Kölnische
Rundschau Beilage Nr. 4, April 1949
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Rheinische
Bauern als Nachfahren des mittelalterlichen Hochadels
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Von Robert Steimel (Köln)
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Wie die Wirtschafts-, Güter-
und Ständegeschichte, so kann auch die rheinische Genealogie
aus reicheren und tieferen Quellen schöpfen als die anderer
Landschaften. Die Forschung führt oft zu überraschenden
Ergebnissen.
Meine Kinder haben mütterliche Vorfahren
aus dem Dorfe Pulheim, und zwar Johann Metzemacher, der 1820
Christine Decker heiratete. Ihr Bruder Theodor Eduard Decker war
Pfarrer zu Kirchheim. Diese Familie war in Pulheim angesehen,
stellte Ehrenbürgermeister, und es gibt da heute einen
Paul-Decker-Platz. Christines Vater Philipp Decker, Ackerer wie sein
Schwiegersohn, heiratete 1797 Magdalena Godenau aus Glessen. Damit
sind wir beim Angelpunkt unserer Betrachtung.
Der Name
Godenau ist ein Herkunftsname. Es gibt keinen Ort dieses Namens, aus
dem eine bürgerliche Familie zugewandert sein könnte, wohl
aber eine Burg westlich Godesberg am Rande des Kottenforstes. Sollte
die Familie von dort stammen? Die kurze Stammtafel bei v. d. Ketten
ergab nichts Neues. Fahne blieb erst wegen seiner Unzuverlässigkeit
unbearbeitet, bot aber dann noch den Schlüssel, dessen
Richtigkeit auch die Kirchenbücher bestätigten. Magdalena
ist die Nachfahrin der bei v. d. Ketten genannten v. Gudenau; die
Stammtafel reicht bis zu dem um 1589 geborenen Peter v. Godenaw.
Dieser dürfte von den Rittern v. Gudenau abstammen, die die
Herrschaft Gudenau 1366 an die Schwäger Scherffgin aus Köln
abtraten.
Peter v. Godenaw war kaiserlicher und spanischer
Kriegskommissar, churbayrischer General, sein Sohn Arnold und dessen
Sohn Joh. Peter waren Professoren der juristischen Fakultät der
Universität Köln, beide Rats- und Bannerherren. Arnold
bekleidete außerdem als Stimmeister den höchsten Rang
nach den Bürgermeistern der Reichsstadt. Johann Peter heiratete
1674 Adelheid Kuckartz aus Aachen. Ihr Vater hatte 1630 Maria v. d.
Heiden geheiratet, deren Vater Dietrich, verheiratet mit Adelheid v.
Zours, ein Sohn von Peter und Ursula Sudermann aus dem jüngeren
Kölner Patriziat war. Adelheid v. Zours Vater Aegidius war
verheiratet mit Magdalena v. Stommel aus der stadtkölnisch-jülichen
Familie, deren Frauen u.a. aus den Familien v. Zweiffel zu Wissen,
v. Broich gen. Volkart, v. Neuenhoff, v. Gymnich, v. Millendonk
kamen. Die v. Stommel waren seit etwa 1450 durch Heirat der
Erbtochter in den Besitz des Rittersitzes Neuenhoff bei Glessen
gelangt, der bei dieser Linie verblieb und an die Godenau kam, die
ihn im 18. Jh. in einem langwierigen Erbschaftsprozeß
verloren.
Die v. Zweiffel-Wissen waren blutsverwandt mit dem
Erbe der v. Stommel. Ähnlich die v. Plettenberg zu Schönrode,
v. Nesselrode zu Schönrode, v. Orsbeck zu Olsbrück, v.
Vischenich, Raitz v. Frentz, v. Binsfeld. Von den Orsbeck kommen wir
zu den v. Gymnich, den Burggrafen v. Drachenfels, Hammerstein und
Landscron, zu den alten Kölner Patriziern Scherfgin,
Cleingedanc, Overstolz, v. Galen und den Razonen, aber auch zum
hohen Adel, den Edelherren und Grafen v. Saffenberg, Neuenare, Are,
Hochstaden, den Edelvögten von Köln. Und weiter zu den
Dynasten v. Mörs, Kleve, Geldern, Heinsberg, Limburg:
Von
den Nesselrode geht die Ahnenfahrt zu den ritterbürtigen v.
Landsberg, v. Schönrode, v. Harff, v. Merode, v. Kniprode, aber
auch zu den Edelherren v. Horn, v. Ghemen, v. Elsloo-Stein, v.
Grafschafft, v. Wittgenstein, v. Sayn, v. Isenburg, v. Arberg, v.
Dietz, v. Sponheim, v. Virneburg. Kaum eines der westdeutschen
Herrengeschlechter fehlt; auch die Grafen v. Jülich, v. Berg
und v. Luxemburg sind mehrfach unter den Ahnen vertreten. In
mehreren Linien führt der Weg zu Karl dem Großen und
Wittekind, zu den Kaisern Heinrich IV., Otto dem Großen und
Friedrich Rotbart und weiter zu den Fürsten und Königen
von Holland, Frankreich, Schottland und Norwegen und durch Theophanu
zu den byzantinischen Kaisern.
Solches vielfältiges
Ahnengefüge ist keineswegs einmalig, sondern läßt
sich für viele rheinische Familien nachweisen, wie es bei Josef
Ponten geschah.
Ähnliche Gegebenheiten zeigen sich ihn
Hessen bei den Ahnentafeln Goethes und Wilhelm Wundts. Größere
Arbeiten von Dungern, Merckens, Thöne u.a. zeigen nicht nur
niederen Adel, sondern auch Fürsten in vielen bürgerlichen
Ahnentafeln. Der Historiker Erik Brandenburg war der Überzeugung,
daß jeder heute lebende Deutsche und Franzose in irgendeiner
Linie von Karl dem Großen abstamme.
Familien unserer
Heimat, die von den Metzemacher, Decker und Godenau in Pulheim,
Glessen und Umgebung stammen, können vom Verfasser weitere
Auskunft erhalten.
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