Kölnische Rundschau vom 14. November 1947

Damit wir nicht abgleiten ...

Fortunagrube. Katholische Arbeiter, die im täglichen Schaffen mehr als das Materielle sehen, waren am vergangenen Sonntag zu einer lehrreichen Tagung und ernster Beratung im Kloster Bethlehem versammelt. Nach der Gemeinschaftsmesse, in der Kaplan Prömpers (Horrem) auf die Bedeutung der Zusammenkunft hinwies, begrüßte sie Schriftleiter Johannes Even. Oberlandesgerichtsrat Dr. Berger forderte die Loslösung von der Schlagwortpolitik. Real nüchternes Denken und Handeln sei notwendig. Klar und deutlich müßten wir die Kräfte unterscheiden, die für und wider unsere katholische Bewegung sind. Das Nebensächliche werde zu ernst und das unbedingt Notwendige zu leicht genommen. Eine abseitsstehende Jugend, ein politisch müdes Volk ist das Ergebnis. Daß wir als Christen nicht verflachen und mit abgleiten, muß der Zweck von Belehrungen und Schulungen sein. Er wies auf die „Gefahr zur Materie“ hin und zeigte die ganze Tragik des marxistischen Programms - die Ablehnung des Glaubens an ein Jenseits. Viele Menschen leben in dem festen Glauben, noch treu zur christlichen Lehre zu stehen, und wissen nicht, wieviel Unheil sie durch ihre laue Einstellung zur Politik und ein nachlässiges Ausüben des Wahlrechts anrichten. Ein sittlicher Fehlschlag droht die Menschheit zu vernichten. Jeder kann feststellen, wie man im Sowjet-Paradies die Erniedrigung des Arbeiterstandes so weit trieb, daß der „Sklaven-Mensch“ ein Rädchen im Getriebe der Staatsmaschine wurde, leicht auszuwechseln beim Versagen. Gegen eine solche Weltanschauung müsse sich der Kampf des Christentums mit aller Schärfe richten. Zu allen Zeiten haben wir ein christliches Sozialprogramm gekannt, aufgebaut auf den Geboten Gottes und der Kirche. Eine Organisation der katholischen Arbeitervereine ist unumgänglich notwendig als Damm gegen die Brandungen des Atheismus.

Schriftleiter Even sagte, der Mensch verlange nach Arbeit, nicht nur wegen der materiellen Notwendigkeit, sondern auch im Bewußtsein, ein nützliches Glied im Volksleben zu sein. In anormalen Zeiten reiht sich alles unglücklicherweise zusammen: Arbeitsscheu, Vergnügungssucht, Sittenlosigkeit und der Fortfall alten, gut christlichen Brauchtums. Die Unsicherheit eines jeden Beginnens, wie wir sie heute kennen, formt den Menschen immer mehr zum Materialisten und trennt ihn, oft unbewußt, von der Gottes- und Nächstenliebe, von der Verbundenheit zur Natur und der stummen Kreatur. Der Arbeiter werde allzu oft demütigend hintangesetzt. Durch die Isolierung in Arbeitervierteln leben die Menschen dort in der Regel ein Eigenleben, das ein Abgleiten oft mit sich bringt. In den katholischen Arbeitervereinen sollen diese Werktätigen geschult werden, auf daß die besten dieser Kräfte an die Stellen gesetzt werden, wo sie in Politik und Öffentlichkeit dem Arbeiterstand Nutzen und Segen vermitteln können.

Nach einer fruchtbringenden Aussprache wurden für die verschiedenen Bezirke Männer vorgeschlagen, die die Gründung des „Bezirksverbands Bergheim der katholischen Arbeitervereine“ vorbereiten sollen.

-gv-

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