Kölnische Rundschau vom 30. Sept. 1948

In Bedburg geht der Ofen aus

Ziegelei macht Winterpause

„Da hast du aber Glück gehabt, Franz,“ sagt ein etwas behäbiger Mann mit einem pfiffigen Lächeln. Es ist der Besitzer der Ringofenziegelei in Bedburg, Herr Wiemann. Und der die Ziegelsteine aufladende Franz weiß, daß er Glück gehabt hat - genau so, wie wir: nämlich noch den letzten Tag zu erwischen, an dem hier der Brennofen nachgefüllt wird. Man rüstet sich zur großen Winterpause, ehe es im März nächsten Jahres „auf ein Neues“ geht.

Den großen Steinvorräten unter den luftigen Schuppen nach zu urteilen, hat man gut vorgesorgt für den Winter. Und wenn dem Brennofen das Feuer ausgeht, so sieht es nicht aus, als ob das auch Herrn Wiemann passieren könnte.

Wir können zwar nicht den letzten Ziegel (mit einem „Lebendgewicht“ von 6 bis 8 Pfund) in der Hand halten da der Brennprozeß noch einige Zeit länger andauert. Dafür aber erfahren wir etwas über die ganze Ziegelbäckerei, die in dieser Fabrik schon seit 1897 betrieben wird.

Feuerfeste Steine bilden mit ihren Abschrägungen und Rundungen die kaum mannshohen Eingänge zu dem ringförmig angelegten Ofen, in dem bei 1050 Grad die durch Bagger geförderte, von Ziegelpressen aufbereitete, geformte und getrocknete Lehmmasse zu brauchbaren Ziegeln gebrannt wird. Der Brennprozeß kommt mit seinen 12 Tagen verhältnismäßig gut weg gegenüber der „Vorarbeit“, die etwa vier Wochen in Anspruch nimmt. Daß es sich trotzdem lohnt, „Proletarier der Industrie zu sein“ - wie Herr Wiemann die Ziegelbäcker nennt -, beweist die Jahreskapazität von etwa 3,5 Millionen Steinen bei einem Preis von 65 DM pro Tausend. Daß man acht Zentner Kohle für je 1000 Ziegel benötigt, sei erwähnt, weil wir damit gleich in den Braunkohlenwerken sind: dem Hauptabnehmer der Bedburger Ziegelei.

Neben dem 20prozentigen Kriegsschaden an Ringofen und Schuppen sind jährlich kleinere Reparaturen am Ofen auszuführen, weil die durch die Hitze und plötzliche Abkühlung (auf 30 bis 40 Grad) entstehenden Spannungen manchmal zu einem Reißen der Wände führen.

150.000 Steine werden in einem Prozeß gebrannt. Davon holt man täglich 15.000 fertige Steine heraus, und indem man „das Feuer verfolgt“, werden gleichzeitig in kontinuierlichem Rhythmus neue Anwärter auf den Titel „Ziegelstein“ in den Prozeß eingespannt.

25 Arbeiter haben alle Hände voll zu tun, um all die vielen Wünsche nach der so kostbaren Ware zu befriedigen. Wenn Herr Wiemann am Telefon absagen muß: „Wir sitzen so in der Lieferung, daß ich nicht einmal die 300 nebenbei liefern kann.“ so glauben wir ihm das gerne. Und noch rationeller arbeiten? - Hier lehnt man eine künstliche Trocknung ab; denn wenn ein strenger Winter kommt, ist eine künstliche Trocknung unrentabel.

Herr Wiemann hat nicht viel Zeit: Genau eine Viertelstunde haben wir ihn auf seinem Schreibtischsessel festhalten können. Dann erscheint schon wieder jemand, der wissen will, wo der Treibriemen hinkommt.

So gehen wir noch einmal an den großen Schuppen vorbei, in denen Ziegel lagern, mit denen man bis zum Februar auskommen will. Und, wie gesagt, wir glauben an eine Auskommen mit diesem Wintervorrat.

Noch von weitem grüßt uns das breite Dachgewölbe der Ziegelei mit seinem großen Schornstein, der sich wohl sehen lassen kann neben seinem großen Bruder: dem BWB-Schornstein. Manche Ziegel wurden dort gebrannt, die zu einem Haus geworden, wohl zum erstenmal einen Winter überstehen müssen. Einen Winter, für den wir hoffentlich nicht allzuviel künstliche Hitze benötigen, um in etwa eine Vorstellung davon zu haben, wie warm es in einem Ringofen sein muß.

-nst

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