An
Erft und Gilbach - Beilage der Kölnischen Rundschau
am
20. Januar 1950
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Ein
gemütlicher Braunkohlenbetrieb
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Von Bernd Becker
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Zeit: Ausgang des 19.
Jahrhunderts, Schauplatz eine kleine Braunkohlengrube bei Brüggen
an der Erft.
Die Grube gehörte dem guten
Grafen, einem Menschenfreund ohne besondere kaufmännische
Talente, Grube und Klüttenmacherei standen offensichtlich unter
der Aufsicht eines milden Beamten, das merkte man an dem gemütlichen
Tempo, das hier herrschte. Die Seilbahn ächzte und kreischte,
schimpfte gleichsam über die schweren Lasten, die man ihr
aufhalste. Die Wägelchen hingegen hüpften lustig auf und
ab, freuten sich des schönen, sonnigen Tages. Braunschwarze
Kohle förderten sie aus einem tiefen Loche zutage. Wurde die
Seilbahn beim Schichtanfang in Betrieb gesetzt, so rief Bimm,
der Aufseher im Tagebau fröhlich Lehm op!, und der
Meister oben gab die brummige Antwort Lehm op!. Den
stets verdrießlichen Mann nannte man Bamm.
Sämtliche Belegschaftsmitglieder trugen sommers und im
kältesten Winter schwarze Käppchen, zum Unterschied von
den Kameraden der benachbarten Bergwerke. Gar putzig sahen die
Behauptungen aus, besonders wenn sie auf dicken Köpfen
saßen. Die jüngeren Burschen trugen die Kopfbedeckung
schief zum linken Ohr gedrückt. Unter ihr quoll rechts eine
Locke, der sogenannte Gottverdomie hervor. Das Käppchen
erinnerte an seine Brüder aus Samt, die von den Küstern in
den Kirchen getragen werden, wenn diese Kirchendiener Glatzköpfe
haben. Lauter Savonarolas muße der Betrachter der
Bergknappen denken. Er beobachtete eine Gruppe Arbeiter, welche die
Köpfe zusammensteckte. Eben war der Stift vom Büro beim
Klüttenmeister gewesen. Dieser aber zückte den Bleistift
und machte Notizen in einem Büchelchen. Der Besucher stellte
die Frage an ihn: Ist etwas Besonderes los, Meister?
Ach, ein junges Pferd mußte geschlachtet werden, und ein
jeder soll seinen Anteil an dem guten Braten für billiges Geld
haben, grinste der Alte mit dem Rübezahlbarte. Wie sich
schon bald herausstellte, handelte es sich um einen verspäteten
Aprilscherz, dem der Bürolehrling zum Opfer gefallen war.
Derartige Ulkereien kamen bei guten Grafen nicht selten vor. Hörte
der Grandseigneur hintenherum von den Streichen, dann freute er sich
jedesmal diebisch. Er verdiente an seinem Loch nicht das Salz aufs
Brot, doch seine Leute hatten es gut.
Wenige Jahre später
nahm der gute Prinzipal eine Hypothek auf und modernisierte seinen
Betrieb. Er ließ eine Brikettfabrik errichten, auch eine
Anschlußbahn zur nächsten Station erbauen. Statt der
Klütten alter Art wurden nun Braunkohlenbriketts - die man in
der Kölner Gegend noch heute Klütten nennt -
hergestellt, die den springenden Panther aus dem Wappen des Adelings
eingepreßt erhielten. Damit war der Höhepunkt der
Gemütlichkeit im Betriebe erreicht. Im Wiegehaus mit
anschließendem Brikettschuppen befand sich das Reich des
steinalten Wiegemeisters Stromberg. Jeder Jugendliche, der auf dem
Werk angelegt zu werden wünschte, mußte zunächst bei
ihm anfangen. Allerlei Unarten wurden von den übermütigen
Bengels getrieben. Die Briketts mußten gestapelt werden,
sowohl im Schuppen wie auch in den Waggons. Dazu war eine gewisse
Geschicklichkeit erforderlich. Die Burschen verließen häufig
ihre Arbeit und ließen sich beim Rangieren hin und her fahren.
Der Wiegemeister hatte nicht selten seine liebe Not, die Jungen aus
dem Speiseraum wieder zur Arbeit zu bekommen. Zuerst lud er
väterlich ein: Da, kott! Meist fruchtete das
nichts. Dann wurde der Mann energisch, und rief mit einem Grollen in
der Stimme: Donner noch, wie oft soll ich üch dann
roofe? Pomadig trollten die Burschen sich.
Der
Verlade- und Rangierbetrieb geschah zunächst von Hand und beim
Drücken waltete häufig eine große Drückebergerei.
In späterer Zeit kam ein Pferd vor die Waggons, und das Tier
zog aus Leibeskräften. Noch später erleichterte ein
Drahtspill die Arbeit, bis endlich eine richtiggehende
Anschlußlokomotive auf den Plan trat. Das Schmerzenskind des
Betriebes bildete der Abraum. Die Tonhauer schwangen 12 Stunden lang
arbeitstäglich ihre Hacken, je 12 bis 14 Pfund schwer. Der
Kaffeebrenner, ein winziges Lokomotivchen, fuhr den
Abraum über den Berg zur Halde. Es keuchte stets Ich kann
net mie! Ganze vier Holzwägelchen wurden jedesmal oben
gekippt. Und das schon verursachte allerhand Schwierigkeiten in dem
an seiner Primitivität krankenden Betriebe.
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