Kölnische
Rundschau vom 4. Juni 1949
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Kolpingbanner
über Köln
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20.000 Gesellen am Grabe des
Gesellenvaters / Friede - Gerechtigkeit - Tätige Liebe
der Ruf von Köln / Ministerpräsident Arnold fordert
Zusammenarbeit mit Polen
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Kopf
an Kopf drängte sich die Menge vor der Minoritenkirche
(KR) Köln, die Stadt
Adolf Kolpings, in der er als Schustergeselle, als Priester, als
Gesellenvater wirkte und in der er begraben liegt, stand an diesen
Pfingsttagen ganz in seinem Zeichen. Zwanzigtausend katholische
Gesellen von den Alpen bis zur Nordsee, aus der Schweiz, aus
Holland, Belgien, Frankreich, Österreich und den andren
europäischen Ländern, in denen die Idee Kolpings bisher
Verbreitung fand, waren zum Grabe Kolpings geeilt, um die
Hundertjahrfeier ihrer Bewegung glanzvoll zu begehen. Sogar der
Zentralverband der USA, die Kolping Society of America,
deren Ursprünge schon ins Jahr 1860 zurückreichten, hatte
Vertreter geschickt, an der Spitze der trotz seiner 79 Jahre noch
recht temperamentvolle Pater Asmuth SJ. Sie alle stellten unter
Beweis, daß das Werk Kolpings trotz aller Einbußen durch
Krieg und Terror recht lebendig ist, daß es in sein zweites
Jahrhundert eintritt mit aller Aufgeschlossenheit für die
Probleme, die unsere Zeit zur Lösung stellt. -
Besuch
aus USA: P. Asmuth - alt an Jahren, jung im Herzen
Schon am
Mittwoch vor Pfingsten begann es, daß die Söhne Adolf
Kolpings das Stadtbild änderten und mehr und mehr beherrschten.
Vor dem Kölner Hauptbahnhof, vor der Minoritenkirche, am
Kolpinghaus auf der Breite Straße, vor der Universität
und an noch manchen Stellen der Innenstadt grüßten die
schwarz-orangefarbenen K-Banner Einheimische und Gäste.
Dazwischen sah man die Banner der Länder, in denen
Zentralverbände des Kolpingwerkes bestehen, unter ihnen das
warme und leuchtende Schwarz-Rot-Gold der deutschen Bundesrepublik.
Immer zahlreicher sah man auch auf den Rockaufschlägen das
schlichte und recht geschmackvolle Festabzeichen, - bis dann nur
noch diejenigen auffielen, die dieses Abzeichen nicht trugen.
Frohes Leben in der Zeltstadt
Nach
internen Beratungen der Führungsgremien des Kolpingwerkes
begannen die Festtage am Samstagnachmittag mit der Eröffnung
der Zeltstadt in der Nähe der Universität. Die Gruppe
Kolpings Wandernde Gesellen innerhalb des Kolpingwerkes
hatte sie für einige hundert der Festteilnehmer aufgebaut, die
nun nach und nach mit der Bahn, mit Fahrrädern und auf
Schusters Rappen eintrafen. Den Mittelpunkt dieser Zeltstadt bildete
ein riesiges aus Balken gefügtes Kreuz, flankiert von einem
K-Banner und der Fahne Schwarz-Rot-Gold. Der schlichten
Eröffnungsfeier ging voraus ein fröhlicher Nachmittag für
rund hundert Jungen und Mädchen aus Kölner Waisenhäusern,
die hier mit Kakao, Kuchen und Süßigkeiten bewirtet
wurden.
Begrüßung vor dem Grabe Kolpings
Am Abend drängte sich eine unübersehbare
Menschenmenge Kopf an Kopf auf dem Platz zwischen Minoritenkirche,
Kolumbaschule und Haus der Kolpingsöhne, und je mehr Sonderzüge
aus allen deutschen Gauen eintrafen, desto drangvoller wurde die
Enge. Der Generalpräses begrüßte alle Teilnehmer und
Gäste aus dem In- und Auslande und übermittelte zahlreiche
Grüße und Glückwünsche kirchlicher und
staatlicher Behörden, befreundeter Verbände und von
Einzelpersönlichkeiten, die sich mit dem Kolpingwerk verbunden
fühlten.
Bürgermeister Dr. Schwering überbrachte
in herzlichen Worten die Grüße der Stadt Köln und
teilte mit, daß diese das Grundstück mit den Trümmern
der Kolumbaschule, in der vor hundert Jahren der erste
Gesellenverein durch Adolf Kolping gegründet wurde, in die
Obhut des Kolpingwerkes gäbe.
Die Ansprachen der
Vertreter aus dem Auslande und der schwarz über die Grenze
gekommenen Kolpingsöhne aus der Ostzone wurden immer wieder von
Sympathiekundgebungen und starkem Beifall unterbrochen. Umrahmt
wurde diese Begrüßungsfeier durch Musik und Gesang.
Gruß des Kardinals
Im Pontifikalamt
am Sonntag grüßte der Hohe Protektor des Kolpingwerkes,
Kardinal Frings, die Kolpingsöhne aus nah und fern und feierte
in eindringlichen Worten das Werk des Gesellenvaters, das eine Reihe
von Merkmalen aufzuweisen habe, um die jeder katholisch-soziale
Verein es beneiden könnte. In wunderbarer Art verbinde es die
Religion mit dem Leben, die Berufsertüchtigung mit der
Anleitung zur Frömmigkeit. Wenige Organisationen hätten so
viel darin geleistet, gesunde christliche Familien ins Leben zu
rufen wie gerade die Bewegung der katholischen Gesellen, wenige
weiteten auch wie sie den Blick des jungen Menschen für die
Dinge des öffentlichen Lebens im Vaterland und über dessen
Grenzen hinaus.
Kolping im Schritt der Welt
In den Hahnentor-Lichtspielen versammelte sich dann eine
große Schar geladener Gäste zu einer internationalen
Kundgebung, bei der so
feierten in eindringlichen Worten
das Werk des Gesellenvaters, das eine Reihe von Merkmalen
aufzuweisen habe, um die jeder katholisch-soziale Verein es beneiden
könnte. In wunderbarer Art verbinde es die Religion mit dem
Leben, die Berufsertüchtigung mit der Anleitung zur
Frömmigkeit. Wenige Organisationen hätten soviel darin
geleistet, gesunde christliche Familien ins Leben zu rufen wie
gerade die Bewegung der katholischen Gesellen, wenige weiteten auch
wie sie den Blick des jungen Menschen für die Dinge des
öffentlichen Lebens im Vaterland und über dessen Grenzen
hinaus.
Zug der tausend Banner
Am
Nachmittag bewegte sich dann der Zug der mehr als tausend K-Banner,
belebt durch landsmannschaftliche und Handwerkergruppen, durch die
Straßen der Stadt, umjubelt von der Bevölkerung Kölns,
die an der Hundertjahrfeier starke Anteilnahme bekundete.
Auf
dem Albertus-Magnus-Platz vor der Universität endete der Zug
der Kolpingbanner aus allen Diözesen Deutschlands und der
Fahnen aller Zentralverbände des Internationalen Kolpingwerkes.
Zehntausende bevölkerten den weiten Platz, auf dessen
Ehrentribüne u.a. Weihbischof Ferche, Prälat Böhler,
Stadtdechant Dr. Grosche, Bürgermeister Schwering,
Handwerkskammerpräsident Günther Platz genommen hatten.
15.51 Uhr traf die Läuferstaffette aus Kerpen ein, die
vom Geburtshaus des Gesellenvaters eine Grußadresse
überbrachte. Dann berichteten fünf Kolpingsöhne im
Wechselgespräch über die Geschichte des Werkes und Wirkens
Adolf Kolpings. -
Der
Generalsekretär des Kolpingwerkes Dr. Wothe
Für
Würde und Wert des Menschen
Kolpings Werk wurde
gedeutet als eine bewußte Kampfansage gegen die kommunistische
Verproletarisierung des werktätigen Volkes. In diesem Sinne
sagte auch Generalpräses Dr. Ridder in seiner Rede: 100 Jahre
Kolpingwerk stellten dar 100 Jahre Kampf gegen Vermassung,
Verproletarisierung, Verelendung und Not; 100 Jahre Einstehen für
die Würde und den Wert der menschlichen Persönlichkeit:
100 Jahre Einstehen für die christliche Kultur des Abendlandes
und Mitarbeit an der Verchristlichung der Welt.
Das
Kolpingwerk trete dafür ein, daß das öffentliche und
staatliche Leben ein christliches Gepräge bekomme. Auch im
zweiten Jahrhundert, in das das Werk nun eintrete, seien die
Aufgaben die gleichen und das Vermächtnis Vater Kolpings müsse
mit Mut und Zuversicht angepackt werden.
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An
der Universität fanden zwei Kundgebungen statt, denen die
Kolpingsöhne aus nah und fern Weisung für die kommende
Arbeit entnahmen.
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Die
Banner der Zentralverbände ziehen ein.
Eine festliche
Lohengrin-Aufführung der Städtischen Bühnen
Köln und die Aufführung des eigens zum Kölner
Kolpingtag geschriebenen Festspiels Bauleute Gottes des
inzwischen verstorbenen Michel Becker, dargeboten von der
Laienspielschar der Deutschen Kolpingsfamilie, dazu eine Reihe
kleinerer Tagungen rundeten das Bild des Pfingstsonntags würdig
ab.
Der zweite Festtag begann mit der Feier seiner
Gemeinschaftsmesse vor der Universität, in der der Kölner
Domprediger, Pater Wunibald Brachthäuser OP, die Kolpingssöhne
aufforderte, gegen allen Zeitgeist, der wie eine böse Seuche
auch ihr Werk bedrohe, den Beistand des Heiligen Geistes zu
erbitten, da nur so ein Jahrhundert des Segens für Kirche und
Volk geschaffen werden könne.
Kolping im
Schritt der Welt
In den Hahnentor-Lichtspielen
versammelte sich dann eine große Schar geladener Gäste zu
einer internationalen Kundgebung, bei der so recht die Weltweite und
die Weltaufgeschlossenheit Kolpings und seines Werkes in Erscheinung
trat. Neben den Ausländern sah man als Vertretet der
Landesregierung Frau Kultusminister Teusch, den
Regierungspräsidenten Dr. Warsch von Köln, den Kölner
Handwerkskammerpräsidenten Günther und weitere Vertreter
staatlicher und kommunaler Behörden. Umrahmt von festlicher
Musik und Massenchören hielt der Generalsekretär des
Internationalen Kolpingwerkes, Dr. Franz Josef Wothe, ein sehr
beachtenswertes Referat über Kolping im Schritt der
Welt. Das Kolpingwerk wird international sein, oder es
wird nicht sein, rief er aus und betonte, daß Kolping
seine Gründung von Anfang an international gesehen habe. Dr.
Wothe forderte die Zusammenarbeit aller katholischen Verbände
mit dem Ziel der Verchristlichung der Gesellschaft. Die Stunde der
Kirche sei zu ernst für Konkurrenzkämpfe. Das Kolpingwerk
müsse aus seiner Isolation heraus zu seinem ursprünglichen
internationalen Charakter zurückfinden. Es könne heute
nicht mehr allein von Deutschland aus geleitet werden. In der ganzen
Welt versuche man, die Kirche aus dem öffentlichen Raum in ein
ghettohaftes Dasein zurückzudrängen, aber die Kirche dürfe
nicht mutlos resignieren, sondern müsse zum Wohl der Völker
in die Gesellschaft eindringen, um sie von innen heraus zu
verchristlichen.
Noch einmal kamen die Vertreter der
ausländischen Zentralverbände zu Wort - der Amerikaner,
der Österreicher, der Holländer, der Belgier, der
Franzose, der Schweizer - und alle bekundeten ihre Treue und ihre
Verbundenheit mit dem Werk, das in Köln begann und in Köln
seine Herzmitte hat. Alle gaben ihrer Überzeugung Ausdruck, daß
das Kolpingwerk internationalen Charakter habe und nur international
seine Aufgaben lösen könne.
Arnold: Nicht
Haß, sondern Liebe und Geduld
Im Mittelpunkt der
Kundgebung am Pfingstmontag vor der Universität stand eine Rede
des Ministerpräsidenten Karl Arnold, in der er eine enge
Zusammenarbeit mit Polen zur organischen Wiederbesiedlung des Landes
jenseits der Oder und Neiße forderte.
Das Land östlich
der Oder und Neiße sei zwar, wie der Ministerpräsident
sagte, gegen die Gesetze der Demokratie und gegen das Völkerrecht
unter fremde Verwaltung gestellt worden, und das deutsche Volk könne
dieses Land nicht aufgeben, aber der Haß sei nicht das
geeignete Mittel, um die Deutschlandfrage im Osten zu lösen.
Wenn es uns ernst ist mir dem europäischen Gedanken, dann
müssen wir mit den Polen zusammenarbeiten. Was wir dem Westen
gegenüber für richtig halten, kann im Osten nicht falsch
sein.
In seinen Ausführungen über
Gerechtigkeit und Frieden wies Ministerpräsident Arnold darauf
hin, daß die Sieger nach 1945 gegenüber dem
vorausgegangenen deutschen Unrecht ein entsprechendes Gegen-Saldo
aufgemacht hätten. Man dürfe diesem Unrecht aber nicht von
deutscher Seite mit der politisch und moralisch unmündigen
Feststellung begegnen: Die sind auch nicht besser. Der
Fluch der bösen Tat könne nur mit tätiger Liebe,
Geduld und Selbstbeherrschung aus der Welt geschafft werden.
Im
Anschluß hieran sprach der Diozösanpräses von
Freiburg Stiefvater, über die tätige Liebe, die die
Urdomäne des Christentums sei. Eine Gerechtigkeit ohne Liebe
sei die der Kaserne.
Aufgabe des Kolpingwerkes in unseren
Tagen sei der Aufbau der Familie, Kampf gegen jede moralische
Demontage, Aufbau der Berufsfamilie in einer ständischen
Ordnung und schließlich der Aufbau der echten Volks- und
Völkerfamilie. Er forderte von den Kolpingssöhnen, ein
Jahr lang monatlich einen Stundenlohn zum Aufbau von Kolpinghäusern
zu opfern und damit der Welt ein Beispiel zu geben, was tätige
Liebe vermag.
Unter stürmischem Jubel ergriff dann der
Kölner Erzbischof, Kardinal Frings, das Wort und sagte als
Protektor des Kolpingwerkes, die Aufgabe dieses weltweiten
Gesellenvereins sei vornehmlich eine große Einigung in
christlichem Geiste. Das Christentum unserer Tage sehe sich vor die
Aufgabe gestellt, Rußland wieder zum wahren Glauben
zurückzuführen und die asiatischen Völker für
ihn zu gewinnen.
Das Kölner Manifest
Alle
die glanzvollen und erhebenden Kundgebungen und sonstigen
Veranstaltungen des Kölner Kolpingtages, alle die auf ihm
gehaltenen Ansprachen, Predigten und Reden mündeten ein in das
Kölner Manifest, das Generalsekretär Dr. Wothe
auf der Kundgebung am Monat verlas und das unter dem Motto Friede
- Gerechtigkeit - Tätige Liebe steht, das auch das Motto
der Hundertjahrfeier war. Das Manifest kündet vom Wollen und
von der Aufgabe, die sich das Kolpingwerk gestellt hat, für
deren Verwirklichung sich das Werk insgesamt und jeder einzelne, der
sich zu ihr zählt, verantwortlich zu fühlen hat. Es heißt
darin, daß nur dann Friede wird, wenn jeder mithilft, die
inneren und äußeren Voraussetzungen dafür zu
schaffen. Friede entsteht nur aus Gerechtigkeit und Liebe. Darum
lehnt die Bewegung Adolf Kolpings die ungerechte Aufspaltung der
Welt in Klassen verschiedenen Wertes ebenso ab, wie sie die
unwürdige Ablösung der Gesellschaft durch Vermassung als
Volksschichten bekämpft. Sie weiß aber auch, daß
nur dann der Geist der Gerechtigkeit sich ausbreiten wird, wenn
nicht nur Forderungen erhoben und schöne Worte gemacht werden,
sondern wenn jeder sein persönliches Leben entsprechend
gestaltet.
Mit diesem Manifest, mit der ganzen Tagung hat
das Kolpingwerk seine Lebenskraft und seine Aufgeschlossenheit den
Anliegen unserer Zeit gegenüber unter Beweis gestellt. All die
schönen Worte und Gedanken nun im Alltag zu verwirklichen, wird
Aufgabe der kommenden Zeit sein. Wer den Kölner Kolpingtag
miterlebte, schöpft aus einem Kraftquell, der Belastungen, die
nicht ausbleiben werden, leicht ertragen hilft.
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