverkehr beerdigt - zuletzt der Brühler Stadtbus. 2,9 Millionen Mark zusätzliches Defizit im Jahr würden die kreisweiten Nahverkehrspläne den Kommunen ab 2001 bescheren.



Die Einstiegshürde verringern will die Verkehrsgesellschaft des Kreises mit dem neuen Buskonzept, dessen erster Teil 1998 umgesetzt werden könnte. Der mögliche Effekt: Umständliches Fahrplangucken wäre dann überflüssig, dank der erwarteten Akzeptanz des Systems bei den Fahrgästen könnten die Staus auf den Straßen im Erftkreis insbesondere in Spitzenzeiten abnehmen. Nach dem Vorbild des integralen Taktverkehrs der Deutschen Bahn sollen Busse kreisweit künftig zu merkbaren Zeiten die Verknüpfungspunkte in den Städten anfahren, die gleichzeitig im Zeitraum von zehn Minuten Anschlüsse in alle Richtungen gewährleisten.

Allerdings: Bei entsprechendem Marketing, dem das Angebot in der Praxis standhält, sinken die Belastungen durch eine höhere Akzeptanz der Fahrgäste. Bernhard Hadel, Aufsichtsratsvorsitzender der REVG und als Kämmerer der Stadt Wesseling mit Finanzen vertraut, rechnet die bisherigen Einsparungen der Kommunen durch die Gründung der Kreisverkehrsgesellschaft vor. Er verschließt sich aber nicht dem Argument, daß auch der Kreis künftig einen Teil der Lasten schultern könnte, die zur Zeit zu 100 Prozent von den Städten aufgebracht werden. Andererseits gibt Hadel zu bedenken, daß gerade die Wünsche aus den Rathäusern an den Nahverkehrsplan gegenüber der Vorgabe der Kreisverwaltung zu einer Defizitsteigerung von 16 Prozent führten.

Kommunen und Kreis kommen nicht umhin, demnächst Farbe zu bekennen. Der Gesetzgeber hat ihnen durch die Regionalisierung des Nahverkehrs eine neue Aufgabe zugewiesen, je nach Blickwinkel auch eine Gestaltungsmöglichkeit eröffnet. Zwar spricht Hadel in dem Zusammenhang der Verluste, die Busse und Bahnen einfahren, doch er kennt auch die verschiedenen Geldtöpfe in Bonn und Düsseldorf, mit deren Hilfe die Kommunalpolitiker einen attraktiven Nahverkehr finanzieren könnten.



Neue Firmen-Struktur
REVG gibt jetzt alleine den Ton an

mkl Erftkreis. Teil der Pläne zur Neustrukturierung des Nahverkehrs im Erftkreis ist auch die Reformierung der Rhein-Erft-Verkehrsgesellschaft (REVG). Sie wird zum einzigen Verkehrsunternehmen im Kreis und übernimmt das gesamte Busliniennetz im Erftkreis (ohne KVB-Linien). Das Busunternehmen RVK (Regionalverkehr Köln) soll künftig als Serviceunternehmen Busleistungen an die REVG verkaufen.

RVK und REVG wollen ihre Zusammenarbeit intensivieren: Beide Unternehmen bringen alles Linien in die Gemeinschaftskonzessionen ein, das heißt: Die REVG wird Mitkonzessionär auf allen RVK-Linien und umgekehrt die RVK auf allen REVG-Linien. Die Betriebsführung für alle Linien im Erftkreis geht auf die REVG über. Die RVK wird für diese Linien Auftragsunternehmen und schließ mit der REVG einen zehnjährigen Vertrag über die Bereitstellung der Leistungen ab.

Dadurch bleiben zwar weitere Anbieter außen vor, doch die REVG will zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Als Miteigner der RVK kann sie im Verein mit anderen beteiligten kommunalen Vertretungen Einfluß auf die Geschäftspolitik nehmen und damit etwa verhindern, daß die RVK marktunübliche Preise verlangt. Sie kann der RVK auch Aufträge entziehen - wenn sich zum Beispiel eine Strecke nicht mehr rentiert. Andererseits soll die Übereinkunft ausschließen, daß weitere Anbieter sich die lukrativen Linien herauspicken und diese zu Dumpingpreisen für die REVG fahren bzw. der Standard des Angebots und der Sicherheit durch Billigfirmen sinken.



Nahverkehrsplan
Die Politiker sind am Zug

Von Michael Klein

Mit Schwimmbädern läßt sich Staat machen. Das dachten einst die Politiker in Stadt und Land und ließen fleißig bauen. Sie kurz vor Wahlen freilich zu eröffnen, das machte schon etwas her. Heute werden Bäder geschlossen.

Gebäude sind sichtbar, manchmal vorzeigbar - und stehen deshalb inder Gunst desjenigen, der um die Stimmen der Wähler ringt. Busse und Bahnen haben es schwerer: Über ihnen weht kein Richtkranz, mit ihnen läßt sich kein Denkmal setzen, und das Stadtbild verändern sie auch nicht nachhaltig.

Bemerkenswert ist, daß die Kommunalpolitik in Hürth trotzdem unisono Busse und Bahnen in Fahrt bringen will. Im September startet dort nach sensationell kurzer Vorlaufzeit der erste Stadtbus im Erftkreis, und keine Partei würde es wagen, der geplanten Verlängerung der Stadtbahn ins Zentrum der Stadt zu widersprechen. Die geordnete Finanzlage Hürths ist nicht der einzige Grund für diesen Kurs: Welchem Kämmerer würde es nicht gelingen, das Geld im Haushalt so umzuschichten, daß anstelle von Bus- und Bahnförderung etwa ein neues - vorzeigbares - Volkshochschulgebäude errichtet und unterhalten werden könnte? In Hürth wird nicht der Stadtbus beerdigt, sondern das Bauwerk auf Eis gelegt.

Nicht auszuschließen ist, daß die Parteien dort erkannt haben, daß Wähler auch Komfort im Alltag zu schätzen wissen. Diese Beweglichkeit muß sich im ganzen Erftkreis durchsetzen, damit der Nahverkehrsplan nicht schwimmhallengemäß baden geht. Die Politiker sind am Zug.



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