Kölnische
Rundschau vom 20. August 1949
Braunkohlegesetz vor dem Landtag
Von Regierungspräsident Dr. Warsch
Der Landtag von Nordrhein-Westfalen wird sich in seiner am kommenden Montag beginnenden Tagung in erster Lesung mit dem sogenannten Braunkohlengesetzt befassen. Damit kommt nach mehr als 20jährigem, vergeblichen Bemühen zum ersten Male ein Gesetzentwurf vor die Volksvertretung, der eine geordnete Raumgestaltung und gemeinsam mit einer Novelle zum Allgemeinen Berggesetz und einem Gesetz zur Errichtung einer Gemeinschaftskasse der Bergbauberechtigten im Plangebiet eine angemessene Rekultivierung sicherstellen soll. Es hat vieler Mühe, Energie und Geduld bedurft, um den durch einstimmigen Beschluß des Landtages des Landes Nordrhein-Westfalen vom 2. August 1947 geforderten Gesetzentwurf durch ein fast undurchdringliches, zähes Gestrüpp von Schwierigkeiten und Hemmnissen aller Art bis zu dieser letzten und entscheidenden Station zu bringen. Und wäre nicht die öffentliche Meinung, die fortlaufend über den Stand der Beratungen unterrichtet wurde, so mitgegangen, wie es erfreulicherweise geschehen ist, wer weiß, ob nicht - wie so oft in den letzten 20 Jahren - auch der derzeitige Versuch einer gesetzlichen Regelung wieder einmal vorzeitig zum Scheitern gebracht worden wäre.
Die Bevölkerung des Rheinischen Braunkohlengebietes, aber auch der Randgebiete, und nicht zuletzt der Stadt Köln, wird es mit lebhafter Genugtuung begrüßen, daß es nun so weit ist und die Volksvertretung endlich das Wort hat. Sie hofft zuversichtlich, daß sich die Beratungen nicht mehr allzulange hinziehen werden, da die Lösung bestimmter aktueller Probleme eine schnelle Bildung des Braunkohlenausschusses und seine Arbeitsaufnahme dringend verlangen.
Der Braunkohlenausschuß hat als wichtigste Aufgabe, einen Gesamtplan für das Rheinische Braunkohlengebiet aufzustellen, der für alle Behörden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften dieses Gebietes verbindlich ist. Es handelt sich hierbei um die Festlegung der Räume, in denen bergbauliche und sonstige Industriebetriebe angelegt werden können, und ferner der Gebiete, die für land- und forstwirtschaftliche Nutzung vorbehalten bleiben sollen, sowie die Festlegung der Siedlungsgebiete. In diesem Gesamtplan sind auch die Ortschaften, Ortschaftsteile oder einzelnen Gebäude festzulegen, die im Interesse des fortschreitenden Bergbaues beseitigt werden müssen unter gleichzeitiger Bestimmung derjenigen Stellen, an welche die betroffenen Bewohner umzusiedeln sind. Weiter soll der Gesamtplan auch diejenigen Räume festlegen, in denen Verkehrswege, Bahnen aller Art, Energie- und Wasserleitungen angelegt oder verlegt werden müssen bzw. in denen sie zu beseitigen sind. Schließlich soll der Gesamtplan auch die Gestaltung der Gewässer sowie die land- und forstwirtschaftliche und allgemeine Landwirtschaftsgestaltung umfassen unter Berücksichtigung der Denkmal-, Natur- und Landschaftspflege.
Der Braunkohlenausschuß soll auch das wichtige Recht und die Pflicht erhalten, sich jederzeit von der ordnungsmäßigen Einhaltung des Planes und der Rekultivierung zu überzeugen und festgestellte Mängel unverzüglich den zuständigen Stellen beschwerdeführend vorzutragen. Bei Unterlassung oder Verweigerung von für die Aufstellung, Änderung und Einhaltung des Planes geforderten Auskünften und Unterlagen kann der Braunkohlenausschuß beim zuständigen Regierungspräsidenten Ordnungsstrafen bis zu 50.000 DM im Wiederholungsfalle sogar bis zu 100.000 DM, beantragen.
In Anbetracht der umfassenden Bedeutung und der großen Dringlichkeit der Gesetzesvorlage kann man nur hoffen und wünschen, daß die Volksvertretung schnelle und gute Arbeit leistet und sich bei ihren Beratungen im Ausschuß und im Plenum darüber klar bleibt, über die Vorlage eines der wichtigsten und segensreichsten Gesetze zu entscheiden, die dem Landtag Nordrhein-Westfalen seit seinem Bestehen zur Beschlußfassung vorgelegen haben.