Kölnische
Rundschau vom 11. April 1947-
-
Das sterbende
Bottenbroich
-
-
Das alte Pfarrdorf Bottenbroich,
entstanden aus einer Klosterniederlassung, die der Propst Godfried
von Münstereifel in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts
errichten ließ, die aber nach wechselvoller Geschichte 1776
aufgehoben wurde, ist zum Sterben verurteilt, da ihm der
Braunkohlenbergbau die Lebensadern abschneidet. Wer sich in diesen
regnerischen und sturmgepeitschten Frühlingstagen von
Benzelrath und Grefrath kommend Bottenbroich nähert, der ist
erstaunt über die gewaltige Ausdehnung der Abbauarbeiten an dem
hier lagernden Braunkohlenvorkommen, die sich bereits der alten
schlichten Pfarrkirche und den Resten der einstigen Priorei nähern.
Riesigen Fangarmen gleich umklammert die kilometerlange Grube mit
dem ungeheuern Schlund den einer Halbinsel ähnelnden,
langgestreckt auf der höchsten Bodenerhebung des Kreises
Bergheim erbauten Ort, von dem ein Haus nach dem andern abbröckelt,
das heißt abgetragen wird. Soweit angängig, versucht man
das anfallende Steinmaterial zum Bau der neuen Siedlungshäuser
wieder zu verwenden.
-
-
Sie lange die Pfarrkirche, die in
den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts restauriert worden war,
ihrem Zweck noch dienen wird, vermag in Bottenbroich niemand zu
sagen. Das Gotteshaus übt seit langer Zeit eine große
Anziehungskraft auf die katholische Bevölkerung nicht nur des
Kreises Bergheim und der Kreise Köln-Land und Euskirchen,
sondern weit darüber hinaus aus. Besitzt es doch ein Gnadenbild
der Gottesmutter, zu dem jahrein, jahraus viele gläubige
Menschen wallfahrten. An der Kirche, die im Kriege erheblich
beschädigt wurde, hat bereits die Natur die ersten
Abbrucharbeiten vollzogen, indem ein Herbststurm 1946 den durch
Artilleriebeschuß beschädigten Turmhelm vollends
niederlegte. Bei dem schnellen Fortschreiten der Abraumarbeiten der
Grube Fürstenfeld ist es nur eine Frage der Zeit, wann die alte
Pfarrkirche, die bereits 1550 erwähnt wird, abgetragen werden
wird. Es sind fromme, gottesfürchtige Menschen, die verurteilt
sind, die von den Vorfahren ererbten Höfe und Häuser zu
verlassen, um an einem neuen Ort, in Holzhausen, das in einer modern
zu errichtenden Siedlung den rund 800 zu verpflanzenden
Bottenbroichern eine zweite Heimat werden soll, ansässig zu
werden. Daß diese Menschen den verständlichen Wunsch
haben, an Stelle der abzubrechenden alten Pfarrkirche eine neue
Wallfahrtskirche mit dem Gnadenbild in Holzhausen, dem man später
wohl den Namen Neu-Bottenbroich geben wird, erstehen zu sehen, ist
Beweis genug, mit welcher Verehrung und Liebe sie an dem Gnadenbild
hängen. Bottenbroich wird jedoch nicht der einzige sterbende
Ort im Kreise bleiben, da auch ein Teil von Balkhausen immer mehr in
die Abbaugefahrenzone des Braunkohlenbergbaus rückt.
E.H.
-
© Copyright
2002 wisoveg.de
Zur
Homepage