Kölnische
Rundschau vom 28. Mai 1949-
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Brühl-Bergheim:
gefestigte Arbeitslage
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Einstellungsstillstand im
Braunkohlenbergbau - Abneigung gegen Hausarbeit
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Dem sehr aufschlußreichen
Jahresbericht des Arbeitsamtes Brühl-Bergheim können wir
folgende, die breite Öffentlichkeit interessierende Angaben
entnehmen.
In den vom Arbeitsamt betreuten Kreisen Köln-Land
und Bergheim mit rund 230.000 Einwohnern waren von nahezu 130.000
registrierten Personen etwa 4.000 arbeitsunfähig und rd 40.000
Arbeitsbefreite (Hausfrauen, Studenten usw.). Von den aktiv im
Erwerbsleben stehenden waren rund 73.000 Arbeitnehmer, nahezu 8.000
Selbständige und rund 5.000 mithelfende Familien-Angehörige.
Am 31. März d. J. standen rund 77.000 Beschäftigte
im Arbeitsprozeß, davon 17.000 Frauen; die Vergleichszahlen
des Vorjahres mit 69.000 bzw. 15.000 beweisen die größere
Arbeitswilligkeit infolge der zwischenzeitlichen Geldreform.
Die
Bergarbeiterschaft erst an dritter Stelle
Mit über
12.000 Beschäftigten ist die Berufsgruppe der Metallarbeiter in
unserem Bezirk die stärkste; das kaufmännische, Büro-
und Verwaltungspersonal folgt mit fast 11.000 Personen, erst dann
die Bergarbeiterschaft mit über 9.000 Mann. Mit jeweils über
6.000 schließen sich das Verkehrswesen, die Landwirtschaft und
die hauswirtschaftlichen Berufe an, sowie der Stand der
Hilfsarbeiter. Im Bauwesen finden fast 4.000 Männer ihr Brot,
in den chemischen Betrieben über 2.000 Personen, als
Holzarbeiter 1.600, im Nahrungsmittelgewerbe 1.500, als Ingenieure
und Techniker 1.700, ebensoviele im Bekleidungs- und Schuhgewerbe.
Fast 1.000 Männer arbeiten als Maschinisten und Heizer.
Die
Infolge der Währungsumstellung starke Inanspruchnahme des
Arbeitsamtes drückt sich in den
Zahlen der
Arbeitsplatzvermittlungen
aus: 1948 waren es über
20.000 Stellenbesetzungen gegenüber 14.000 im Jahre 1947, dazu
kommen fast 12.000 Wechsel des Arbeitsplatzes und allein im letzten
Vierteljahr 1948 über 1.500 Vermittlungen in andere Kreise.
Die größere Arbeitsbereitschaft nach dem
Währungsschnitt ergibt ein anhaltendes Abnehmen der offenen
Stellen (31.3.49 noch über 1.500); ein großer Teil der
Arbeitssuchenden besitzt jedoch für die noch zur Verfügung
stehenden Arbeitsplätze nicht die erforderliche Eignung;
demzufolge ist ein
langsames Ansteigen der
Unterstützungsempfänger
zu verzeichnen
(31.3.49 insgesamt 416). Die gegenwärtige Arbeitsmarktlage ist
in den einzelnen Berufszweigen verschieden. So leidet die
Landwirtschaft an beträchtlichem Personalmangel, der
hauptsächlich auf die ungünstige Wohn- und Lohnsituation
zurückzuführen ist. Aufnahmefähig waren auch die
Industrie der Steine und Erden (25 % der gesamten deutschen
Steinzeugindustrie befindet sich im Raume Frechen), das
Metallgewerbe und die chemische Industrie. Der bezirkliche
Braunkohlenbergbau kam zu einem Einstellungs-Stillstand, während
das Holz- und Baugewerbe sich nur mit Mühe der Depression
erwehrt. Am kritischsten wirkte sich die Lage für die
Angestelltenberufe aus; dieser Personenkreis hat nur dann Aussicht
auf Besserung der Arbeitslage, wenn durch erhöhte Kaufkraft der
Umsatz aller Verbrauchsgüter eine wesentliche Steigerung
erfährt.
Besondere Anstrengungen wurden zur
Unterbringung der Kriegsbeschädigten unternommen und recht
erfolgreich weitergeführt. Schwierigkeiten entstehen bei der
Unterbringung weiblicher Arbeitslosen;
die verfügbaren
Arbeitsstellen sind nahezu erschöpft,
die
Arbeitseignung der Vermittlungssuchenden ist problematisch, ebenso
verliefen die Versuche der Unterbringung in Männerberufen wenig
günstig. Die Hauswirtschaft hat nach wie vor Bedarf; es kann
von einer gewissen Abneigung gegen häusliche Arbeit gesprochen
werden. Von 46 Bewerberinnen, die innerhalb der Aktion
Nordsee hausangestellte in England werden wollten, haben 20
inzwischen die Überreise getätigt, 24 verzichtet.
Der
Bericht spricht von den Schwierigkeiten bei der bevorzugten
Betreuung weiblicher Flüchtlinge; ihre Berufs- und
Unterbringungswünsche stehen häufig in keinem Verhältnis
zu den bestehenden Möglichkeiten.
Die intensive
Berufsberatung hatte es mit der Zunahme der Ratsuchenden und
Schulentlassungen zu tun. Die Berufswünsche konzentrierten sich
auf das Metallgewerbe, Holzgewerbe, die Landwirtschaft, das
Baugewerbe, Nahrungsmittelgewerbe und die kaufmännischen und
Büroberufe, bei den weiblichen Ratsuchenden auf das
Bekleidungsgewerbe, die hauswirtschaftlichen Berufe und die der
Gesundheits- und Körperpflege (hautsächlich Friseuse!).
Die Bewerbungen bei der Braunkohle überstiegen bei
weitem die Einstellungsquoten,
so daß sich diese
durch die Konkurrenzauslese einen qualitativ hochwertigen Nachwuchs
sichern konnte. Im Rheinbogen ist dagegen seit Jahren das Angebot an
Lehrstellen größer als die Zahl geeigneter Bewerber,
insbesondere im Metallgewerbe, auch im Baugewerbe.
Von
großer Wichtigkeit ist deswegen die rechtzeitige
berufskundliche Aufklärung in den Schulen zur notwendigen
größeren Streuung der Berufswünsche, wie sie jetzt
in dem eingeführten 9. Volksschuljahr zu pflegen ist.
Insgesamt hat sich der Bezirk des Arbeitsamtes
Brühl-Bergheim als arbeitsmarktpolitisch krisenfest erwiesen.
Auch für das kommende Jahr läßt sich eine
befriedigende Prognose für den Arbeitsmarkt stellen.
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