Kölnische
Rundschau vom 29. Januar 1949-
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Der Kreistag
und das Braunkohlengesetz
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Regierungspräsident Dr.
Warsch referierte über die Gesamtplanung im Braunkohlenrevier
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Bergheim, 27. Jan. Zur
ersten Sitzung im neuen Jahre trat der Kreistag in der Aula der
Oberschule zusammen. Im Mittelpunkt der Tagung stand der Vortrag des
Regierungspräsidenten Dr. Warsch (Köln) über den
Gesetzentwurf der Gesamtplanung des rheinischen Braunkohlengebietes.
Die Aula war bis auf den letzten Platz besetzt.
Landrat
Großmann wies nach der Eröffnung über die in letzter
Zeit in der Öffentlichkeit stark diskutierte Frage des
Braunkohlengesetztes darauf hin, daß der ehemals rein
landwirtschaftliche Kreis sich zu einem starken Industriezentrum
entwickelt und dabei ein unschönes Landschaftsbild hinterlassen
habe.
Regierungspräsident Dr. Warsch
legte
eingangs seines Referates Wert darauf, festzustellen: Der
Oberkreisdirektor habe ihn mit Zustimmung des Landrats gebeten, über
den Gesetzentwurf zu der Gesamtplanung im rheinischen
Braunkohlengebiet zu sprechen. Es handele sich dabei nicht um eine
Kampfansage nach irgendeiner Seite hin, sondern um eine rein
sachliche Auseinandersetzung und Aufklärung des Kreistages. Der
Kreistag sei in seiner Meinungsbildung völlig frei und
souverän. Er bleibe bemüht, bei der Besprechung dieser für
die Bevölkerung und die Landwirtschaft des rheinischen
Braunkohlengebietes so überaus dringenden und geradezu
schicksalhaften Materie sich ausschließlich von der eigenen
Pflicht und dem eigenen Gewissen leiten zu lassen.
Dr.
Warsch führte aus, daß die Braunkohle für die
Wirtschaft und für uns selbst lebenswichtig sei. Sie bilde die
Grundlage für die Brikettfabrikation, sowie für die
Energiewirtschaft. Man wünsche nichts sehnlicher, als daß
die Braunkohle mit allen ihren Mitarbeitern einen wirtschaftlichen
Beitrag leiste zu einem allseitig guten Ergebnis im Interesse der
Bevölkerung und der Landschaft.
Auf die historische
Entwicklung eingehend, erwähnte Dr. Warsch, daß seit etwa
30 Jahren die Braunkohle in diesem Gebiet abgebaut werde. Was der
Tagebau für uns bedeute, das sähen wir, wenn wir durch die
Ville führen. Die Umwälzungen dürften noch viel
größer werden, wenn man vom Tagebau zum Tieftagebau
übergehe. Die Zustände auf der Ville seien unhaltbar
geworden. Es gebe eine Reihe von Gruben, die ihre Pflicht nicht
genügend erfüllt und die Landschaft in einen Zustand
versetzt hätten, der in Zukunft nicht geduldet werden könne.
Man habe Städte und Ortschaften, die nach einer Seite völlig
abgeschnitten seien; Straßen seien beseitigt und nach dem
Abbau nicht wieder hergestellt worden. Bottenbroich drohe das
gleiche Schicksal, ebenso dem wertvollsten, wegen seiner
außerordentlichen Fruchtbarkeit im Rheinland bekannten
landwirtschaftlichen Gebiet, der Gillbach. Seit 22 Jahren habe man
versucht, die Dinge zu ändern und ihnen einen gesetzlichen
Rahmen zu geben. In dieser Zeit seien eine Reihe Entwürfe
gemacht worden, aber keiner sei Gesetz geworden. Wenn nun im August
1947 die Abgeordneten Albers, Even und Görlinger dem Landtag
einen Antrag vorgelegt hätten, mit vorbereitenden Arbeiten zu
einem Gesetzentwurf die Kölner Bezirksregierung zu beauftragen,
so sei das nicht aus reinem Parteiegoismus geschehen. Denn hier
handele es sich um
eine wirkliche Volkssache,
um
den Schutz der Bevölkerung und der wertvollen Landschaft.
Nachdem im Auftrag des Wirtschaftsministers die Gründung des
Erftverbandes zur Prüfung der wasserwirtschaftlichen
Verhältnisse durchgeführt sei, wurde dem
Ministerpräsidenten der endgültige Entwurf für das
Gesetz überreicht.
Wie der Regierungspräsident
betonte, sei dieser Entwurf in sehr sorgfältiger und
anständiger Weise - auch gegenüber der Industrie -
ausgearbeitet worden. Er betonte ausdrücklich, daß die
beteiligten Organisationen - wie die Landwirtschaft, die
Gewerkschaften und die Vertreter der beteiligten Kreise - ihre
rückhaltlose Zustimmung hierzu gegeben haben. Nur über die
Zusammensetzung des Braunkohlenausschusses seien einige Bedenken
geäußert worden. Man wolle den Bergbau stärker in
dem Ausschuß vertreten sehen. Auch diesem Wunsche hat man
Rechnung getragen, indem außer einem Vertreter der Bergbehörde
Bonn und drei Vertretern der Braunkohlengewerkschaft und industrie
noch die leitenden Revierbeamten im Bergbau Köln-Süd und
Aachen mit Sitz und Stimme dem Ausschuß zuteilt worden seien.
Die heutige Industrie stehe auf dem Standpunkt, daß
gar kein Gesetz notwendig sei. Die Braunkohlenindustrie sei von ihm
zur Mitarbeit eingeladen worden. Zunächst habe sie sich
abwartend verhalten und nach Abschluß der Verhandlungen
ihrerseits in die Debatte eingegriffen und erklärt:
Wenn
wir auch nach wie vor der Meinung sind, daß es eines
besonderen Gesetzes nicht bedarf, sondern, daß es genügt,
wenn die bestehenden Gesetze, die sicher hier und da eine Lücke
aufweisen, verbessert werden, dann stehen wir anderseits nicht an,
anzuerkennen, daß der von Ihnen (Dr. Warsch - D. Red.) und den
Mitarbeitern gemachte Entwurf eine brauchbare Grundlage darstellt,
auf der mitzuarbeiten auch wir durchaus bereit sind.
Der
Regierungspräsident gab dann durch den § 1 und 2 die
Hauptbestimmungen des Gesetzes und des Durchführungsgesetzes
den Kreistagsmitglieder bekannt, die die Maßnahmen zur
Aufstellung und Verwirklichung des Planes bestimmen, sowie die
Zusammensetzung des Braunkohlenausschusses seien die umstrittensten
Punkte, weil der Bergbau annehme, er sei nicht genügend
vertreten. Der Ausschuß habe nicht die Aufgabe, in den Bergbau
hineinzudirigieren, sondern er solle darüber wachen, daß
die Dinge planmäßig und vernünftig gestaltet werden,
und daß vor allen Dingen anständig rekultiviert werde. Es
müsse eine Gemeinschaftsarbeit sein, wobei selbstverständlich
auch die Interessen der Industrie gewahrt werden müßten.
Dr. Warsch kam auf die Kosten zu sprechen. Nach
Sachverständigen-Gutachten würden die zusätzlichen
Kosten gegenüber den bisherigen Kosten der Rekultivierung 2 bis
höchstens 3 Pfennig pro geförderte Tonne Braunkohle mehr
betragen. Oberster Grundsatz sei: Jeder, er Schaden mache, habe auch
die Kosten für die Beseitigung des Schadens zu übernehmen.
Es könne vorkommen, daß Bergbauberechtigte, nachdem sie
die ganze Kohle abgebaut hätten, und an die Rekultivierung
gingen, nicht mehr leistungsfähig seien, so daß die
Allgemeinheit die Kosten aus dem Steuersoll zu tragen habe. Darum
soll
ein Ausgleichskasse gebildet
werden, die
von der Industrie selbst verwaltet werde. Diese Ausgleichskasse soll
dann in Anspruch genommen werden, wenn der einzelne
Bergbauberechtigte aus irgendwelchen Gründen zur Finanzierung
nicht mehr in der Lage sei.
Dagegen wehre sich nun die
Industrie und versuche, diesen Giftzahn aus dem Gesetz
herauszubrechen. Das könne aber vor der Allgemeinheit nicht
verantwortet werden.
Zum Abschluß seines Vortrages gab
der Regierungspräsident einige Erklärungen über die
Ausschließung des öffentlichen Rechtsweges. Wie die
Presse auf diese Dinge reagiere, sei nicht seine Sache. Ich
habe die Hoffnung, so betonte Dr. Warsch wörtlich, wenn
auch die Schwierigkeiten noch vor uns liegen, wird es zu einem guten
Ergebnis kommen. Ich habe den Glauben, daß eine so gute und
notwendige Sache für unsere Bevölkerung und die Landschaft
über alle großen Schwierigkeiten hinweg im Landtag ihre
Erledigung findet, die der gestellten Aufgabe sicher gerecht werden
wird.
In der anschließenden Diskussion meldeten
sich von der CDU die Abgeordneten Even, Holkot und Esser; von der
SPD: Schmidt und Klütsch, und von der KP: Krings. Sie
unterstrichen die Notwendigkeit und Bedeutung der Gesamtplanung im
rheinischen Braunkohlengebiet. - Auf allgemeinen Antrag beauftragte
der Kreistag den Hauptausschuß, eine Resolution auszuarbeiten
und bei der nächsten Beratung vorzulegen.
Landrat
Großmann verlas zu Punkt 2 der Tagesordnung einen Aufruf zur
Finanziellen Unterstützung der notleidenden Bevölkerung
Berlins. Die Abgeordneten Even (CDU) und Schilbert (SPD)
setzten sich im Auftrag ihrer Fraktionen für eine Unterstützung
ein. Der Antrag, die Aufwandsentschädigung der
Kreistagsabgeordneten als Fonds einzusetzen, fand mit
Stimmenthaltung der zwei KP-Vertreter Annahme.
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