Sonderausgabe
Kölnische Rundschau vom 27. März 1956
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Zucker mit und
ohne Wunder
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Glänzende Aufbauleistungen
in der rheinischen Zuckerwirtschaft
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Elsdorf - Im satten Grün
leuchten weithin die Rübenäcker in der rheinischen
Landschaft vom frühen Sommer bis in den späten Herbst
hinein. Mitten dazwischen erheben sich unvermittelt riesige
Fabriken, vor deren Toren sich von Oktober ab bis tief in den Winter
hinein lange Wagenkolonnen stauen. Diese Fabriken sind buchstäblich
aus dem Boden gewachsen; denn sie verarbeiten seine Frucht, die
Zuckerrübe, zu einem der hochwertigsten Nahrungsmittel und zu
einer Fülle von Futtermitteln, die einen wichtigen Baustein zur
Basis der blühenden rheinischen Viehzucht liefern und damit zur
Milchversorgung der nahen Großstädte.
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Von der einst so großen
Zuckerwirtschaft des Deutschen Reiches, der bedeutendsten
Mitteleuropas, war der größte Teil nach dem letzten Krieg
an die Ostzone gefallen. Der kleinere Rest, dessen zweitgrößtes
Zentrum in der Kölner Bucht und am Niederrhein liegt, deckte
1947/48 nur knapp ein Drittel des damals durch die Rationierung
gedrosselten Verbrauchs.
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Eine Bedarfsdeckung aus eigener
Produktion von 40 vH wurde von Fachleuten als möglich
angesehen, eine solche von 50 vH galt schon als ideal. Statt dessen
konnte nach sechs Jahren - 1953/54 - die westdeutsche
Zuckerindustrie den inzwischen erheblich gestiegenen Bedarf aus
eigener Ernte decken. Und was zunächst als dem Glücksfall
einer außergewöhnlich guten Ernte zugeschrieben worden
war, scheint sich nach einer fortgesetzten Verbesserung der
Anbaumethoden zum Normalfall zu entwickeln. Ja, die deutsche
Zuckerwirtschaft muß heute schon ihre Existenzgrundlage gegen
eine einstweilen aus handelspolitischen Gründen kaum
vermeidbare Einfuhr verteidigen, die allzulange auf die früheren
Produktionserwartungen abgestellt worden war.
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Freilich, diese Leistung kommt nicht
ganz aus eigener Kraft und auf marktwirtschaftlicher Basis zustande.
Die Zuckerwirtschaft steht bei uns wie in den meisten anderen
Ländern unter staatlichem Schutz. Den Anbauern ist ein
Mindestpreis für die abgelieferten Rüben garantiert, der
von Jahr zu Jahr festgesetzt wird und zeitweise hart umkämpft
wurde. Auch der Zuckerkleinverkaufspreis ist gesetzlich festgelegt,
und damit hat die Zuckerindustrie eine feste Kalkulationsbasis, auf
der sie ihren Wiederaufbau in Ruhe entwickeln konnte. Außerdem
wird sie durch eine Einfuhrschleuse und notfalls noch durch einen
Zoll gegen die ausländische Konkurrenz geschützt, die auf
keinem Agrargebiet so heftig ist wie am Weltzuckermarkt. Der
Zuckerpreis hat dort einen untragbar tiefen Stand erreicht.
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Aber trotz dieses Schutzes ist das
Tempo des Wiederaufbaus und der dabei schon erreichte Grad der
technischen Ausrüstung der Zuckerfabriken bemerkenswert. Man
muß bedenken, daß sie ihre Produktion binnen sechs
Jahren vervierfachen mußte. Der volkswirtschaftliche Nutzen
dieser Leistung wird noch dadurch erhöht, daß einmal der
Landwirtschaft hiermit ausgedehnte und feste Absatzmöglichkeiten
für ein ihr unentbehrliches Bodenerzeugnis geboten werden.
Gerade die Landwirtschaft der Kölner Bucht findet einen
wesentlichen Teil ihrer Rentabilität im Zuckerrübenbau,
für den ihre Böden besonders geeignet sind, und deshalb
hofft sie auch, daß die ihr von der Braunkohle allmählich
zurückgegebenen Ländereien eine Qualität aufweisen
werden, die diesen Anbau weiter ermöglicht und sogar noch
stärken wird.
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Auf der andern Seite sichert die
Aufbauleistung der Zuckerindustrie die Deckung des Bedarfs an einem
unentbehrlichen, dem Nährwert nach sehr hochstehenden und
trotzdem sehr preiswerten Nahrungsmittel ohne Belastung der
Zahlungsbilanz.
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Neue Probleme
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Nun aber steht die westdeutsche
Zuckerwirtschaft vor einem neuen Problem. Sie kann ihre mühsam
errungene Stellung nur dann behaupten, wenn es ihr gelingt, den
Absatz zu erhöhen. Zwar ist der westdeutsche Zuckerverbrauch
noch sehr ausdehnungsfähig. Er hat im Gegensatz zur Produktion
und trotz der anhaltenden Verbesserung der Lebenshaltung breiter
Volksschichten keinen Anteil am Wirtschaftswunder, sondern hält
vielmehr auf dem letzten Platz unter den klimatisch und
wirtschaftlich vergleichbaren Ländern. Seine größte
Hemmung ist die längst überholte Zuckersteuer, die noch
aus jenen Zeiten stammt, als der Zucker als Luxus galt. Seit Jahren
kämpft die Zuckerwirtschaft - Landwirtschaft und Industrie
Seite an Seite - gegen diese immer noch viel zu hohe Steuer. Den
ersten Erfolg hat sie jetzt mit der Senkung auf 10 DM je 100 kg
erzielt. Doch bedarf es weiterer Bemühungen im Anbau, in der
Verarbeitung und in der Absatzpflege, wenn die bisher erreichten
Erfolge behauptet werden sollen.
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Einst
charakteristisch, immer schön.
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Nicht nur der Braunkohle, auch
der intensiveren Landwirtschaft sind im Laufe der Zeit ausgedehnte
Waldbestände zum Opfer gefallen. Um so mehr freut sich das Auge
an solche Baumgruppen, die es auch bei uns noch gibt. Gottlob! Denn
auf eine Waldrekultivierung wird man im Kreise Bergheim lange warten
müssen; wenn die Zuckerwirtschaft an Erft und Gillbach weiter
so gut gedeiht.
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