Kölnische Rundschau vom 20. September 1949

Neue Siedlung der Roddergrube

Häuser im modernen Baustil, mit viel Licht, Luft und Sonne

Brüggen. Es ist noch nicht sehr lange her, da verband man mit dem Begriff „Arbeiterwohnung“ die Vorstellung häßlicher Mietskasernen, in denen viele Familien zusammengedrängt waren. Trostlos waren diese Wohnungsverhältnisse, so trostlos wie schon das Äußere dieser grauen, eintönigen Häuser war. Da aber der Arbeiter von seinem kleinen Wochenlohn nicht die Miete für eine anständige Unterkunft aufbringen konnte, blieb ihm nichts andere übrig, als zufrieden zu sein, überhaupt untergebracht zu werden. Nun hat aber die Technik nicht nur als solche Fortschritte gemacht. Auch auf dem Gebiete der sozialen Fürsorge in der Industrie ist viel geleistet worden. Einsichtsvolle Männer, die ihre Arbeit in den Dienst der Sozialpolitik gestellt haben, erkannten, daß Vorbedingungen zu einem einigermaßen zufriedenen Leben und damit guter Arbeitsleistung vernünftige Unterbringung des Arbeiters und seiner Familie ist. Das letzte Beispiel dieser Einstellung ist die „Neue Siedlung“ der Roddergrube an der Hubertusstraße hier in Brüggen. Im ganzen werden neunzehn Häuser gebaut. Sechs davon sind schon fertig. Sie sind sowohl dem Aussehen nach, wie auch in der Aufteilung der Räume, als schön und praktisch anzusprechen. Jedes Haus ist für zwei Familien gedacht. Im Erdgeschoß befinden sich drei Zimmer, Küche und Bad, im Obergeschoß zwei Zimmer, Küche und Bad. Alle Räume haben einen freundlichen Anstrich.

Bei diesen Häusern ist wirklich einmal nach dem Schlagwort des modernen Baustils „Licht, Luft und Sonne“ gearbeitet worden. Besonders schön ist das große Südzimmer, das als Wohnstube gedacht ist, und dem eine hübsche Terrasse zum Garten hin vorgebaut ist. Die Küche allerdings ist nicht sehr groß. „Man kann sich hier zwar keine Wohnküche einrichten“, erklärte die junge Frau, die uns ihre neue Wohnung zeigte, „aber zum Kochen genügt sie vollkommen. Außerdem“, fügte sie lächelnd hinzu, „bin ich nun gezwungen, mich nach der Kocherei ins Wohnzimmer zu setzen“. Sie meinte auch noch im Laufe der Unterhaltung, daß die Hausfrau in einer kleinen Küche, in der sich alles Gebrauchsgegenstände in Reichweite befänden, viel Arbeit spare. Das Wohnzimmer ist als Aufenthaltsraum gedacht und nicht zur „guten Stube“ gestempelt. Wir erinnern uns stets ungern an das sogenannte gute Zimmer, in dem die Kostbarkeiten der Familie aufbewahrt wurden, das aber zum Aufenthalt zu schade und zu ungemütlich war. Für so etwas ist in den neuen Siedlungshäusern natürlich kein Platz. Wohl aber ist dort Platz für ein geräumiges Badezimmer, das mit einem großen Waschbecken, Wanne und Badeofen ausgestattet ist. Es stehen den Familien auch noch eine eingerichtete Waschküche und genügend Kellerräume zur Verfügung. Jedes Haus hat seine eigene Abwässerverwertung. In dieser Anlage werden die Abwässer gespült, gereinigt und weiter in den Garten gepumpt - natürlich unterirdisch. So werden die Gärten gleichzeitig gedüngt und gewässert. Man kann sich vorstellen, daß sie durch das regelmäßige Wässern und Düngen besonders ertragreich werden. Von den Gärten ist vorläufig noch nicht viel zu sehen. Es ist ja, wie schon gesagt, alles noch im Werden. Aber soviel wurde schon verraten, daß die Roddergrube die Grundanlagen der Gärten selbst vornehmen will und auch die Sträucher und Obstbäumchen liefern wird. Die Vorgärten sollen einheitlich mit Blumen bepflanzt werden. Zwischen den einzelnen Häusern werden Hecken angelegt. Die Lage der Siedlung ist sehr günstig. Sie liegt auf einem Platz an der Hubertusstraße, mit einem Wäldchen ganz in der Nähe.

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