Kölnische Rundschau vom 5. Mai 1949

Kolping in Köln

Seine zahlreichen Missionsreisen führten Kolping von Stadt zu Stadt, von Land zu Land. Überall jubelte man ihm zu, horchte mit gespannter Aufmerksamkeit seinen Ausführungen, sah ihn immer wieder gern. Besonders innig waren seine Bindungen zur Landeshauptstadt Bayerns, nannte er doch München schon von der Studienzeit her wiederholt seine geistige Heimat. Elberfeld, die Stadt seines ersten Priesterwirkens, hat ihm ebenfalls entscheidende Erkenntnisse vermittelt, nicht zuletzt ihm den Anstoß zur Gründung des Gesellenvereins gegeben. Aber mit keiner Stadt ist Kolping so fest verwachsen wie mit Köln.

Zwar entstammte er nicht direkt dieser Stadt, aber schließlich liegt Kerpen, die Stätte seiner Geburt und frühen Kindheit, fast noch im Schatten der Domtürme, und wie die Erft zum Rhein strebt, so mag auch der Lebensstrom der kleinen Stadt Kerpen schon immer nach Köln hin orientiert gewesen sein.

1813 in Kerpen geboren, zog Adolf Kolping als Schuhmachergeselle anfangs der dreißiger Jahre nach Köln, arbeitete in verschiedenen Werkstätten und konnte, wie er selbst im Tagebuch ausführt, schließlich in der ersten und größten Werkstatt Kölns Arbeit finden.

In diesen Jahren trieb ihn eine innere Unruhe, seinen Beruf zu wechseln. Vor der Gnadenmutter in der Kupfergasse erbetete er sich die Berufung, Priester zu werden. Nach Überwindung vieler Schwierigkeiten trat er im Alter von 23 Jahren in die Tertia des Katholischen Gymnasiums zu Köln (das spätere Marzellengymnasium) ein. Durch Erteilung von Privatunterricht und sonstige Arbeiten mußte er sich seinen Unterhalt selbst verdienen.

Wiederholte Krankheiten und mannigfache Entbehrungen gerade in diesem Lebensabschnitt brachten viele Sorgen und Mühen. Eines Tages hörte er, daß ein Schustergeselle, mit dem er von früher befreundet war, an den Blattern erkrankt sei. Bei einem Besuch fand er ihn in größtem Elend. Der Kranke stammte vom Lande und hatte in Köln keine Verwandten, die ihn aufnehmen konnten. Kolping erklärte sich bereit, Krankenwärter seines Freundes zu werden. Er pflegte ihn bis zum Tod; mußte aber später in den Schulferien, die er in Kerpen verlebte, feststellen, daß er sich selbst mit der Krankheit angesteckt hatte. Zwar wurde er wieder gesund, aber die Spuren der Krankheit hat er zeitlebens als Ehrenmal der Nächsten auf seinem Antlitz getragen.

1841 ist seine Gymnasiastenzeit zu Ende. Ehe er Köln verläßt, wird er noch am späten Abend in ein in der Nähe des Domes gelegenes altes Haus gerufen. In dem ihm unbekannten Haus fand er in spärlich erleuchteter Kammer auf erbärmlichem Bett einen Sterbenden vor und vor demselben kniete auf dem Fußboden eine Dame, in der Kolping alsbald die älteste Tochter jenes Gutsbesitzers erkannte, bei dem sein Vater als Schäfer in Diensten stand. Der Sterbende war einmal Theologiestudent, später Hauslehrer in Kerpen gewesen. Durch seine Beziehungen zur ältesten Tochter des Gutsherrn war die Dame, die jetzt vor dem Sterbebett niederkniete, in das Lebensschicksal des unglücklichen Menschen verflochten. Nun bat sie Kolping, dem Sterbenden den letzten Liebesdienst zu erweisen und zeigte sich später dadurch ihm gegenüber dankbar, daß sie dem Studenten Mittel bereitstellte für sein Studium.

Von München ging Kolping wieder nach Köln. Er bezog hier das Priesterseminar und empfing in der Minoritenkirche, die damals bischöfliche Weihekirche war, das Heilige Sakrament der Priesterweihe. Auch nachdem er seine erste Anstellung in Elberfeld erhielt, trachtete er immer wieder danach, nach Köln zu kommen. 1849 erreichte ihn nach mancherlei Bemühungen seine Ernennung als Domvikar in Köln. Im Dom war Kolping, wie uns überliefert ist, eifrig tätig. Er predigte sehr häufig, erschien im Chor früh und spät und war mehrere Jahre hindurch der Kaplan und Begleiter des Weihbischofs Dr. Baudri auf dessen bischöflichen Reisen.

Als im Jahre 1849 in Köln die Choleraepidemie auftrat und viele Opfer forderte, bot sich Kolping freiwillig an, ins Bürgerhospital zu ziehen und dort dem geistlichen Rektor Hilfe zu leisten. Dies war ein echt priesterlicher Entschluß und eine wahrhaft hochherzige Tat, die gewiß Gottes Segen auf ihn und sein Werk herabzog.

Seine Haupttätigkeit konzentrierte sich selbstverständlich mehr und mehr auf den Kölner Gesellenverein. So legte man ihm schon bald wegen seiner stadtbekannten Bettelei fürs Kölner Gesellenhaus den Namen „Bruder deo gratias“ bei.

Als Kolping am 4. Dezember 1865 starb, verbreitete sich die Nachricht seines Todes wie ein Lauffeuer durch die Stadt und die Zeitungen trugen sie ins Land hinaus. Hunderte von Menschen eilten nach der Breite Straße, um zu hören, ob es denn wirklich wahr sei, daß dieser große Freund des Volkes nicht mehr unter den Lebenden weilte.

Die Totenfeier und das Begräbnis gestaltete sich zu einem Triumphzug für den Toten, der im Andenken des Kölner Volkes bis heute so fortlebt, wie kaum ein anderer. Das Denkmal an der Minoritenkirche gehört mit zu den volkstümlichsten der ganzen Stadt.

F.J.W.

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