Kölnische
Rundschau Beilage Nr. 7, Juli 1948-
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Zwischen Erft
und Finkelbach
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Von Franz Peter Kürten
(Köln)
In Buir saß ich schon vor drei
Jahrzehnten in Bauernstuben und mit Knechten am blanken Biertisch.
Mir Lück von hee ston fass om Boddem wie stongeblevve
Eechestömp vom Buirer Bösch, der fröher vill grüßer
wor. Wie damals schauen sie am 2. Juli in die Wolken und
hoffen, daß Maria Sief nicht die Ernte gefährdet. Es ist
der Monat der ersten Ernte. Heuert genannt, vor allem aber Zeit der
Vollendung. Bauern, Kirche und Heilige wissen es und wollen keine
Feste. Die Poesie des Juli ist leise wie Aehrenrauschen und hat
etwas von der wehmütigen Süße der verwehenden
Wildrosenblüten. Die rote Gartenrose glüht, entsprossen
dem Herzblut der Nachtigall, die seit Sommerbeginn schweigt. Noch
schöner und tiefer weiß der Volksmund von der weißen
Rose zu erzählen und nennt diese Juliblume Magdalenenrose: Sie
war rot wie die andern. Mit einem leuchtenden Strauß kam Maria
Magdalena von einem Fest heim. An diesem Abend kam sie zur Einkehr
und Besinnung. Sie weinte in ihren Strauß, dachte an den
Wundertäter, der durch die Lande zog, und mich dem Vorsatz, ihn
aufzusuchen, fortan nach seiner Lehre zu leben, siehe: da floß
die rote Farbe in den Tränen zu Boden; die Rosen leuchteten
weiß, Sofort machte sie sich auf den Weg, eine Büßerin.
Denken wir am 22. Juli daran!
Ob es hier noch Ackergeräte
gibt vom Manheimer Schmied, der bei allen Bauern stundenweit als der
beste galt? Mit Recht schlug er sein J.B. in die bestellten Geräte
und hieß darum d'r Wopeschmedd. - Ob die Buirer
sich auch die besten Schützen unter ihren Großvätern
erinnern? Ich will den andern Dörfern nicht zu nahe treten und
diesen zielsicheren Mann nicht über Buir hinaus loben; aber
fest steht, daß er dem auf der Hausbank sitzenden Nachbar die
Mutz mit einer Flobertbüchse aus dem Munde schoß.
Der Spaß war dann, als der Nachbar nicht den Schützen,
sondern dessen Sohn ausschimpfte, Dä Deukerschjong,
der auch ihn beinahe mit dem Stein noch getroffen hätte.
Vor
dem Bahnbau soll Buir einen Ton ernster, auch schweigsamer gewesen
sein, still wie die andern Dörfer des südwestlichen
Kreiszipfels. Es wird stimmen. Damals schlotterten die Räder
durch tiefe Spuren der weichen Feldwege. Auf Wiedersehen, viellieber
Ort! Das Korn deiner weiten Felder genoß ich schon in jungen
Jahren gemahlen, geröstet und gebrannt. Du gabst davon der
weiten Umgebung, und waggonweise rollen die Zuckerrüben in die
Fabriken.
Die heilige Zeit der Ernte naht, in der nur die
Sonntage längere Ruhe geben. Erst wird St. Margareta noch die
Nüsse begutachten und St. Jakobus die Aepfel salzen. Vorher
schmecken sie nicht, und das Salz muß die Sonne
auch erst verarbeiten. Hierzulande lohnt die dunkelbraune Erde gern
den Schweiß, der in Garten und Feld tropft und:
Och ne
Buchpingsbirrebom
gitt sein Bess met Saff und Som.
Ein
Buisdorfer verriet mir, daß er seiner Lebensgefährtin zum
Namenstag die ersten reifen Frühbirnen und einen
Margueritenstrauß pflückt, welche nachmittags auf dem
Tortenteller und in der Vase auf den Tisch kommen.
Den
Süddeutschen bringt der Juli Kinderfeste. Mit ihnen gemeinsam
haben wir eine liebliche Kinderlegende, die mir auf einem
Spaziergang Bergheim - Elsdorf mein alter Freund Noll zur
poetischen, plattdeutschen Bearbeitung erzählte: Jedes im Juli
sterbende Kleinkind wird an der Himmelspforte von der Muttergottes
mit einem Körbchen Erdbeeren beschenkt. - Nur ein Satz, und
doch ein ganzes Bild. Ja, Rektor Noll machte nicht viel Worte. Und
wie tief hat er in seinem Heimatbuch des Kreises Bergheim das
Volkstum seiner zweiten Heimat erfaßt! War es in Angelsdorf
oder Berrendorf, wo man am 23. Juli eines beliebten Volksheiligen
gedenkt:
Du großer Hirt und Gottesmann,
Liborius,
halt für uns an,
Auf daß nicht Grieß und
Nierenstein
Die Strafen unserer Sünden sein.
Die
Elsdorfer- und Escherbürge (ein Waldrest aus grauen Tagen, der
im Kampf der Rodezeiten den Sieg behielt) sind tausendjährigen
Segen, hielten die Stuben warm mit dem Brennholzgeschenk. Oertchen
genannt, gaben Arbeit, hielten Körper und Seele gesund und
brachten noch den Ueberschuß aus der Buschkasse. Und heute
müssen viele Dörfer ihren Wäldern nachtrauern.
Ich
deutete schon eingangs an: Der Bauer des Bürgegebietes prunkt
nicht, er ist hier noch stiller, zurückhaltender, gelassener
bei gleichmäßigem, stetem Fleiß, als der im Norden
des Kreises. Auch dem Handwerker und Fabrikarbeiter teilt sich diese
Ruhe und bäuerliche Tradition mit. Hier, weitab von städtischem
Getriebe und moderner Hast findest du noch Gefühl für den
inneren Aufbau des deutschen Kalenderjahres und des Jahres der
Kirche, für das Erbe der Ahnen und die Werte altüberkommenden
Volks- und Brauchtums um Scholle und Boden.
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