Kölnische Rundschau vom 4. April 1947

Schafft neues Bauernland
Um die Wiederurbarmachung im rheinischen Braunkohlengebiet

Der Abbau der Braunkohle auf dem Vorgebirge (Ville) und die damit verbundene Errichtung neuer Industrien, eine Entwicklung, die jetzt rund vier Jahrzehnte im Gange ist, hat bereits in weitem Umfang eine vollständige Änderung der natürlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in den betroffenen Gebieten bewirkt. Diese Entwicklung wird für die gesamte Wirtschaft, insbesondere aber für die Landwirtschaft, immer bedrohlicher, so daß eine sofortige großräumige Planung für die Zukunft notwendig erscheint. Die Dringlichkeit einer Wiederurbarmachung der ausgekohlten Flächen im bestmöglichen Sinne geht schon daraus hervor, daß bisher im linksrheinischen Braunkohlengebiet viele tausend Morgen Land dem Bergbau zum Opfer fielen. Mit dem zur Verfügung stehenden Abraum konnte andererseits abe nur ein verhältnismäßig geringer Teil der in Anspruch genommenen Fläche wiederhergestellt werden, so daß bisher schon ein großer Landverlust mit zahlreichen landwirtschaftlichen Betrieben zu verzeichnen ist.

Die Resultate der bisher wieder urbar gemachten Ackerflächen sind zum Teil befriedigend, zum anderen Teil reichen sie jedoch bei weitem nicht an den Wert des alten Ackerbodens heran. So haben die vorgenommenen Aufschüttungen an Mutterboden vielfach eine zu geringe Mächtigkeit oder aber sie sind zu stark mit Kies und Sand durchsetzt. Auch ist der zukünftige Grundwasserstand oft unberücksichtigt geblieben. Darüber hinaus wurde das Gelände zum Teil terrassenförmig angeschüttet, so daß einer späteren landwirtschaftlichen Nutzung erhebliche betriebswirtschaftliche Schwierigkeiten entgegenstehen. Die sonstigen, mit der fortschreitenden Industrie verbundenen Schäden, wie Grundwassersenkung, Schäden durch Rauchentwicklung, Flugasche, Versumpfungsgefahr der ausgekohlten Tagebaue und die damit verbundene Übertragungsgefahr von ansteckenden Krankheiten, sollen hier nur angedeutet werden.



Mächtige Schichten kulturwürdigen Abraums werden fortgebaggert

Die für die Industrie, bei einer Wiederurbarmachung bestehenden Schwierigkeiten sollen durchaus nicht verkannt werden. So versteht es sich von selbst, daß die Kosten der Wiederherstellung sich in einem volkswirtschaftlich tragbaren Maß bewegen müssen. Auch spielen die bei der Beschaffung geeigneten Geräte bestehenden Schwierigkeiten gerade heute keine unbedeutende Rolle. Dennoch besteht der Eindruck, daß selbst die zurzeit gegebenen Möglichkeiten bei weitem nicht voll ausgenutzt werden.

Es erscheint uns daher notwendig, daß die Fragen der Neugestaltung im rheinischen Braunkohlengebiet nach gründlicher Durchberatung bei den zuständigen Dienststellen und Ausschüssen eine gesetzliche Neuregelung erfahren, wobei neue Wege in der Art der Wiederurbarmachung und zwar auch der älteren Tagebaue gesucht werden müssen. Auch vom sozialen Standpunkt aus gesehen kann es nicht verantwortet werden, daß ein landwirtschaftlicher Betrieb nach dem anderen verschwindet und nach Auskohlung der hiesigen Gebiete ein bäuerliches Proletariat in den ausgekohlten Bezirken zurückbleibt. Nach Ausbeutung des Braunkohlenvorkommens muß ein wirtschaftlich gesunder Raum neu geschaffen werden, auf dem der Pflug des Bauers wieder seine Segensfurchen ziehen kann.


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