Kölnische Rundschau - Beilage Nr. 7, Juli 1949

Der Spaten erkundet rheinische Geschichte

Ausgrabung der Motte Konrads von Hochstaden bei Frimmersdorf

Recht auffällig hebt sich aus der Landschaft am Rande der Braunkohlengrube Frimmersdorf an der Erft ein Hügel. Die Bevölkerung erzählt sich, daß hier früher ein Schloß gestanden habe und nennt ihn den „Hoister Knupp“. Einschlägige Bildwerke von Burgen brachten ihn in ihren Abbildungen als Zeugnis eines besonderen Burgentyps: der Motte. Die Herkunft dieses Wortes ist noch heute ungeklärt, aber dem Kenner sagt es, daß bei dieser Burganlage das aus dem Wall ausgegrabene Erdreich zum Aufschütten eines Hügels verwandt wurde, auf dem als letzt Zuflucht der Burgbewohner ein massiver Turm ragte, der zugleich durch seine Höhenlage bessere Verteidigungsmöglichkeiten bot. Seit etwa 120 Jahren, als zum erstenmal in einer Veröffentlichung die Vermutung ausgesprochen wurde, glauben die Historiker daran, daß es sich bei diesem Hügel um die Motte Konrads von Hochstaden, des großen Kölner Erzbischofs, handelt. Neue Abraumpläne der Braunkohlengrube Frimmersdorf, die den Hügel und das anliegende Gelände erfassen werden, veranlaßten nun das Rheinische Landesmuseum Bonn, eine umfangreiche Grabung aufzunehmen. Aus der Bodenform war ersichtlich, daß es sich um eine Motte mit Vorwerk handelte. Schon 1934 hatte das Landesmuseum einen Schnitt durch den Hügel legen lassen, der zwar nicht die Fundamente des Turmes, wohl aber am Fuße des Hügels einige Holzreste, die als Überreste der Zugbrücke angesprochen werden könne, zutage förderte. Die jetzigen Grabungen, vor etwa neun Wochen begonnen, setzten an der Stelle ein, wo der Bagger der Braunkohlengrube eines Tages mehrere schwere in den Boden gerammte Pfähle freilegte. Nach vorsichtiger Spatenarbeit ragt nun eine lange Reihe von Pfählen aus der Erde, die in einem besonderen System angeordnet sind. In der darüberliegenden Bodenschicht förderte der Spaten Bruchstücke von Töpferware, Hausratgegenstände und Waffenteile hervor, das Ganze durchsetzt mit zahlreichen Resten von Dachschiefern, so daß mit vollem Recht angenommen werden darf, daß diese Pfahlreihe ein Gebäude zu tragen hat, das zum Vorwerk gehörte und wahrscheinlich, die Grabungen lassen das überraschenderweise vermuten, sich als Wehrgang zu einer urkundlich erwähnten unweit der Burganlage befindlichen Wohnsiedlung fortsetzte. Doch müssen hier noch die weiteren Grabungen die letzten Aufschlüsse geben. Ein zweiter Grabungsschnitt legte die Grundmauern der Burgkapelle frei. Es handelt sich um ein etwa elf Meter langes und vier Meter breites Gebäude, das mit aus dem Bröltal herangeschafftem Material ausgeführt ist, in dem aber auch römische Ziegel vermauert wurden. Die Ausführung läßt trotz der nur kärglichen Reste darauf schließen, daß bei dem Bau an Material nicht gespart wurde, und daß so auch die Gesamtanlage wahrscheinlich bedeutend besser ausgestattet war, als bisher vermutet wurde. Für die Größe der Anlage haben die bisherigen Grabungen die Überraschung gebracht, daß sie weit ausgedehnter war, als man nach der Bodenform annahm. Wichtige Aufschlüsse hierüber gab vor allem auch ein Schnitt, der am äußeren Graben begonnen wurde, und der den gewachsenen Boden freilegte. Dabei zeigte es sich, daß der jetzige Hügel wahrscheinlich um ein Drittel niederiger ist als die ursprüngliche Motte. Hierin könnte auch die Tatsache, daß bei dem Schnitt von 1934 keine Fundamente gefunden wurden, eine Erklärung finden. Im übrigen haben die Grabungen mit ihren Funden in verschiedenen Bodenschichten die bisherigen Schlüsse der Historiker aus dem vorhandenen geringen Urkundenmaterial weitgehend bestätigt. Es handelt sich um eine Anlage, die Konrad von Hochstaden gegen die Mitte des 13. Jh. im Zuge der Befestigung seines Territoriums „drei Stadien“ von der alten Familienburg der Grafen von Are-Hochstaden aufbauen ließ. Er griff dabei wahrscheinlich - hierüber werden hoffentlich die weiteren Grabungen noch Aufschluß geben - auf eine ältere Anlage zurück, die die gute Verteidigungsstellung in dem sumpfreichen Gelände der Erftniederung an einem kleinen Übergang ausnutzte. Gegen Ende des 13. Jh. scheint die Burg gewaltsam zerstört worden zu sein, denn in Urkunden wird sie mit dem Zusatz vermerkt „sofern sie wieder aufgebaut wird“. Dieser Aufbau scheint auch dann wirklich vollzogen worden zu sein, wenigstens teilweise. Erst später ist die Burg dann aufgegeben worden und als Wüstung verfallen. Die weiteren Grabungen werden hoffentlich auch hierüber noch nähere Aufschlüsse geben, handelt es sich doch um eine Burganlage, die für die Territorialentwicklung im rheinischen Raum von einiger Bedeutung ist, indem sie den kölnischen Herrschaftsanspruch weit in das territoriale Niemandsland vortrug. Auf jeden Fall aber wird uns diese Grabung wichtige neue Aufschlüsse über den Typ der Motte liefern und für die weitere Forschung und auch - sie selbst war die erste - für weitere Grabungen fruchtbar werden.

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