Kölnische Rundschau vom 4. August 1949

Regulierung des Neffelbachs

Große Sorgen der Gemeinden Kerpen und Blatzheim

Kerpen. Der Neffelbach, ein Nebenfluß der Erft, durchfließt in 10,2 Kilometer Länge die Gemarkungen der Gemeinden Kerpen und Blatzheim. Seit Jahrzehnten ist dieser Flußlauf ein Schmerzenskind in diesem Landstrich. Man braucht sich nur an die Hochwasserkatastrophe von 1940 zu erinnern, die sich für die Anlieger verheerend auswirkte. Die Bewohner schweben bei starken Schneefällen mit nachfolgenden Niederschlägen in steter Angst, das Hochwasser könne sich wiederholen. So ist die Verwaltung in den letzten Jahren unermüdlich tätig gewesen, um die bestehenden Gefahren endlich zu beseitigen. Zur Zeit ist eine auswärtige Firma mit einem Bagger dabei, das Flußbett vom Wehr in Langenich bis zur Ortsstraßenbrücke gründlich zu säubern. Verbunden mit diesen Arbeiten ist eine Erweiterung der Dammaufschüttung auf dem rechten Ufer bis an die Einmündung des Wissersheimer Fließes. Ferner werden größere Ausbesserungsarbeiten an dem genannten Fließ vorgenommen und der Umfluter unterhalb des Wehres bis zur Reichsstraße Köln - Düren geräumt.

Die ersten Arbeiten zur Befreiung Kerpens von der Hochwassergefahr wurden schon in den Jahren 1908 bis 1912 vorgenommen. In diese Zeit fiel auch die Zusammenlegung in der Gemarkung Kerpen und zugleich wurde auch das Neffelbach-Regulierungsprojekt durchgeführt. Zur Schaffung einer geordneten Vorflut und zur Beseitigung der Hochwassergefahr für die Stadt arbeitete man an einer umfassenden Regulierung des Baches, wobei das Bett verschiedentlich verlegt werden mußte. Auch bei Langenich mußte ein Wehr errichtet werden. Umfangreiche Erdbewegungen erforderte zur Zeit der Bau des Flutgrabens (genannt Umfluter), der vom Wehr aus 4,4 Kilometer nordwärts die Gemarkung bis zur Einmündung in die Erft durchfließt. So war die Verschlammung des Neffelbaches und des Umfluters in den folgenden Jahren stetig zu beobachten. Die von den Gemeinden angeordneten Reinigungen erforderten enorme Unkosten. Der einst so klare Bach glich dann sehr oft einem schmutzigen, trüben Abwasser, das besonders in den warmen Jahreszeiten für die in der Nähe Wohnenden keine angenehme Angelegenheit war. Abgesehen von den immer wiederkehrenden Hochwassergefahren ist auch das übelriechende Wasser dieses Baches eine Keimzelle für Krankheiten. Es steht fest, daß die unsauberen Abwässer hauptsächlich aus Gemeinden oberhalb des Kreises Euskirchen und Düren zugeführt werden. Als dann nach der großen Hochwasserkatastrophe 1940 wieder erhebliches Unheil angerichtet worden war, war dies für die Stadtverwaltung Veranlassung, ein neues Projekt für eine endgültige Beseitigung dieser Zustände aufzustellen. Nach landespolizeilicher Prüfung stimmten alle beteiligten Stellen diesem Projekt zu. Noch im gleichen Jahre ließ die Stadtverwaltung Kerpen umfangreiche Arbeiten, mit denen ein erheblicher Kostenaufwand verbunden war, ausführen. Es erfolgte eine erneute Regulierung des Bachbettes innerhalb der Ortslage durch Vertiefung, Erbreiterung und Begradigung, weil die Vorflutverhältnisse durch das Hochwasser unhaltbar geworden waren. In diesem Entwurf zu dem neuen Gesamtprojekt, der 1941 fertiggestellt wurde, war vorgesehen: die Erhöhung des Wehres bei Langenich, die Herstellung einer Betonrohrleitung in einer Länge von 900 m, durch welche die Wässer aus der Gemarkung aufgefangen werden sollten, der Ausbau des Neffelbaches und die Wiederherstellung der Vorflutgräben einschließlich der Räumung und Verbesserung des Wissersheimer Fließes.

Trägerin der Gesamtkosten war die Stadt Kerpen. Jedoch sollten Beihilfen aus Staats- und Provinzmitteln das Projekt für die Stadt tragbar gestalten. 1942 wurden dann im Rahmen dieses Projektes ausgeführt: Das Wehr bei Langenich wurde erhöht, die rechte Uferseite des Umfluters bis zur Reichsstraße erhielt durch Dammschüttung eine Verstärkung. Ferner wurde das Wissersheimer Fließ von der Gemeindegrenze bis zur Ortschaft Langenich geräumt. Die Ausführung dieses Projektes geriet jedoch in Stocken, bis die erneute Hochwassergefahr im Februar 1947 das Problem in allen Bevölkerungsschichten aufrollte. Die Stadtverwaltung ist seit jenen Tagen unermüdlich tätig gewesen, um im Zusammenwirken mit dem Wasserwirtschaftsamt Bonn die geplanten Abwehrmaßnahmen zu verwirklichen. Noch im selben Jahre erfolgte als Teilmaßnahme die vollständige Eindeichung des ersten Ufers des Umfluters. Das Wissersheimer Fließ wurde von Wissersheim bis zum Vinger-Hof vollständig geräumt. Die Ufer dieses Wasserlaufs an den niederig gelegenen Stellen wurden erhöht und das Bett vom Vinger-Hof abwärts bis zum Neffelbach gereinigt. Mit diesen Arbeiten war der zweite Bauabschnitt des Gesamtprojektes beendet. Nach Regelung der Finanzierungsfrage soll nun der dritte Bauabschnitt in Angriff genommen werden, in dem u. a. die Errichtung einer Betonrohrleitung vorgesehen ist, deren Einmündung in den Umfluter bei der Erhöhung des Wehres bereits eingebaut wurde. Ferner hat die Stadtvertretung die Absicht, das Bett des Baches innerhalb des Stadtgebietes in Betonschalen legen zu lassen, um der übermäßigen Verschlammung des Neffelbaches vorzubeugen und hierdurch bessere Reinigungsmöglichkeiten zu schaffen.

Die großen Sorgen um den Neffelbach lasten bekanntlich auf den Schultern der Stadtgemeinde Kerpen und der Nachbargemeinde Blatzheim. Beide Gemeindeverbände haben bereits 1916 immer die Bildung eines Wasserverbandes für den Neffelbach angeregt und auch die oberen Verwaltungsstellen hierfür zu interessieren versucht. Ob jetzt nun bald mit den seit 33 Jahren schwebenden Verhandlungen endgültig etwas Positives erreicht wird? Es wäre dringend zu hoffen und zu wünschen. Nach einer Verordnung des Oberpräsidenten der Rheinprovinz vom 17. 12. 1935 ist dieser Wasserlauf von der Straßenbrücke in Embken (Kreis Düren) bis zur Mündung in die Erft als Lauf 2. Ordnung bestimmt. Hier kann nur die Gründung eines Neffelbachverbandes, ähnlich wie der Erftverband, eine Regelung herbeiführen. Denn die fachgemäße Betreuung und Unterhaltung des Wasserlaufes und der dazu gehörigen übrigen Flußläufe, sowie vor allen Dingen eine gerechte Verteilung der Unterhaltungskosten soll Hauptaufgabe der zu bildenden Körperschaft sein. Es geht wirklich nicht an, daß die am Niederlauf des Neffelbaches liegenden Gemeinden, vor allem die Stadtgemeinde Kerpen und ebenfalls Blatzheim, schon seit Jahrzehnten enorm hohe Unterhaltungskosten tragen müssen, wogegen die am Oberlauf liegenden Gemeindeverbände, die erwiesenermaßen an der starken Verschmutzung des Baches beteiligt sind, hiervon sozusagen verschont bleiben.

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