Kölnische
Rundschau Beilage Nr. 3, März 1949
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Aus der
Siedlungsgeschichte des Kreises Bergheim
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Wenn man den zeitlichen Ablauf der
Besiedlung eines Gebietes feststellen will, so ergeben sich als
Unterlagen insbesondere drei Anhaltspunkte: Einmal die Bodenfunde,
zum zweiten die ältesten Erwähnungen und zum dritten die
Namen der Orte. Bodenfunde und Typen der Ortsnamen bieten die
wichtigsten Anhaltspunkte. Jede Periode der Siedlung hat sich
nämlich einen bevorzugten Namentypus geschaffen. So gaben die
Franken der Landnahmezeit im Kölner Raum ihren Dorfgründungen
Namen, die auf heim endigen. Die Franken, die in der
merowingischen Zeit den Ausbau der Siedlung durch Neugründungen
vornehmen, lieben es, die von ihnen geschaffenen Siedlungen mit
Namen zu benennen, die auf weiler endigen, während die
spätere Rodung des hohen Mittelalters durch Ortsnamen auf
bach, -berg, -rode bzw. -rath und scheid gekennzeichnet
ist.
Fränkische Siedlungen
Noch heute
geben im Kreise Bergheim heim-Namen Zeugnis von der Gründung
von Siedlungen, die sich hier im weiteren Umkreis des fränkisch
gewordenen Köln fränkische Bauern in der Zeit der
Landnahme, also im 5., spätestens im 6. Jahrhundert, schufen.
Es sind die Orte Bergheim, Blatzheim, Bolheim, Manheim, Nieder- bzw.
Oberaußem und jenes 864 erwähnte Horoheim, dessen Name
heute zu Horrem geworden ist. Für Bolheim beweisen außerdem
noch fränkische Grabfunde das Alter der Siedlung. Das Fehlen
von Funden bei anderen Orten besagt hier natürlich nichts; denn
entweder sind ältere Kulturreste zu uns unbekannter Zeit
zerstört worden oder aber sie harren noch der Aufdeckung.
Außer den heim-Orten, die oben genannt wurden,
entstanden in fränkischer Zeit noch weitere Siedlungen des
Kreisgebietes, Etzweiler ist offensichtlich ein altes Ezzonis
villare; Weiler ist nämlich entstanden aus dem in spätrömischer
Zeit gebrauchten, von den Franken übernommenen Wort villare,
das Hof bedeutet. Der Ort geht also auf den Hof eines Ezzo zurück,
eines Franken, dessen Name im Geschlecht der Pfalzgrafen noch
wiederkehrt.
Für andere Orte beweisen uns fränkische
Gräber, daß hier einst fränkische Bauern ihre
Fachwerkhöfe errichteten. Es sind Bedburg, Elsdorf, Pütz
bei Kirchtroisdorf. Niederembt und Oberembt. Teilweise finden sich
noch andere Hinweise, die auf das hohe Alter dieser Siedlungen
hinweisen. Elsdorf ist in der Nähe einer alten römischen
Siedlung entstanden: die neuen Siedler haben hier wie so oft das
Land, das in römischer Zeit unter dem Pflug gewesen war, in
Benutzung genommen. Bedburg wird als Bedbure schon verhältnismäßig
früh, nämlich im Jahre 893, erwähnt; in
spätfränkischer Zeit wird in diesem Ort auch die Gründung
der Kirche erfolgt sein, mit dem Patrozinium des hl. Martinus, der
mit Remigius einer der Nationalheiligen der Franken ist.
Auf
das Bestehen einer Kirche in fränkischer Zeit weist dasselbe
Patrozinium noch bei zwei anderen Orten hin, und zwar bei
Kirchherten und bei Morken. Kirchherten wird schon 893 als Hertene
erwähnt, während Morken, das erst im 11. Jahrhundert
urkundlich erwähnt ist, auf altem Kulturboden entstand - die
Funde von Matronensteinen bezeugen mit einem Heiligtum der
einheimischen Bevölkerung auch eine Siedlung der römischen
Zeit. Auf Boden, der in römischer Zeit bereits in Nutzung
genommen war, entstanden auch das 983 genannte Glesch und der Ort
Thorr, der an einem Kreuzungspunkt römischer Straßen
gegründet worden ist. Daß auch Thorr schon
verhältnismäßig früh der Sitz einer Kirche
wurde, scheint noch heute das Apostelpatrozinium der hl. Simon und
Juda zu bezeugen; gerade die Patrozinien der Apostel waren nämlich
in der Frühzeit beliebt. Am Ende des 9. Jahrhunderts werden
dann noch Paffendorf, Kirdorf und Türnich erwähnt.
In
der Zeit der Franken reichen gewiß auch Kerpen und Königshoven
zurück. Königshoven zeigt noch heute in seinem Namen seine
Geschichte. Es war ein königlicher Hof, ein Fronhof, dessen
Hintersassen die Dorfgemeinschaft gebildet haben. Königlicher
Besitz war auch Kerpen, eine Siedlung, die eine römische
Vorgängerin gehabt hat. Der König hat offenbar den Hof,
den er hier hatte und der ihm vielleicht als römische Domäne
zugefallen war, befestigen und jenen Hügel aufschütten
lassen, der als letzter Rest der Burganlage sichtbar geblieben ist.
Um einen fränkischen Königshof gruppierte sich auch
Paffendorf; die Bewohner des Dorfes waren offensichtlich
Hintersassen des Hofes, den König Zwentibold von Lothringen 898
dem Kanonissenstift in Essen schenkte.
Die Entwicklung der
Siedlung in der fränkischen Zeit wird im Laufe der Zeit
wahrscheinlich noch deutlicher werden. Es war gegeben, daß die
frühen fränkischen Siedler bevorzugt ihre Orte auf Gelände
gründeten, das schon in römischer Zeit in Kultur genommen
war. Diese fränkischen Bauern zogen über die römischen
Heerstraßen; dort war die nächste Gelegenheit, sich eine
Niederlassung am Rande der Straße zu suchen. So ist Außem
an der Straße Köln-Roermond entstanden, und Bedburg,
Thorr, Blatzheim sowie Bolheim liegen an einer römischen
Nord-Südverbindung, die sich in Blatzheim mit der Straße
Köln-Aachen kreuzte.
Die Siedlungen der
hochmittelalterlichen Rodung
Um die Wende des ersten
Jahrtausends war der vorhandene Siedlungsraum erschöpft, wenn
man nicht in den Wald vordrang und ihn lichtete, um neues Ackerland
zu gewinnen. Die auf allzu schmaler Scholle sitzenden Menschen
greifen nun in den nächsten Jahrhunderten entschlossen zu Axt
und Spaten, um den Wald zu fällen und den Bruch und Sumpf
trockenzulegen. Es sind offenbar jüngere Söhne von Bauern
aus alten Siedlungen, die diese großartige Pionierarbeit
geleistet haben. Ein Blick auf die Karte zeigt, wie sich gleich
einem Kranz die neuen Siedlungen um die alten Dörfer legen. So
entstehen zwischen Morken und Bedburg Epprath und Broich, zwischen
Bergheim und Horrem Quadrath, südlich von Horrem Hemmersbach,
Habbelrath, Grefrath, Bottenbroich und Mödrath, südlich
von Elsdorf Reuschenberg und Wüllenrath.
Mit der
Rodungsperiode hat das Siedlungsbild im späten Mittelalter für
Jahrhunderte einen Abschluß erhalten. Das Problem der
überschüssigen Bevölkerung konnte auf dem begrenzten
Boden der Heimat nicht mehr gelöst werden. Als Ventil blieb die
Auswanderung. Erst in neuester Zeit wurden durch die Intensivierung
der Landwirtschaft, die zu neuen Methoden überging, die
Erschließung der Braunkohle und die industrielle Entwicklung
neuer Lebensmöglichkeiten geschaffen, die eine starke
Erweiterung vorhandener Siedlungen und die Gründung neuer
Siedlungen wie des Dorfes Fortuna ermöglichten. Das
Siedlungsbild, das im späten Mittelalter erstarrt war, ist
darum wieder in Fluß geraten. In welchem Maße dies der
Fall ist, zeigt uns heute dieser so seltene Vorgang der Verlegung
eines ganzen Dorfes, wie wir ihn zur Zeit bei Bottenbroich erleben.
H.N.
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