Zwangsarbeit - Gezwungenermaßen in der Region Rhein-Erft-Rur


Ausstellung der Arbeitsgemeinschaft der Archivarinnen und Archivare im Erftkreis


In der Zeit vom 14. Juni bis 7. Juli 2002 findet in im Rathaus Bedburg-Kaster eine Ausstellung der Arbeitsgemeinschaft der Archivarinnen und Archivare im Erftkreis statt. Diese Ausstellung ist im Rahmen der AG als eine Wanderausstellung vorgesehen, die rundum in allen Rathäusern der Nachbarkommunen zu sehen sein wird. Die genauen Termine sind den jeweiligen Aushängen in den Rathäusern zu entnehmen.

Im unmittelbaren Zusammenhang mit den Wisoveg-Themen um das Bahngeschehen von Bedburg standen Diskussionen von Eisenbahnfreunden über den Verlauf der ehemaligen Strecke bis „hinter die Kieskuhl“, die keine befriedigende Antwort brachten. Man stieß direkt auf eine Mauer des Schweigens oder auch mehr Unwissen der Bewohner. Somit war der Artikel „Die Organisation Todt“ von Uwe Depcik im gemeinsam herausgebrachten Buch der AG der lang ersehnte Beitrag über den Sinn und Zweck der auf einer Luftaufnahme entdeckten Anschlußstrecke zur Kriegsproduktionswerkstatt Bedburg der Organisation Todt, OT.

Die einzelnen Beiträge von „Zwangsarbeit Gezwungenermaßen“ beleuchten das spezielle Gefangenenproblem der jeweiligen Stadt, bzw eines bestimmten Betriebes im Rheinland, und gehen in ihren Einzelheiten auf die Problematik der Gefangenen selbst und der damaligen Zeit ein. Historische Sachverhalte werden unter humanitärem, wirtschaftlichen und politischen Hintergrund sehr gut dargestellt:

Gabriele Scholz, Martina Zech
Gezwungenermaßen
Zwangsarbeit in der Region Rhein-Erft-Rur
Susanne Harke-Schmidt
„Bei Landwirten ist der gemeinsame Tisch nicht gestattet.“
Zwangsarbeit in der Kerpener Landwirtschaft
Ursula Froitzheim
Arbeitseinsatz in der Industrie
Fremd- und Zwangsarbeiter in Wesseling
Manfred Coenen
Ausländerbeschäftigung und Zwangsarbeit in der rheinischen Braunkohlenindustrie
Uwe Depcik
Die Organisation Todt
Bunkerbau in Bedburg
Karola Fings
In der Zentrale des Terrors
Disziplinierung und Verfolgung von Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen durch die Kölner Staatspolizei
Hans J. Domsta
Fremdarbeiter und Kriegsgefangene in Düren
Aus zeitgenössischen Tagebüchern und Berichten
Bozena Gryczka
Erinnerungsberichte ehemaliger Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Hürth


In den einzelnen Beiträgen werden nicht nur die jeweiligen kommunalen Probleme und Situationen beschrieben, sondern allgemein auch auf die damalige Zeit des Zwanges und den Hintergrund des Hohlkopfregimes eingegangen, welches qualifizierte Arbeiter an der Front verlor und diese durch Zwangsarbeiter in der Heimat auszugleichen versuchte.

In der Eröffnungsrede von Uwe Depcik im Rathaus Bedburg-Kaster wurden von ihm einige Einzelheiten über die damalige Zeit einführend erläutert. So waren im Raume Bedburg über 2.000 Personen beschäftigt, wie dies den Meldekarteien des Archivs zu entnehmen war. Kurzfristig wollte man noch im Jahre 1944 mit über 4.000 Personen durch verstärkte Anstrengungen das Projekt weitertreiben. Die Zwangsarbeiter wurden durch Kriegsgefangene verstärkt, die von den Nationalsozialisten als Zivilgefangene bezeichnet wurden.

Polen, Russen, Italiener, Franzosen, Holländer, Belgier, Ukrainer und andere Nationen, je zur Hälfte Frauen und Männer kamen dabei im OT-Gelände zum Einsatz. Teilweise wurde von den Nazis planmäßige Verschleppung durchgeführt. Man verhaftete von der Straße weg einfach die Dorfbevölkerung und verfrachtete sie in Eisenbahnwaggons. Dort standen schon Beschäftigte des Arbeitsamtes mit Meldekarten bereit und rekrutierten die Arbeiter ab 16 Jahren aufwärts. Zwangsarbeiter galten bei den Nazis als Kriegsbeute.

Zwangsarbeiter gab es seinerzeit überall: In Betrieben, auf dem Feld, in der Nachbarschaft von Lagern, in Unterkünften, in geschlossenen Formationen auf dem Marsch durchs Dorf zur Arbeit. Niemand der Bewohner kann eigentlich sagen, er wüßte nichts davon. Für die Zwangsarbeiter gab es ständige Regelmentierungen:
1. Feste überhöhte Arbeitszeiten
2. Verbot des Besuchs von Veranstaltungen
3. Verbot der Benutzung eines Verkehrsmittels
4. Ausgehverbote
5. Kontaktverbote
6. Tragen von deutlich sichtbaren Aufklebern „OST“ oder violettes „P“ auf gelbem Grund für Polen
7. Pflichtenkataloge

Es gab drastische Strafen, auch für die deutsche Bevölkerung bei Kontakten mit Zwangsarbeitern. Freizeit, Sexualkontakte, Medizinische Betreuung, Seelsorge, Eheschließung und Geburten: Alles wurde überwacht, regelmentiert und bei Verstoß schwer bestraft. Nach dem Kriege kam es für einige Gefangene, wie Polen und besonders schlimm Russen zu Problemen in der Heimat, da sie von Stalin als Verräter deklariert worden waren. Hierzu gab es von den Alliierten sogenannte DP-(displaced persons)-Camps, in denen sie aufgefangen wurden. Ein besonderes Problem, welches bis in die heutige Zeit reicht, sind die Entschädigungen an solche ehemaligen Zwangsarbeiter, die oftmals nicht den Nachweis für ihre Gefangenschaft bringen konnten, sowie Gesetze, Verordnungen, Sprachprobleme und komplizierte Abwicklungsverfahren.

Einige der obigen Angaben wurden aus dem Ausstellungskatalog entnommen und zu den mündlichen Darlegungen ergänzt.

Noch eine kurze Übersicht über die Gesamtsituation zum o.g. Themenbereich:
1. Mehr als 13 Millionen Zwangsarbeiter im Kriege
2. 10,3 Millionen Zwangsarbeiter nach Kriegsende
3. 1,04 Millionen Zwangsarbeiter 1946

Besonders für den Besucher der Ausstellung gleichermaßen ergreifend und interessant: Die Briefe und Erinnerungen ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, Fotografien und Zeitzeugnisse in den Vitrinen und an den Tafeln der Ausstellung. Am Schluß bleibt einem die Ohnmacht solchen Ereignissen gegenüber, aber auch die kleinen Informationen und Gespräche, die man sich von von dieser Ausstellung erhofft hat.


*) Texte, Bilder, Hinweise und Ergänzungsmaterial gesucht

H.K. 15.6.2002


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