Kölnische
Rundschau Beilage - Ausgabe Nr. 2, Februar 1948-
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Das Erftland
zur Braunkohlenzeit
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Von L. Vaessen (Horrem)
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Glockenschläge der
Ewigkeit nannte einmal der englische Astronom Newcomb jene
Zeitpunkte, zwischen denen sich am Himmel periodische Vorgänge
von wunderbarer Harmonie abspielen, welche die ordnende Hand des
Schöpfers erkennen lassen, der seinem kosmischen Uhrwerk einen
Gang von Jahrmillionen zugedacht hat. Auch in unserem Erftland hat
seit der Braunkohlezeit oftmals die säkulare Uhr geschlagen,
die den Abschluß alter und den Anfang neuer Erdperioden
ankündigte. Und vielleicht wird schon im laufenden Jahre wieder
ein Glöcklein klingen, um den Beginn des Untertagebaues
einzuläuten, der die Hunderte Meter tief unter unseren
gesegneten Ackerfluren ruhende Braunkohle ans Licht fördern
soll. Dem modernen Menschen mit seiner Unrast geht nichts schnell
genug. Er weiß, daß es um die Jahrhundertwende mit den
Braunkohlenvorräten der Ville zu Ende sein wird. Darum muß
an die Hebung der 20 bis 30 Milliarden Tonnen Braunkohle unserer
Erftscholle herangegangen werden, die noch für die ersten
Jahrhunderte des dritten Jahrtausends ausreichen dürften.
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Es war zur sogenannten Tertiärzeit,
dem dritten geologischen Erdzeitalter, und zwar in der Zeitspanne
vom oberen Oligozänabschnitt bis zum Heraufdämmern der
Miozänzeit, als sich in unserem Erftland einzigartige Vorgänge
abspielten. Das geschah vor rund 20 Millionen Jahren. Bitte, nicht
mit dem Kopf schütteln, die Zahl stimmt sehr genau; geologische
und chemische Überlegungen, die zu ihr führten, wurden
nach Methoden der Atomphysik geprüft und für richtig
befunden. Zu jener Zeit erreichte das oberoligozäne Nordmeer
seine weiteste Ausdehnung nach Süden, und das ganze Erftland
lag unter Wasser. An der Stelle, wo heute Aachen liegt, brandete
damals die Meeresküste, die sich dann weiter auf Köln
hinzog, aber schon nördlich von Düren südwärts
abbog, oberhalb von Bonn ihren südlichsten Punkt erreichte, den
Rhein überquerte (der aber damals noch nicht floß), um
dann wieder nördlich und schließlich nordöstlich das
Ruhrgebiet weiter zu verlaufen. Diesen ungefähr dreieckigen
Meerbusen nennt man die Niederrheinische Bucht, deren östliche
Kammer die Kölner Bucht ist. Sie war ein flaches
Senkungsgebiet, ein sogen. Grabenbruch, in dem hier sehr tief
liegenden Rheinischen Schiefergebirge. Darin hatte im mittleren
Oligozän, also etwas vorher, ein alter, nur noch in seinen
Ablagerungen erkennbarer Fluß, der von dem Dürener
Geologen Edmund Kurtz der alte Eifelstrom genannt wird, die
sogenannten Basisschichten bestehend aus Sanden und Tonen,
abgesetzt.
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Nachdem das Meer begonnen hatte,
sich wieder nordwärts zurückzuziehen, oder mit anderen
Worten: als das Land sich hob, und das Wasser noch seichter wurde,
bildete sich in den Tümpeln der Bucht bei dem damals
herrschenden subtropischen Klima eine üppig gedeihende
Waldflora von Laub- und Nadelbäumen. Darunter waren riesige
Mammutbäume, wie sie heute noch in den feuchten kalifornischen
Bergen wachsen, ferner Palmen, Zypressen und viele andere Arten. Bei
der ständig feuchten Treibhaustemperatur begann mit der Zeit
die Pflanzenwelt in den stagnierenden Gewässern dieser
Sumpfwälder bei Luftabschluß und hohem Grundwasserstand
zu vermodern. Schicht auf Schicht türmten sich die
abgestorbenen Pflanzenreste und wurden zu Torf. So entstanden im
oberen Oligozän die Braunkohlenschichten aus abgesetzten
Sanden mit Flözbildung. Im Verlaufe der folgenden Miozänzeit
wich das Meer noch weiter nach Norden zurück, seine Küstenlinie
ging nun an Geldern und Rheinberg vorbei, bog zur Lippe ab und
machte einen Bogen um Wesel. Der durch diese Landhebung bewirkte
schnellere Abfluß der Gewässer nach Norden führte so
schon von der Zeit des unteren Miozäns an das Ende der
Braunkohlenbildung herbei. Reste aus der Tierwelt der
Braunkohlenzeit unseres Erftlandes haben sich nicht erhalten;
wahrscheinlich waren die Bodenverhältnisse der Konservierung
nicht günstig. Überreste des Menschengeschlechts könne
nicht erwartet werden, weil seine Vertreter damals noch nicht gelebt
haben.
Wichtige geologische Ereignisse unserer Heimat waren
die sogenannten Verwerfungen; das sind Schichtstörungen oder
Schollenbrüche, die z.Zt. des unteren Miozäns als
Ausgleich von Schollenspannungen stattfanden. Die bekanntesten
Brüche sind der Frechener- und der Erftsprung sowie der
Rurrand. Sie gliedern unsere Bucht in vier Abschnitte: in die Kölner
Scholle zwischen dem östlichen Buchtrand und dem Frechener
Sprung, in die Scholle der Ville zwischen Frechener- und
Erftsprung, in die Erftscholle zwischen dem letzteren Sprung
und dem Rurrand und über diesen hinaus nach Westen die
Rurscholle. Die größte Verwerfung ist der 65 km lange
Erftsprung, der sich aus der Gegend von Meckenheim bis Grevenbroich
erstreckt. An ihm glitt nach der Ablagerung der Braunkohle unsere
ganze Erftniederung etwa 400 bis 500 m abwärts. Das ganze
Senkungsgebiet hatte vom mittleren Miozän ab ein stärkeres
Gefälle nach Norden erhalten, so daß sich bis zum Ende
der Pliozäns (der letzten Phase des Tertiärs) die sogen.
Colithschichten (Kiesel) bis zur Stärke von über
100 m als dritte Schichtfolge über die vorerwähnten Basis-
und Braunkohlenschichten ablagerten, wodurch die durch den
Erftsprung entstandene Senke wieder fast ganz ausgeglichen wurde. -
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