Kölnische
Rundschau vom 16. August 1949
Wir schimpfen schon viel weniger
Ein Kapitel Kraftpostverkehr - Pläne und Anregungen für die Post
Die jahrhundertelange Erfahrung der Post in der Personenbeförderung, die durch die Kraftpost einen neuen Aufschwung nahm, ist ein wesentlicher Grund für das Ansehen, das die Post heute genießt. Die alten Verträge zwischen der Post und den Fuhrhaltern gelten heute noch als Muster für die entsprechenden Leistungsverträge mit privaten Omnibusunternehmen im Bezirk Köln - Aachen fahren z.B. mehr als 40 Privatfirmen im Auftrage der Post. Dies ist allerdings eine Nachkriegserscheinung, da die Post bei Kriegsende in ihrem Bestand schwer geschädigt war.
Bei ihrem Wiederaufbau hat sie sich keiner Unterstützung von irgendeiner Seite erfreuen können. Wie schwer es war, hat jeder Fahrgast in den vergangenen Jahren feststellen können. Schwarzbeschaffungen lagen naturgemäß außerhalb der Möglichkeiten, die reichen Mittel der Post dienten vielfach postfremden Zwecken. Bei Zuteilungen von Omnibussen aus Beständen der Wehrmacht, sogar von ehemaligen Postomnibussen, kam die Post grundsätzlich nicht in Frage. Jahrzehntelang betriebene Strecken wurden von anderen befahren, und die allgemeine Bereinigung, die inzwischen begonnen hat, wird noch Mühe kosten.
Dadurch, daß die Post den Personen- mit dem Brief- und Paketverkehr koppelt, haben die Linien stets eine doppelte Bedeutung. Geht die Personenbeförderung in andre Hände über, muß die Post trotzdem einen Kraftwagendienst einrichten. Diese Landkraftposten, die vornehmlich der Postbeförderung dienen, aber auch auf einigen Sitzplätzen Fahrgäste mitnehmen können, sind normalerweise die Vorgänger des Linienverkehrs und nicht die Nachfolger.
Um das ihr in den letzten Jahren stark bestrittene
Vorrecht im Linienverkehr
zu stützen, hat die Post im Bezirk Köln - Aachen völlig auf die Durchführung von Gelegenheitsfahrten zugunsten des privaten Unternehmertums verzichtet, obwohl laufend Anfragen bei ihr einlaufen, da die Post nun einmal das Vertrauen der Bevölkerung besitzt. Trotzdem muß die Post bei allen ihren Plänen mit Widersprüchen und Widerstand rechnen, geht es nun um die Wiedereinrichtung einer früheren Linie, um die Verlängerung oder Ergänzung einer bestehenden oder gar um die Einrichtung einer neuen. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten vielerlei Zuschriften bekommen, die Wünsche an die Post enthielten. Es handelt sich dabei um Ersuchen, die die Post nicht nur in den meisten Fällen für sehr berechtigt hält, sondern um deren Befriedigung sie selbst schon seit längerer zeit bemüht ist. So liegen z.B. 23 Anmeldungen für Linienverbesserungen vor, gegen die Einsprüche erhoben sind. Einige dieser Pläne sollen hier kurz erörtert werden.
Am 28. März d.J. Erfolgte die Anmeldung der Ergänzungsstrecke zur Linie Köln - Gleuel über Berrenrath - Knapsack - Kierdorf - Brüggen bis Gymnich. Diesem Plan widersprachen: die Kreisverwaltungen Köln-Land und Bergheim, die Köln-Bonner-Eisenbahnen, die Unternehmer Gey und Kessel und der Verband für das private Verkehrsgewerbe. Die neue Strecke soll zunächst dreimal täglich, morgens, mittags und abends, befahren werden. Sie bildet das Anschlußstück zu dem Rundlauf über Gymnich, Lechenich, Liblar, Köln. Diese Linie bediente bis Ende Juli die Orte Berrenrath, Knapsack, Kierdorf mit, weil die Luxemburger Straße vorübergehend für den Durchgangsverkehr gesperrt war. Aus diesen Orten erhielt die (KR) Zuschriften, die um weiteren Anschluß an das Postverkehrsnetz baten. Der Plan der Post, der diesen Wünschen entsprechen würde, ist älter als die Straßensperre.
Am 17. März teilte die Post mit, daß sie beabsichtige, ihre frühere Strecke
Köln - Rheinbach wieder in voller Länge
zu befahren. Von Heimersheim aus soll die Linie über Neuenkirchen - Müggenhausen - Ollheim - Miel - Unter- und Oberdrees wieder nach Rheinbach geführt werden. Widersprochen haben die Köln-Bonner-Eisenbahnen.
Am 24. März gab die Post ihre Absicht bekannt, täglich zweimal das Verbindungsstück Mechernich - Münstereifel zu bedienen. Von Mechernich aus über Vierwege - Breitenbenden - Holzheim - Heistardburg - Harzheim - Pesch - Gilsdorf - Nöthen soll Münstereifel zum Schulbesuch, zu Verhandlungen mit Behörden von einer Bevölkerung erreicht werden, die sonst keine Verbindung hat, es sei dann durch einen zeitraubenden Umweg über Euskirchen.
Daß die Einwohner von Ahrem, Lommersum, Bodenheim und Kessenich außerordentlich erfreut über eine direkte Verbindung mit Euskirchen sein würden, steht außer Zweifel. Die geplante Omnibusverbindung von Lechenich nach der Kreishauptstadt berührt in Friesheim und Niederberg Orte, die bisher von der Euskirchener Kreisbahn bedient werden. Diese erhob Widerspruch und gab ihre Absicht zu erkennen, selbst auf ihrer Strecke Erp - Friesheim - Niederberg - Borr - Mülheim-Wichterich - Frauenberg - Euskirchen für den demnächst ausfallenden Triebwagen Omnibusse laufen zu lassen. Diese besitzt sie aber noch nicht, ebenso wenig einen Stützpunkt. Die Post schlug deshalb
in diesem Fall einen Kompromiß
vor. Unter Ausnutzung ihres Stützpunktes und ihrer Garagen will sie abwechselnd die Kreisbahn- und die geplante Poststrecke fahren, die Kreisbahnstrecke im Auftragsverkehr. Die Einnahmen sollen entsprechend verrechnet werden. Die Kreisbahn könnte sich in diesem Falle den Aufbau eines neuen Apparates sparen.
Am 19. Mai erfolgte die Anmeldung der Post über eine geplante Linie Elsdorf - Etzweiler - Morschenich - Buir - Manheim - Stammeln - Heppendorf - Widdendorf - Thorr - Zieverich - Bergheim, die die Bewohner der westlichen Gemeinden an die Kreishauptstadt heranbringen soll, wodurch außerdem unter Einbeziehung der Strecke Bergheim - Elsdorf der Linie Köln - Jülich ein Rundlauf ermöglicht wird. Zunächst sind zwei Fahrten täglich, vormittags und nachmittags, geplant. Auch aus diesem Gebiet erhielt die (KR) verschiedentlich Zuschriften, die eine Berücksichtigung durch die Post verlangten.
Obwohl gegen alle diese Pläne mehr oder weniger zahlreiche Einsprüche vorliegen, hofft die Post in den hier skizzierten Fällen ihre Absichten eines Tages ausführen zu können. Wieviel Zeit durch die Unterhandlungen schon verstrichen ist, ergibt sich aus den mitgeteilten Antragsdaten. Wenn außerdem beachtet wird, daß die Post überhaupt jeder Verkehrsträger, jedem Plan sehr eingehende Überlegungen und Berechnungen zugrunde legt, versteht man, daß die Verbesserungen oder Neueinrichtung einer Linie sehr viel Zeit verschlingt. In jedem Einzelfalle geht es um das
Aushandeln verschiedener Interessen,
ehe der Verkehrsminister der Post den Weg freigibt. Weil wir ein sehr armes Volk geworden sind, muß außer dem Verkehrsbedürfnis des Einzelnen, das heute gar keine Grenzen kennt, die höchstmögliche Wirtschaftlichkeit einer Strecke beachtet und sichergestellt sein. Diesen Nachweis zu erbringen, ist der Post meistens leichter als andern, da sie das doppelte Bedürfnis der Post- und der Personenbeförderung in Rechnung stellen kann. Trotzdem wird es nie ganz ohne unrentierliche Linien gehen. Würde man allen Verkehrswünschen nachgehen, würde diese Zahl bei weitem höher sein, als man sich gemeinhin klar macht. So taucht in Anschriften an die (KR) immer wieder der Wunsch nach einer besseren Verbindung zu den Krankenhäusern in Kerpen und Bergheim, vor allem aus dem Nordkreis Euskirchen auf. Diese werden sich z.T. befriedigen lassen, wenn erst die von der Post geplanten Linien in Gang gekommen sind.
Wenn auch langsam, so doch stetig, verengt sich das Netz der Kraftpostlinien. Den weitaus größten Teil ihrer früheren Strecken bedient heute die Post wieder friedensmäßig. Neue kommen hinzu. Und wenn ein unerfüllter Wunsch uns auch noch einmal ungehalten macht, so bestätigt auch der größte Pessimist: Wir schimpfen schon viel weniger!