Kölnische
Rundschau - Beilage Nr. 6, Mai 1946 (1949) *)
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Alte Essener
Höfe im Kreise Bergheim
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Im Jahre 898 weilte König
Zwentibild von Lotharingien mit seiner Gemahlin Ota und seinem
Schwiegervater, dem Sachsenherzog Otto, zu Pfingsten in Essen als
Gast der Äbtissin. Bei dieser Gelegenheit schenkte er dieser
vier Oberhöfe, Hohingesdorp im Köln- und Ahrgau, Kirdorf
im Köln- und Kuzzichgau, Holzweiler im Mühl- und
Jülichgau, sowie Ascwerid in einem genannten, aber nicht mehr
lesbaren Gau. Die Lage von Hohingesdorp ist uns nicht bekannt.
Kirdorf liegt bei Bedburg, Holzweiler im Kreis Erkelenz, und in
Ascwerid wird der spätere Hof Türnich vermutet. In einem
Vertrag mit dem Erzbischof Pilgrim von Köln im Jahre 1027
verzichtete das Stift Essen auf eine Anzahl Höfe im Jülicher
Land und behielt nur Kirdorf, Holzweiler und Türnich.
Der
Hof Holzweiler war ursprünglich der ansehnlichste unter diesen
Höfen; aber durch Abtretungen an den Kölner Erzbischof und
durch eine reiche Dotierung der Pfarrkirche wurde er in seinem
Umfange sehr verringert. Im Jahre 1224 wurde die Pfarrkirche zu
Holzweiler der Stiftskirche zu Essen inkorporiert (einverleibt).
Der Oberhof Kirdorf wurde schon bald in zwei gesonderte
Hofverbände geteilt, in die Höfe Kirdorf und Paffendorf.
Der Hof Kirdorf gehörte zu den Tafelgütern der Essener
Äbtissin. Die Vogteirechte besaß der jeweilige Besitzer
der Herrschaft Bedburg. Der Hof ging im 16. Jahrhundert der Abtei
verloren, der indessen die Zehntgerechtigkeit sowie das
Patronatsrecht über die Pfarrkirche verblieb.
Bedeutender
war der Oberhof Paffendorf. Im Jahre 1339 gehörten hierzu 64
Lehen, davon 33 in Paffendorf selbst, die übrigen in den
benachbarten Ortschaften Zieverich, Desdorf, Brockendorf,
Wüllenrath, Oberembt, Blerichen und Elsdorf. Ebensoviele Lehen
gehörten auch zu dem Zweighofe in Glesch, wovon 35 in Glesch
selbst lagen, die übrigen in den Orten Berrendorf, Giesendorf,
Widdendorf, Manheim, Stammeln und Ahe. Die Haupteinnahme des Hofes
bildete neben den Pachtabgaben der Zehnte. Der große oder
Getreidezehnt bestand keineswegs in der Abgabe des zehnten Teils von
Roggen, Weizen oder Hafer, sondern man begnügte sich durchweg
mit der 11., 19. oder gar der 30. Garbe. Der kleine oder schmale
Zehnt von Erbsen, Flachs, Rübfrüchten und Heu wurde ungern
gegeben, und besonders wegen des Futterrübenzehnten gab es
oftmals Schwierigkeiten. Um der Zehntabgabe zu entgehen, bestellten
die Bauern vielfach die Fruchtäcker mit zehntfreiem Klee oder
wandelten sie in Obstgärten um. Die zum Oberhof gehörigen
Pächter waren inder niederen Gerichtsbarkeit dem Hofgeding,
unterworfen, das der Äbtissin von Essen zustand und von
Schulten und Schöffen des Hofes gehalten wurde.
Über
den Hof Türnich hatte der Herzog von Jülich die Vogtei,
deren Rechte und Pflichten er durch Untervögte ausüben
ließ. Die hohe Gerichtsbarkeit übte der Untervogt im
Namen des Herzogs als Landesherrn aus, die niedere Gerichtsbarkeit
stand der Äbtissin von Essen zu. Der Vogt hatte die Freiheiten
des Hofes zu schützen und dem Hofschulten bei der Einziehung
der Einkünfte des Hofes seine starke Hand zu leihen. Dafür
waren dem Vogt und den Untervögten auch bestimmte Einkünfte
zugesichert. Im 15. Jahrhundert erscheint der Hof in der Auflösung
begriffen. Im Jahre 1532 wurde der Hof mit der Vogtei an die Herren
von Türnich für die Summe von 600 Gulden verpfändet
und blieb auch späterhin mit diesem Haus vereinigt, da ein
Versuch der Essener Äbtissin, die Pfandschaft im Jahre 1669
wieder einzulösen, scheiterte.
J.T.
*) Anm.
wisoveg.de: Von der Reihenfolge her gesehen müßte es hier
1949 heißen, tatsächlich steht hier die Jahresangabe 1946
auf dem Original. -
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