Aus Revier und Werk
Zeitschrift für die Betriebe des Rheinischen Braunkohlebergbaus - Heft 37 - Oktober 1957
Braunkohlen und Briketwerke Roddergrube AG

Lößlehmgruß aus Frimmersdorf

Die 31 km lange „Revier-Sammelschiene“ wurde zum erstenmal durchgehend befahren.

Tage zuvor war man am letzten Gleisabschnitt Auenheim - Frimmersdorf in fieberhafter Tätigkeit, um den gesetzten Termin einhalten zu können. Gleiskolonnen und Fahrleitungskolonnen bauten im Einschnitt zur Kippe Vollrath noch die letzten Weichen und Kreuzungen ein. Fast 200 Mann waren an diesem Brennpunkt eingesetzt. So gelang es denn auch, die Streck am 15. August betriebsfertig zu haben.


Die Umformerlok Nr. 101, mit Tannengrün und Fähnchen geschmückt

Schon am Morgen dieses Tages stand ein mit Lößlehm beladener 6-Wagen-Zug in Frimmersdorf Westfeld startbereit. Dieser Lößlehm war zur Rekultivierung in der Grube Gotteshülfe bestimmt. - Hier nun ein Bericht über die Fahrt:

10.00 Uhr - Die Frimmersdorfer Umformerlok Nr. 101 fährt in das Westfeld ein und setzt sich vor die bereitstehenden Wagen. Sie wird mit Tannengrün und Fähnchen geschmückt. Vorn prangt groß ein Schild: „Erster Lößlehmgruß aus Frimmersdorf.“

10.10 Uhr - Die Lok ist angekuppelt und setzt sich in Richtung Auenheim in Bewegung. Die beiden Westfeldbrücken bleiben hinter uns. Lokführer Schlömer bedient die Lok und sieht den Dingen, die da noch kommen, mit Spannung entgegen.


Lokführer Schlömer bedient die Lok

10.15 Uhr - Wir fahren nun durch den Bahnhof Frimmersdorf. Rechts von uns liegt der große Grabenbunker für das RWE-Werk Nr. 2. Der zweite Teil dieses Bunkers ist noch im Ausbau. Links zieht das Stellwerk Frimmersdorf vorbei. Hinter dem Stellwerk liegt das neue RWE-Kraftwerk 2 mit 500 MW installierter Leistung.


Das Stellwerk Frimmersdorf

Langsam fahren wir durch den Einschnitt zur Kippe Vollrath. Bis Auenheim dürfen 25 km/h Fahrgeschwindigkeit nicht überschritten werden. Der Zug fährt auf dem schon geschotterten Vollgleis. Rechts Betonmasten mit Kettenwerk-Fahrdrahtaufhängung und Gewichtsnachspannung; linker Hand das noch provisorische Leergleis mit Anklemmasten.


Einschnitt zur Kippe Vollrath

10.22 Uhr - Die Einfahrt zur Kippe Vollrath ist erreicht. Vor uns liegt nun das Bahnstrom-Umspannwerk 25/6 kV, Kippe Vollrath; links die mit Pflugrückern aufgeschüttete Hochkippe.


Die Einfahrt zur Kippe Vollrath

Bei der Einfahrt haben wir leider Pech. Durch einen zu schwach gespannten zulaufenden Fahrdraht wird der vordere Stromabnehmer der E-Lok seitlich an den Bruchhölzern umgeknickt. Meister Mäcke und Bergrat Greßmann betrachten etwas skeptisch den Bruch. Aber schnell werden Ersatzhölzer herbeigeholt und der Stromabnehmer repariert.


Betriebsführer Busch, Dipl.-Ing. Neitzert, Dipl.-Ing. Rauch und Bergrat Greßmann

Ganz in der Nähe unterhalten sich die Fahrleitungs-Obermonteure. Nach ihrem zuversichtlichen Lächeln zu urteilen, wird es wohl jetzt ohne Panne weitergehen.


Die Obermonteure Kaiser von BBC (links) und Vogel von der Nord-Süd-Bahn

12.20 Uhr - Endlich setzt der Zug sich wieder in Bewegung. Fast ein Dutzend Über- und Unterführungen passieren wir bis Auenheim.

Immer noch ist die Strecke eingleisig. Am Stellwerk Neurath wechseln wir auf das linke Gleis. Rechts schiebt sich, von Auenheim kommend, schon das zweite Gleis vor. Schwellen und Schienen werden montiert.


Im Gebiet von Fortuna-Nord

12.45 Uhr - Einfahrt in den Abzweig Auenheim. Hier durchfahren wir das Gebiet Fortuna-Nord. Von rechts kommen die Abraumzüge, um auf die Glessener Kippe zu fahren. Die Nord-Süd-Bahn ist von hier aus in ihrem endgültigen Zustand. Deswegen heißt es auch bei uns „Volle Fahrt voraus!“


Der Krupp-Absetzer auf der Glessener Hochkippe

13.00 Uhr - Wir fahren unterhalb der Glessener Kippe vorbei. Linker Hand steht gewaltig der Krupp-Absetzer auf der Hochkippe. Vorläufig fahren wir immer Steigung. Man sieht es am Strommesser des Umformers. Die Fahrdrahtspannung steht eisern auf 6,5 kV. Dann passieren wir die Schaltstation Fischbach.

13.03 Uhr - Endlich haben wir den Gipfel erreicht. Die große Betonbrücke über dem Horremer Tunnel ist der höchste Punkt der Nord-Süd-Bahn: 70 m sind wir von Frimmersdorf aus in die Höhe geklettert. Es ist ein gewaltiger Ausblick von hier oben. Tief unter uns die beiden Schienenstränge der Bundesbahn. Sie liegen nun frei im Einschnitt. Der Tunnel verschwand. Wirklich eine Großtat moderner Abraumförderung.


Der erste Frimmersdorfer Lößlehm wird abgekippt

Langsam klettert jetzt der Kilometerzähler in die Höhe, 60, 70 km/h. Das ist schon eine erhebliche kinetische Energie, wenn man bei dieser Geschwindigkeit über 1000 t hinter sich herschleppt. Ein Zusammenstoß wäre eine nicht auszudenkende Katastrophe. Das Gruseln überkommt einen schon beim bloßen Gedanken daran. Jedoch schließt ein vorzüglich angeordnetes und ausgearbeitetes Signalsystem einen Zusammenstoß fast gänzlich aus. Blockstrecken, Nachahmer und induktive Zugbeeinflussungen helfen dem Lokführer, selbst bei schlechtestem Wetter die Strecke sicher zu befahren.


Blick auf Neu-Berrenrath

13.20 Uhr - Die Schornsteine des Goldenberg-Werks kommen in Sicht. Durch eine enge Kurve gelangen wir über einen Rückstoß zu unserer Abkippstelle. Lastwagen und eine Menschenmenge erwarten uns.

13.30 Uhr - Der erste Wagen wird abgekippt. Wir begrüßen Betriebsführer Schober, der über unsere gute Ankunft sichtlich erfreut ist. Der erste Frimmersdorfer Lößlehm ergießt sich über die Kippe. Zwei Planierraupen stehen startbereit. Eine der Planierraupen hat einen langen, ausziehbaren Schildträger mit einem Flachschaber. Der letzte Rest des Wageninhaltes wird abgeschabt. Auf dem Bild können wir es deutlich sehen.


Eine Planierraupe mit Flachschaber an der Arbeit

Damit wären wir am Ende unserer Voll-Fahrt. Bald darauf verlassen wir Knapsack und treten die Heimfahrt an mit dem Gefühl, wieder einen Abschnitt in der Zusammenarbeit des Rheinischen Braunkohlenreviers hinter uns gebracht zu haben und mit dem Wunsch, daß der Verkehr auf der Nord-Süd-Bahn sich von nun an regelmäßig und sicher abwickeln wird.

H.L.

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