Kölnische
Rundschau vom 8. Januar 1948-
-
Geheimnisse
der Braunkohle
-
-
Wir sind gewohnt die Braunkohle, die
sich in einem breiten Gürtel um die Kölner Bucht lagert,
mit recht nüchternen Augen als Wirtschaftsgut zu betrachten.
Die Geologen denken aber etwas anders. Sie trachten nicht allein
danach die Mächtigkeit der Flöze festzustellen, um die
Abbauwürdigkeit und die Vorräte zu berechnen. Sie wollen
auch und das sehen sie als reizvolle Aufgabe an, in die
erdgeschichtlichen Geheimnisse der braunen Masse eindringen. Der
Tagebau bietet ihnen dazu reichlich Gelegenheit.
-
-
Immer neue Entdeckungen
-
-
offenbaren sich ihnen. Gegenüber
der Steinkohle ist die Braunkohle noch recht jungen Ursprungs. Das
hört sich vielleicht sehr sonderbar an, wenn man weiß,
daß der Altersunterschied einige Hunderte von Millionen Jahren
ausmacht. Aber in der Geschichte des Weltalls muß man schon
mit Größen rechnen, die für den täglichen
Gebrauch undenkbar sind.
-
-
Geologisch Beobachtungen sind nun
auf Entdeckungen gestoßen, die der Forschung ganz neue
Ausblicke geben. Im mitteldevonischen Braunkohlengebiet bei Köthen
wurden unlängst
-
-
Kautschuksubstanzen in der
Braunkohle
-
-
gefunden. Nach Mitteilungen von
Prof. Gothan (Natur und Technik) ist dieser fossile
(d.h. ausgegrabene) Kautschuk so frisch und wenig verändert,
daß ein großer Teil der Fäden ähnlich wie der
uns heute bekannte Kautschuk ausgezogen werden konnte. Gothans
Untersuchungen zeigten beispielsweise, daß beim
Auseinanderbrechen von Braunkohlenstücken, die Kautschukfasern
enthielten, diese sich beim Loslassen von der darin steckenden
Gummisubstanz wieder zusammengezogen wurden. Ähnlich wie die
Harze gehört der Kautschuk zu den Stoffen, die beim
Kohlungsprozeß ihre ursprünglichen Eigenschaften sehr
lange bewahren.
-
-
Dieser fossile Kautschuk kommt
allerdings nur in der älteren, der sogenannten eozänen
Braunkohle vor. In der geologisch jüngeren, der sogenannten
untermiozänen Braunkohle, die wir in der Kölner Bucht
antreffen, findet er sich nicht. Die Kölner Braunkohle ist
demnach etwa
50 Millionen Jahre jünger als die
mitteldeutsche.
Das Klima der älteren
Braunkohlenzeit war tropisch, das lehr die Art der damaligen
Pflanzenwelt, die als fossiles Gebilde in der Braunkohle vorhanden
ist. Auch die heutigen Kautschukbäume wachsen nur im tropischen
Klima. Dagegen war das Klima der jüngeren Braunkohle, wie in
der Kölner Bucht, etwas kühler. In der Kölner
Braunkohle begegnen wir daher vor allem dem fossilen Holz der
Nadelbäume. Die gefundenen mächtigen Baumstümpfe
hielt man früher für die Reste von Sumpfzypressen. Heute
weiß man, daß der größte Teil von ihnen
mit
dem kalifornischen Rotholzbaum verwandt
ist. Professor
Gothan rechnet mit der Entdeckung noch weiterer Baumarten.
Wenn
man in der Kölner Gegend erst einmal zum Braunkohlentiefbau
übergegangen ist, was gemessen an den Vorbereitungen, nicht
mehr allzu lange dauern dürfte, wird man sich noch mit manchen
sensationellen Forschungsergebnissen befassen können. Die
Geheimnisse der Braunkohle werden nicht allein in der Retorte im
Laboratorium enthüllt, auch vor Ort bieten sich viele
Möglichkeiten, das rätselhafte Werden zu entschleiern.
Manche Rückschlüsse auf entwicklungsgeschichtliche
Zusammenhänge vergangener Zeitepochen werden auf der Forschung
im Braunkohlenabbau fußen.
Dr. A. R. -
© Copyright
2003 wisoveg.de
Zur
Homepage