Kölnische Rundschau vom 1. September 1949

Als man bei uns noch Torf grub

Unglücksfälle durch primitive Arbeitsweise - Was der „Commissär“ rügte

Wenn man heute am Fuße des Vorgebirges und seiner Ausläufer wandert, sieht man immer wieder die hohen baumbestandenen Abraumhalden, die aus der Ferne für einen Uneingeweihten wie natürliche Berge wirken. Hier ist so recht festzustellen, wieviel Erde fortzuschaffen war, bevor man an ein ergiebiges Ausbeuten der Braunkohle denken konnte. In stark einem halben Jahrhundert hat stellenweise die Gegend vom Vorgebirge bis hinab zur Erft ein ganz neues, leider nicht immer erfreuliches Aussehen erhalten.

Schon zu Beginn des vorigen Jahrhunderts befaßte man sich schon intensiver mit der Förderung der Braunkohle. Unsere Vorfahren hatten noch eine andere Bezeichnung für die braune Masse und nannten sie Torf. Etwas später formte man einen Torfklütten, die in der Sonne getrocknet wurden, aber nichts mit den heutigen Briketts gemein hatten. Auch wird damals kein Mensch an eine Braunkohlenförderung gedacht haben, wie wir sie heute kennen. Obwohl vor 135 Jahren noch sehr langsam nach diesem Brennmaterial gegraben wurde, waren durch die primitive Arbeitsweise doch schon Todesopfer zu beklagen. Deshalb sah sich der General-Gouvernements-Commissär im Roer-Departement veranlaßt, an die damaligen Kreisdirektoren und Bürgermeister folgendes Schreiben zur richten:

„Kaum ist meine Verordnung vom 11. Jänner 1816 wegen der vorsichtigen Bearbeitung der Sand-, Kies-, Mergel- und ähnlicher Gruben bekannt gemacht, als ein neuer Unglücksfall die hin und wieder herrschende Sorglosigkeit bestätigt und allen Verwaltungs-Behörden und Polizeybeamten die strengste Aufsicht auf dergleichen Anlagen empfiehlt. Am 21. Jänner cr. wurde in der Gemeinde Frechen (Kreis Köln) ein Arbeiter in einer Torfgrube von den hinter ihm einstürzenden Erdgängen verschüttet. Wenn sich gleich bei dieser Gelegenheit der biedere, edelmüthige Sinn der Bewohner in einem schönen Lichte zeigte, indem auf den Ruf des Bürgermeisters über 150 Menschen herbey eilten und mit unermüdeter Anstrengung länger als 24 Stunden ununterbrochen fort arbeiteten, um den Unglücklichen, dessen Stimme anfangs noch gehört wurde, zu retten, so hat letzterer doch auf schreckliche Weise sein Leben einbüßen müssen. Möge dieser traurige Vorfall als heilsame Warnung dienen und zur Vorsicht ermahnen! Möge derselbe insbesondere allen Eigenthümern, Besitzern und Aufsehern von dengleichen Gruben die schwere Verantwortung ins Gewissen rufen, durch vernachlässigte Aufmerksamkeit das Unglück eines Menschen, ja oft einer ganzen Familie, welche den Verlust ihres Ernährers beweint, zu verschulden.“

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, kurz bevor die Braunkohlenförderung in großem Umfange begann, muß es mit der Vorsicht in den vielen kleinen Gruben noch nicht weit her gewesen sein. So berichtete eine Zeitungsnotiz aus dem Jahre 1878, daß einem Landwirt aus Büsdorf ein wertvolles Pferd verlorenging. Das Tier fiel beim „Knabbenholen“ bei der Giersberggrube (gemeint ist das heutige Fortuna) in ein ausgebeutetes Torfloch und verletzte sich dabei so sehr, daß es abgeschlachtet werden mußte.

G.V.

© Copyright 2003 wisoveg.de
Zur Homepage