Kölnische Rundschau vom 3. Nov. 1949

Futtertrocknen macht keine Sorgen mehr

Kleine Lektion für unsere Landwirte - Kraftfutter aus Rübenblättern soll Micherzeugung fördern

PC Euskirchen. Es ist bekannt, daß Rübenblätter von den Rindern gern angenommen werden, besonders wenn sie einen gewissen Gärungsgrad erreicht haben. Die „Patschkuhlen“ verraten im beginnenden Frühjahr schon weithin durch ihren nicht gerade angenehmen Duft, daß die Stallfütterung nunmehr sehr vorteilhaft mit gesäuerten, vitaminreichen Rübenblättern ergänzt wird. Aber auch die „Patschkuhle“ ist keine endgültige Lösung, und da muß die fortschrittliche Landwirtschaft auf die künstliche Trocknung zurückgreifen. Es gilt ein unbegrenzt haltbares Viehfutter zu beschaffen.
Fachleute haben errechnet, daß beim bisher geübten Einsäuern der Rübenblätter in Erdmieten ungefähr die Hälfte des Stärkewertes verloren gehen, dazu noch mehr als die Hälfte des verdaulichen Eisweißes, worauf es ja

für die Milcherzeugung

in erster Linie ankommt. Die künstliche Trocknung aber entzieht dem Blatt nur das Wasser, beläßt ihm dagegen alle Nährstoffe. Ein solches Trockenfutter ist unbegrenzt lagerfähig, nimmt wenig Raum ein und läßt sich leicht transportieren. Aber nicht nur Rübenblätter eignen sich für die Trocknung, sondern auch alle anderen Futterarten.



Schon im April kann man mit dem Eintrocknen von Futterraps beginnen, soweit man ihn nicht als sofortiges Grünfutter verwendet. Im Mai kommt dann der Klee an die Reihe. So wie er geschnitten wird, unabhängig vom Wetter, läßt man ihn durch die Trockenanlage laufen. Im Juni sind es dann die Wicken, die anderen zahlreichen Eiweißfutter und das erste Gras. Keine Trocknung mehr im Freien, bei unbeständigem Wetter,

keine Sorge mehr,

ob das Heu gut eingebracht werden kann. Jeder Monat bringt eine Sonderheit an Viehfutter bis zum Blatt der Zuckerrübe. Und in keinem Falle braucht irgendein Verlust eingerechnet zu werden; die künstliche Trocknung erhält die Futterernte voll und ganz.

Aber nicht nur Viehfutter kann künstlich getrocknet werden, sondern auch noch feuchteingebrachtes Getreide. Wir haben es ja oft genug erlebt, daß die Garben im Dauerregen stehen mußten, dann wochenlang nicht mehr richtig trocken wurden und schließlich anfingen auszuwachsen. Diese Verluste können mit der künstlichen Trocknung vermieden werden. Dadurch spart man Zeit, Lagerraum und immer wieder Geld. Aber es ist selbstverständlich, daß eine solche Anlage nur im Großbetrieb gehalten werden kann, dort aber auch für den mittleren Bauernbetrieb mittrocknet.

Unter den verschiedenen Systemen der Trocknung hat sich die

Trockenmaschine „Loktrock“

der Firma Heckmann Langen (Breslau) bestens bewährt. Eine solche Anlage steht auf der Staatsdomäne Kleinaltendorf bei Meckenheim.

Man ist zuerst überrascht von der Mächtigkeit dieser Anlage, wenn man die hohe Maschinenhalle betritt, in der dieser Trockner aufgebaut ist. Das Ganze sieht aus wie eine ins Ueberdimensionale gewachsene Lokomotive, daher auch der recht anschauliche Name „Locktrock“. Da ist zuunterst einmal die Feuerung, ein Wanderrost mit einer Heizfläche von fast zwei Geviertmetern, der selbsttätig beschickt wird. Die Rübenblätter müssen zuerst in einer Zerreißmaschine zerkleinert werden, Gras wird vorerst noch gehäckselt. Durch ein riesiges Schneckengewinde wird das Frischgut in die Trockentrommel geführt, dort berieselt und

mit Heizgasen ausgedörrt.

Sie gelangen dann automatisch in die langgestreckte Kühltrommel, von wo aus ein zweites Schneckengewinde das Trockengut ausstößt. Die Trockentrommel allein hat einen inneren Durchmesser von 1,4 Metern und eine Länge von 7 Metern. Dazu kommt noch die ebensolange Kühltrommel.

Es sind langjährige Versuche mit solchermaßen getrocknetem Futter angestellt worden. Einige Ergebnisse: Der Hektar-Ertrag von künstlich getrockneter Luzerne ist gleichzusetzen einem Fütterungswert von 80 bis 100 Doppelzentnern Gerste oder 60 Doppelzentnern Oelkuchen. Bei den Zuckerrübenblättern ist das Ergebnis wie folgt: der Ertrag von einem Hektar ist wertmäßig gleichzusetzen mit 50 bis 60 Doppelzentnern Hafer.

Hoffentlich setzt sich diese segensreiche Einrichtung der Trocknung von Viehfutter durch, denn im Vergleich zum hohen Nutzen, sind und können durch einen einzigen, hundertprozentig geretteten Grasschnitt gut hereingeholt werden.
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