Kölnische Rundschau vom 3. 6. 1950


Der Zinngießer

Schon lange Zeiten ist der Zinngießer aus unserem Dorfbild verschwunden. Er war nur ein- oder zweimal im Jahre Gast und hatte wohl alle Kirmessen in seinem Kalender eingetragen. Kurz vor dem Fest kam er mit seinem Handwägelchen an und meldete seine Ankunft durch Ausruf oder von Tür zu Tür. Das war aber nicht mal notwendig, denn die Kinder brachten es schon gleich rund und kamen mit zerbrochenen Löffeln und Gabeln, durchlöcherten Küchengeschirren usw. angelaufen. Der Mann war ja für sie ein Wundermann! In den Dörfern zwischen Erft und Rur nannte man ihn Zennemetz. Vor der Zeit des Schulzwanges ging er mit seiner ganzen Familie auf Wanderschaft. An einem windgeschützten Plätzchen hinter dem ersten Dorfhaus machte er eine Vertiefung in den Boden, stellte drei Steine drum, und die Feuerstelle war fertig. Der Blasebalg hielt das Feuerchen an. Es war wirklich ein Wunder für die Kinderaugen: Graue, glanzlose Löffel und krumme oder zerbrochene Gabeln warf der Mann in den Topf, goß den glitzernden Brei in Formen und nahm nach einer Weile blitzblankes Eßgeschirr heraus! Wie Silber glänzte das in der Sonne! Und wie billig war der Mann! Für wenige Münzen erhöhte und verdoppelte der Zennemetz, Freude, Appetit und Geschmack am Kirmestisch.

Fr.P.K


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