Kölnische Rundschau Beilage vom 3. Oktober 1947


Der Kreis Bergheim im 19. Jahrhundert

Landwirtschaft und Industrie gehen unserem Kreise seit Anfang des 19. Jahrhunderts das Gepräge. Die heraldische Darstellung des Kreiswappens wird dieser Tatsache in hübscher Lösung gerecht. Die einstigen großen Waldflächen sind heute bis auf rund 10 % der 37.000 ha umfassenden Gesamtfläche des Kreises zurückgegangen. Dafür gewannen Zuckerrübe und Weizen mehr und mehr an Boden, so daß sie heute rund 7.000 ha der etwa 28.000 ha umfassenden landwirtschaftlichen Nutzfläche erreicht haben. In den letzten Friedensjahren stellte eine Zuckerrübenerzeugung von rund 333 Doppelzentnern je ha den Kreis Bergheim an die Spitze der fruchtbarsten Gebiete der Rheinprovinz. Die Gründung von Zuckerfabriken in Bedburg und Elsdorf war der Anlaß, daß der Zuckerrübenanbau bei den Bauern aufkam und mehr Anklang fand. Elsdorf besitzt die größte Zuckerfabrik des Rheinlandes. Bedburg verarbeitete jährlich mehr als 1 ½ Millionen Doppelzentner Rüben zu Rohzucker und zu Melasse, Zuckerschnitzeln, Brühschnitzeln, Trocken- und Naßschnitzeln als Nebenprodukte. Westlich der Erft beherrscht die Landwirtschaft das Feld, östlich muß sie sich im Vorgebirge und seinen Ausläufern mit einer blühenden Braunkohlenindustrie und bedeutenden Kraftwerken in die Arbeit teilen. Hier muß mancher Bauer dem unaufhaltsamen Vordringen der Brikettfabriken weichen. Gerade in den letzten Monaten werden auf Drängen des Kölner Regierungspräsidenten vom Landtage weitschauende Planungen zur Rekultivierung und Umsiedlungsmaßnahmen beraten und praktischer Verwirklichung nähergeführt. Bis zu 100 m Mächtigkeit reichen die Flöze, die bisher nur im Tagebau betrieben wurden. In größerer Tiefe, dafür aber noch besserer Qualität liegen Braunkohlenflöze, deren Abbau unter Tage ein Vielfaches der heutigen Produktion ergeben würde.

Linoleumwerke, aluminiumerzeugende Industrie (Bergheim, Horrem), Glasindustrie (Ichendorfer Glashütte und Sindorfer Glasfabrik), Elektromotorenwerke, Generatoren, Dynamos, (Horrem) waren in den letzten Jahrzehnten vor dem Kriege weitere Meilensteine und Produkte der mächtig aufwärtsstrebenden Industrialisierung des Kreises. Heute allerdings ist ihre Zukunft durch die Entwicklung der Nachkriegsjahre und die neuestens veröffentlichten Demontagepläne weitgehend gefährdet. Doch bleibt zu hoffen, daß der Kreis Bergheim, dem es trotz der oben geschilderten wirtschaftlichen Aufwärtsbewegung bis heute gelang, seine ländlichen Charakter zu bewahren, auch in Zukunft einer gesicherten wirtschaftlichen Weiterentwicklung entgegengeht.

h.

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