Beilage Kölnische Rundschau vom August 1947

An Erft und Gilbach


Heimatblätter für den Kreis Bergheim


Sange und Bausche, Schobbe und Bärm

Ein sprachkundlicher Streifzug durch die Ernte

Die Getreideernte ist in den letzten heißen Wochen überall zu Ende gegangen: der „An“ (oder Arnt oder Arn) oder der „Auß“ ist vorbei. Beider Wörter bezeichnen (Rheinisches Wörterbuch I 256) die Erntezeit. In früherer Zeit gingen vielfach Tagelöhner auf dem flachen Lande „en den An“, d.h. sie gingen, sich als Schnitter in der Ernte zu verdingen. Eine scharfe Scheidegrenze zwischen beiden Bezeichnungen, An und Auß, gibt es in unserem Gebiet nicht. In manchen Ortschaften, besonders auf der Grenze der Landkreise Köln, Bergheim und Euskirchen, werden beide Bezeichnungen auch heute noch nebeneinander gebraucht. Heiß liegt die Sonne über den weiter gelben Getreidefeldern, durch die das Messer der Mähmaschine oder des Selbstbinders oder der Handsense rauscht. Die letztere, die Sense, wird nur noch vom kleinen Landmann gebraucht, der neben Obst- und Gemüsebau hier und da einen kleinen Acker mit Getreide für den eigenen Bedarf bestellt hat. Allgemein macht heute die Maschine, ob Mähmaschine oder Selbstbinder, die Erntearbeit schneller und leichter und viel müheloser. Vor einem Menschenalter noch war es nur das „Seech“, mit dem die ganze Erntearbeit mit der Hand gemacht werden mußte.

Mit dem Madhoch, Madhaken (Rheinisches Wörterbuch III 114), einem schwach gebogenen Eisen an einem Holzstiel, wurde das Getreide zurecht gelegt, um es mit dem „Seech“ besser schneiden zu können. Das Seech ist eine Sense mit einem kurzen Stiel, die mit der rechten Hand geschwungen wurde, was eine große Kraftanstrengung und Geschicklichkeit forderte und langer Übung bedurfte. Es kann lange nicht jeder mit Seech und Madhoch arbeitern. Auf dem Rücken baumelte ein Kuhhorn, in dem sich, in Essigwasser getaucht, der Schleifstein befand. Das Seech mußte sehr oft während des Schneidens mit dem Schleifstein neu geschärft werden. Heute sieht man nur noch vereinzelt Bauern oder Landarbeiter mit Seech und Madhoch arbeiten, die Maschinen machen es besser und schneller und die meisten kenne Seech und Madhoch kaum noch dem Namen nach. Die Maschinen schneiden das Korn und legen sofort die fertigen Garben aufs Feld. Das sind die „Schobben“, die ungedroschenen Garben Getreide. Es ist auch heute noch ein feiner Unterschied zwischen einer Getreidegarbe und einer Strohgarbe, d.h. zwischen gedroschenem und nicht gedroschenen Getreide, wie es der Mäher mit dem Madhoch oder die Maschine aufs Feld legen, das sind die Schobben, wogegen die gedroschenen Garben, wie sie aus der Dreschmaschine kommen, Buusche genannt werden. (Rheinisches Wörterbuch I 562.) Die Schobben weiden dann zu einzelnen Haufen zusammengesetzt, zu dem sog „Kupp“. Der Ausdruck „Kupp“ für die zusammengesetzten Garben kommt im Rheinland nur in der Kölner Bucht vor. Es ist ein ziemlich eng begrenzter Raum in dem man den „Kupp“ kennt; in den Kreisen Bergheim, Köln und Euskirchen teilweise, sonst kennt man nur den Ausdruck „Hoof“ für diese zusammengesetzten Schobben. Es soll auch nicht überall gleich sein, wie viele Schobben in einen Kupp oder Hoof gehören. Ein Kupp soll (Wrede, Rheinische Volkskunde 204) allgemein 12 Garben enthalten, jedoch bestätigen Beobachtungen in unserer Heimat dies nicht.

Ist das Getreide dann im Kupp oder Hoof ordentlich ausgereift, dann wird es zu „Bärm" (Rheinisches Wörterbuch I 466) zusammengesetzt, sofern nicht eine Feldscheune in der Nähe ist oder das Getreide nicht gleich in die Hofscheune eingefahren wird. Diese Bärm haben in unserer engeren Heimat meist die viereckige Form eines Hauses mit dachartiger Spitze. Mitunter sieht man allerdings auch die in anderen Gegenden Deutschlands üblichen Zusammenstellungen in Form eines Strohbienenkorbs.
Was beim Zusammensetzen der Garben und beim Einfahren an Aehren liegen bleibt, darf mit Erlaubnis des Grundstückseigentümers gesammelt werden. Meist sind es Kinder, heute allerdings auch viele Erwachsene, die das „Sümmern“ besorgen. Diese Nachlese wird zwar überall besorgt, aber nicht überall wird „gesömmert“. Das gibt es nur im Kreise Bergheim und einigen angrenzenden Teilen der Nachbarkreise. An allen anderen Orten unserer Heimat heißt das Nachlesen „ähren“ (oahren). Hat man an die hundert Aehren gesümmert, so hat man die kleinste Einheit, eine „Sange“. Wer am Abend die meisten Sangen hatte, der bekam zu Hause einen Extragroschen Kirmesgeld.

Sümmern oder ähren, Buusche oder Schnobben: wir wünschen uns allen einen guten „An“, einen glücklichen „Auß".

- habe -

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