Kölnische
Rundschau vom 29. Juni 1948
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Bedburger
Wolle hilft sich selbst
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Rundgang durch einen
wiedererstandenen Betrieb
- Unser Bild zeigt die aufgeräumte
Halle der BWB
BWB - so lesen wir seit kurzer Zeit auf dem
großen Schornstein der Bedburger Woll-Betriebe. Seit 50 Jahren
- ihr Gründer ist der auf dem Bedburger jüdischen Friedhof
begrabene Kommerzienrat Silverberg - wird hier
Textilfabrikation betrieben. Silverberg war es, der die seit 1860
bestehenden zwei getrennten Betriebe (Wollspinnerei und weberei)
1875 vereinigte und 1891 zu einer Aktiengesellschaft umwandelte.
Gute und böse Jahre hat das Werk im Laufe der Zeit durchmachen
müssen. Nach einer schweren Krise kam es 1929 sogar zu einer
Stillegung, wodurch hunderte Menschen brot- und arbeitslos wurden.
Durch die Wirtschaftsbelebung war es möglich, 1934 die
Fabrikation wieder aufzunehmen. Vier Jahre später zählte
die Firma schon 500 Arbeitskräfte. Nach der Modernisierung
erreichte die Wollindustrie 1944 einen hohen Stand und war fast
ausschließlich für den zivilen Sektor tätig. In
guten Zeiten wurden monatlich 100.000 m Fertigware und rund 80.000
kg Garn hergestellt. Als das Werk am 28. Februar 1945 von den
Amerikanern genommen wurde, legten es deutsch Nebenwerfer-Batterien
von der Buchholzer Höhe her
in Schutt und Asche
Damals sind Vorräte verbrannt, mit denen man neun
Monate lang hätte arbeiten können. Der Verlust an Roh- und
Fertigware betrug eine halbe Million RM. Sämtliche
Fabrikationsräume und Maschinen brannten aus, mit Ausnahme
einer kleinen Lehrweberei von 6 Webstühlen und den Sozialräumen
der Gefolgschaft. Wie viele Betriebe in Deutschland, so stand man
auch hier vor einem Nichts. Maßgebende Dienststellen gingen
sogar so weit, das Werk als nicht wieder aufbaufähig zu
bezeichnen. Der umsichtige, weitschauende Direktor aber dachte an
den Wiederaufbau. Am 7. März 1945 standen ihm wieder 30 Mann
für Aufräumzwecke zur Verfügung. Mit geliehenen
Spaten, Hammerstielen, Schweißgeräten und sonstigem
Werkzeug ging es an die Arbeit. Ohne jede fremde Hilfe wurde
gearbeitet, Schräubchen um Schräubchen, Welle um Welle,
Walzen, Kalander, Verbindungsstücke und sonstige Eisenteile
geordnet. Innerhalb des Betriebes wurden zuerst eine kleine
Maschinenfabrik errichtet, in der sämtliche Maschinenteile
durch eine Entrostungsanlage liefern. In der Spinnerei stehen heute
in sauberem Anstrich wieder die Reiß- und Lumpenwaschmaschine,
Krempelwolf, Krempel, Selfaktor und die Ringspinnmaschine. In der
Weberei arbeiten neben Spul-, Zwirn- und Schermaschine die Webstühle
und in der Appretur herrscht Hochbetrieb. Am 10. Oktober 1947 folgte
dann das Permit. Seit dieser Zeit hat sich das Werk
mit
300 Arbeitern und Angestellten
ständig entwickelt.
Vom Rohstoff bis zur fertigen Ware gibt es einen
durchlaufenden Arbeitsgang. Und wenn seit dem 28. Juni 1948 der
gesamte Betrieb mit eigener Kraft läuft, so besagt das zur
Genüge, daß Aufbauwille und geist verstanden haben,
die Schwere der Zeit zu meistern. Große Verdienste um den
Wiederaufbau des Werkes hat Direktor Brunström. Seine
gerade, offene Haltung kennzeichnet den Menschen von heute, der
ausgeht vom sozialen Empfinden und der darauf bedacht ist, unserem
armen Volke wieder Lebens- und Schaffensmut zu geben. Und von dem
Riesenschornstein leuchtet es weit ins Erftland: BWB - Brunström
wird's beweisen!
- ig
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