Kölnische
Rundschau vom 9. März 1948
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Brikett-Paradies
Niederaußem
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Niederaußem. Ein
sechzigjähriger Invalide aus Niederaußem und sein
ebenfalls invalider Sohn waren am 26. November v.J. Vom Amtsgericht
Bergheim wegen fortgesetzten gemeinsamen Diebstahls zu je 900 Mark
Geldstrafe an Stelle einer Gefängnisstrafe von je 3 Monaten
verurteilt worden, weil man auf dem Hofe der beiden 200 Ztr.
Briketts gefunden und außerdem festgestellt hatte, daß
sie für mindestens 90 Ztr. Briketts Lebensmittel eingetauscht
hatten. Die Verurteilten konnten die Berechtigung dieses Spruches
nicht einsehen, denn sie hatten, wie sie behaupteten, diese Briketts
treu und brav im Laufe von etwa 1 ½ Jahren an der
Kleinbahnstrecke einer Baufirma von Oberaußem nach Niederaußem
aufgelesen, wozu sie ja schließlich berechtigt gewesen seien.
Das Amtsgericht aber hatte dies als faule Ausrede betrachtet, weil
es für unmöglich hielt, daß man solche Mengen
aufsammeln könne, zumal bei dem reichen Brikettsegen der
Angeklagten auch mit einem erheblichen Eigenverbrauch zu rechnen
sei.
Vor der Kölner Strafkammer, die nunmehr als
Berufungsinstanz zu entscheiden hatte, hatten die Angeklagten eine
Reihe Zeugen erscheinen lassen, die bestätigten, daß
Vater und Sohn Tag für Tag fleißig Briketts gesammelt
hatten. Der Geschäftsführer der Firma, die die Kleinbahn
betrieb, bestätigte, daß sich seine Firma durchaus nicht
geschädigt fühle. Von den hoch beladenen Kippwagen der
Kleinbahn, die ständig die Briketts von der Zeche zur Baustelle
führen, fielen infolge der schlechten Gleisanlagen und der
zahlreichen Kurven sehr viele Briketts herab, oftmals 6 bis 7
Zentner von einem Zuge von 20 Wagen, und die Bevölkerung habe
ausdrücklich die Erlaubnis, diese Briketts aufzulesen. Ein
Mann, der fleißig arbeite, könne täglich ohne Mühe
bis zu 5 Zentnern Briketts aufsammeln. Auf Grund dieser
einwandfreien Zeugenaussagen wurden die Angeklagten natürlich
unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils freigesprochen.
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