Erlebnisse eines Buirer Eisenbahners in seiner 50-jährigen Dienstzeit
von Peter Müllenmeister




20. Nachtrag: Mein erster Urlaub als Soldat (Weihnachten 1916) und dessen Nachwirkungen in meiner späteren Eisenbahndienstzeit




Nun möchte ich noch schildern, wie ein kleiner Anlaß mir in vielen Jahren Schwierigkeiten bereitete.

Mein erster Urlaub als Soldat Weihnachten 1916.

Am 16. Nov. 1916 wurde ich zum Kriegsdienst einberufen und war mit 5 Buirer Schulkameraden in einem Rekrutendepot in Köln, Cäcilienstr. Auf dem Kölner Neumarkt waren Antreten, Abmarsch und Apelle. Es bestand allgemeine Urlaubssperre. Acht Tage vor Weihnachten 1916 hieß es: „Für alle, die höchstens 15 km von Köln entfernt wohnen und ohne die Eisenbahn zu benutzen den Heimatort erreichen können, kann ein Urlaubsantrag gestellt werden. Wir 5 Buirer und 2 Kameraden aus Manheim beantragten Urlaub. Wir sagten uns, wir fahren mit der Straßenbahn von Köln bis Benzelrath, von da mit der Nebenbahn über Mödrath nach Blatzheim und von da die 5 km bis Buir zu Fuß. Unser Urlaub wurde genehmigt, wir waren Heiligabend zu Hause. Am vierten Tag danach mußten wir wieder bei der Truppe sein. Die Rückfahrt geschah in gleicher Weise. Der Winter 1916/17 war sehr kalt, fast täglich 10-15 Grad Kälte. Von Nov. 16 bis März 17 war die Kölner Gegend ununterbrochen eine Schneelandschaft. Als Soldat wurden wir beim Hinlegen in den Schnee zwar naß, aber unsere Uniform wurde nicht schmutzig, so daß wir die blanken Knöpfe der Uniform leicht putzen konnten.

Am zweiten Weihnachtstag war ich zum Bf gegangen, um eine Auskunft zu holen. Bei dieser Gelegenheit traf ich meinen früheren Chef, den Bahnmeister J aus Düren, der wegen einer techn. Störung in Buir zu tun hatte. Er empfahl mir, am nächsten Morgen mit dem in Buir wohnenden Rottenmeister auf dessen Sammelfahrkarte zum Büro nach Düren zu kommen, um einige Formalitäten zur Werkzeugübergabe nachzuholen, die wegen meiner kurzfristigen Einberufung unterblieben waren. Ich sagte zu und fuhr als Soldat mit dem Rottenmeister nach Düren. Wir gingen gemeinsam bis zum Westende des Bahnsteiges auf Bf Düren. Dann mußten wir quer über die Gleise gehen, der Rottenmeister zu seiner Rottenbude und ich über die anschließende Brücke zum Bahnmeisterbüro. Hierbei wurde ich von einem Stellwerksmeister des Stellwerkes Dw Düren angerufen, was ich auf dem Bahnkörper zu suchen habe, er habe Auftrag, meinen Namen festzustellen. Da das Bahnmeisterbüro um diese Zeit noch verschlossen war, ging ich auf einem Seitenweg vom Bahnkörper weg in die Stadt. Es war ein Weg, den ich früher täglich mehrmals gehen mußte. Nachdem ich alles erledigt hatte, holte der Rottenmeister mich ab und begleitete mich bis Buir.

Am dritten Tag nach dem Urlaub mußte ich mich nach der Parole beim Hauptmann melden. Von diesem erfuhr ich, daß ich verbotenerweise auf dem Bf Düren gewesen sei. Der Hauptmann hielt mir eine Moralpredigt und sagte: „Das war ihr erster und letzter Urlaub solange sie hier sind.“ Eine Schilderung des Vorganges wäre zwecklos gewesen, denn es hieß sofort: „Halten sie den Mund“. Der Bahnhofsvorsteher K von Düren, der 12 Jahre Soldat und Feldwebel gewesen war, hatte mich an dem betr. Morgen von seiner Wohnung aus gesehen. Er glaubte, ich sei ein Deserteur oder ein Soldat ohne richtige Papiere. Dem Stellwerkwärter hatte er gesagt, wenn sie mir den Namen des Soldaten nicht übermitteln könne, dann bestrafe ich sie. Meinen Namen hat er durch einen Angestellten der Nachbarbahnmeisterei erhalten, mit dem ich kurz gesprochen hatte.

Am Abend setzte ich mich hin und schrieb dem Bahnmeister in Düren einen ausführlichen Brief über meine Schwierigkeiten in der Komp. wegen der Fahrt nach Düren. Dieser Bahnmeister hat mir später erzählt, er habe mit dem Bahnhofsvorsteher K. heftige Auseinandersetzung gehabt, weil ich aus Gefälligkeit auf seinen Wunsch hin nach Düren zur Bahnmeisterei gefahren sei, mit einem telef. Anruf sei alles geklärt worden. Mein Name war dem Herrn K. später noch in guter Erinnerung. Als ich im Nov. 1918 vom Kriege zurückkam, waren mehrere Leitungsaufseheranwärter vor mir da. Ich sah in dieser Laufbahn kein Fortkommen. Aus diesem Grunde bemühte ich mich 1919 für die mittlere Beamtenlaufbahn und machte ein Gesuch zum Ablegen der Dienstanfängerprüfung. Um diese Zeit war der Bahnhofsvorsteher K. als Personalchef zum Eisenbahnbetriebsamt Düren versetzt worden.

Als ich nach mehreren Monaten nichts von meiner Prüfung erfahren konnte, bei telef. Anfragen nur abgekanzelt wurde, wie es damals bei vielen Militäranwärtern bei der Eisenbahn üblich war, legte ich ein neues Gesuch vor mit der Bitte um Mitteilung, ob und wann ich zur Prüfung zugelassen würde. Nach einiger Zeit hatte ich ein Gespräch am Fernsprecher mit dem Sachbearbeiter Herrn K, der mich dem Namen nach gut kannte in einer anderen Angelegenheit. Hierbei sagte er mir: „Wenn sie nochmal schreiben sollten, dann sorge ich dafür, daß sie nie zur Dienstanfängerprüfung zugelassen werden.“ Zwei Söhne von ihm, mit denen ich gemeinsam im Telegrafendienst in Düren tätig war, hatten längst die Dienstanfängerprüfung abgelegt und bestanden. Ich mußte bis zum Ende des Jahres warten, dann klappte es endlich mit der Prüfung.

Im Jahre 1922 wurde ich als Fahrdienstleiter und Aufsichtsbeamter zum Bf Groß-Königsdorf versetzt. Nach mehreren Monaten sollte ich nach Bedburg versetzt werden. Ich nahm mir den Fahrplan zur Hand und sah, daß von meiner elterlichen Wohnung in Buir vom Bf Buir nach Bedburg schlechte Zugverbindungen bestanden. Um diese Zeit war der Achtstundentag eingeführt worden. Um morgens um 6 Uhr im Dienst zu sein, mußte ich tags vorher mit dem letzten Zug nach Bedburg fahren. Nach dem Spätdienst um 22 bestand keine Zugverbindung mehr mit Buir. Ich wäre gezwungen gewesen, mir in Bedburg ein Zimmer zu mieten, falls ich die Versetzung angenommen hätte. Damals hatte ich als Diätar noch nicht das volle Gehalt und dies war ziemlich klein. Zudem hatte ich für den Lebensunterhalt meiner Mutter, die Witwe war, und 2 schulpflichtige Geschwister zu sorgen. Aus diesem Grunde war ich nicht in der Lage, mir ein Zimmer in Bedburg zu mieten und lehnte die Versetzung ab.

Meinem Vorsteher in Groß-Königsdorf schilderte ich die Gründe für die Ablehnung. Er hatte Verständnis dafür, konnte mir aber nicht helfen, sondern verwies mich an den Personalsachbearbeiter bei dem Betriebsamt Düren, dem mir bekannten Herrn K. Nachdem ich ausgeredet hatte, fuhr er mich an und sagte: „glauben sie, wir würden für sie einen Sonderzug von Buir nach Bedburg einlegen? Sie wären besser nicht zur Eisenbahn gekommen! Entweder sie nehmen die Versetzung nach Bedburg an oder ich melde sie der Eisenbahndirektion Köln als überzählig.“ Ich konnte nichts anderes darauf sagen als: „Dann tun sie Letzteres'“.

Nach einigen Monaten wurde ich zum Entschädigungsbüro der Eisenbahn-Direktion Köln versetzt als Hilfsarbeiter. Durch Tausch mit einem schwerkriegsbeschädigten Kollegen der in Köln-Nippes wohnte, und auf der Telegrafie in Düren beschäftigt war, wurde ich im Frühjahr 1923 wieder nach Düren versetzt.




21. 25- und 40jähriges Dienstjubiläum und Ruhestand

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