Kölnische
Rundschau, den 11.11.1950

Klagen zur Zuckerrüben-Kampagne

Eine lehrreiche Versammlung der Ortsvorsitzer des Landwirtschaftsverbandes

Bergheim. Im Lokal Lippert fand dieser Tage eine Versammlung der Ortsvorsitzer des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes, Kreisgruppe Bergheim, statt, auf der die Rübenkampagne lebhaft besprochen wurde.

Der Geschäftsführer des Rheinischen Rübenbauern-Verbandes, Oberlandwirtschaftsrat Huber, Bonn, und Vertreter der Zuckerfabriken nahmen an der Tagung teil. Nach Begrüßung durch Kreisvorsitzer Esser, der die Versammlung eröffnete, sprach Herr Unger über die Notwendigkeit der „Deutschen Bauernzeitung“. Er bat die Ortsvorsitzer, die Werbeexemplare in den Versammlungslokalen der einzelnen Orte auszulegen und so für den Bezug der Zeitung zu werben.

OLR Huber sprach zu den Fragen der diesjährigen Zuckerrübenkampagne und betonte in seinen Ausführungen, daß seit 1946 eine Steigerung des Rübenanbaues erfolgt sei. Hinzu komme eine Ertragssteigerung gegenüber den Vorjahren in Anbetracht der guten Witterung. Trotz der guten Ernte jedoch müßten noch etwa 40.000 t Zucker eingeführt werden. Aus diesem Grunde sei es notwendig, daß die heimische Zuckerwirtschaft gesteigert würde. Voraussetzung jedoch sei hierfür ein guter Preis.

Der Redner führte weiter aus, daß es ein verständlicher Wunsch der Erzeuger sei, daß die Rüben schnellstens verarbeitet werden. Die vorhandene Kapazität der Rübenfabriken ist jedoch zu klein, um diesem Wunsche Rechnung tragen zu können. Es stehen uns neun Fabriken zur Verfügung, die jedoch beim besten Willen nicht in der Lage sind, die Ernte bis Mitte Dezember zu verarbeiten.

Anläßlich der Hauptversammlung des Rheinischen Rübenbauern-Verbandes wurde der Beschluß gefaßt, die Bezahlung nach Zuckergehalt vorzunehmen. Diese Frage sei in vielen Sitzungen des Vorstandes und des Beirates durchgesprochen worden. Beim Vertragsabschluß zwischen Zuckerfabrik und Erzeuger war es jedem Erzeuger freigestellt, ob er nach Zuckergehalt oder nach Durchschnittszuckergehalt bei der Fabrik bezahlt werden wollte.

Zu den Lieferplänen der Fabrik bemerkte er, daß die Erzeuger unbedingt diese Pläne einhalten müßten, da diese Pläne nicht nur für die Fabriken, sondern auch im Interesse der Anbauer aufgestellt wurden. Die Bezahlung nach Zuckergehalt macht es erforderlich, daß der Erzeuger im rübenanbau, genau wie auf anderen Gebieten, sich auf eine Qualitätserzeugung einstellt, d.h. daß eine Rübe gezüchtet und angebaut wird, die einen hohen Zuckergehalt garantiert. OLR Huber wies abschließend noch einmal auf

die Bedeutung des Zuckerrübenanbaues für den Kreis Bergheim

hin. In der sich anschließenden Diskussion konnte man eine gewisse Unzufriedenheit bei den Bauern feststellen. Diese Unzufriedenheit wurde von mehreren Diskussionsrednern zum Ausdruck gebracht. Landwirtschaftsrat Leßmann erklärte, daß

die Bauern noch nie so geschimpft

hätten wie in den letzten Monaten. Es sei geschimpft worden über den Rübenbauern-Verband, nicht zuletzt aber über die Zuckerfabriken. Immer wieder wurde man bei der Geschäftsführung des Rheinischen Landwirtschaft-Verbandes vorstellig mit der Klage, daß die Zuckerfabrik Bedburg, was die Zuckerprozente anbetrifft, immer 1 bis 2 % unter Elsdorf liege, und zwar bei Rüben von ein und derselben Parzelle. Auch würden häufig über Schmutzprozente und Gewichtsdifferenzen Klagen geführt.

Dr. Schäfer und Ortsvorsitzer Bergerhausen sprachen beide über den Lieferplan und erklärten, daß ein derartiger Plan nicht nur von den Anbauern, sondern auch von den Fabriken selbst eingehalten werden müsse. Dr. Schäfer wies dabei hin auf die Vertragstreue. Den Einmietaufschlag von 0,3r DM hielt er für zu gering. Durch die Einmietung muß nicht nur eine gewaltige Mehrarbeit in Kauf genommen werden, sondern es werden in Anbetracht des Kräftemangels die sonst üblichen Herbstarbeiten kaum durchgeführt werden können. Die Probeentnahme bei den einzelnen Fabriken wurde ebenfalls beanstandet.

Dr. Theiß von der Zuckerfabrik Bedburg ging auf die einzelnen Beschwerden ein, gab jedoch keinen Grund für die Unterschiede an, die sich in den Prozentsätzen zwischen Elsdorf und Bedburg ergeben. Er stellte jedoch fest, daß es bezüglich der Zuckerprozente in letzter Zeit bedeutend besser geworden sei. Der Zuckergehalt der Rüben nach Gruppe A und der Gruppe B sei kaum unterschiedlich. Um eine ordnungsmäßige Abwicklung der Anfuhr zu gewährleisten, sei die

strenge Einhaltung des Lieferplanes erforderlich.

Herr Einers von der Zuckerfabrik Elsdorf bat ebenfalls, den Lieferplan einzuhalten. Daß die Wünsche der Landwirte im Lieferplan nicht berücksichtigt wurden, liegt daran, daß die meisten Rübenanbauer die ihnen von der Fabrik zugesandten Karten nicht beantwortet hätten. Er lud die Ortsvorsitzer zu einer Besichtigung der Zuckerfabrik Elsdorf ein, damit sie an Ort und Stelle sich den Fabrikationsgang ansehen können.

Abschließend nahm OLR Huber noch einmal das Wort und erklärte, er werde dafür Sorge tragen, daß von seiten des Rübenbauerverbandes

bestehende Mängel weitgehend abgestellt

würden. Die Probeentnahme soll korrekt und bei allen Fabriken gleich gehandhabt werden. Die Rübenobmänner hätten die Aufgabe, hier nach dem Rechten zu sehen. Die Erfahrungen dieses Jahres werden bei der nächstjährigen Zuckerrübenkampagne nutzbringend verwertet werden können.

Kreisvorsitzender Esser dankte dem Redner für seine Ausführungen und berichtete dann über die Kreistagssitzung in Elsdorf. Daß sich der Kreistag bezüglich der im Kreise vorhandenen Wildschäden für Abhilfe verwandt hat, wurde dankbar von den versammelten Ortsvorsitzenden anerkannt. Die Bemühungen der Kreisverwaltung in diesem Sinne werden von der Bauernschaft unterstützt. Landwirtschaftsrat Leßmann gab bekannt, daß nach Artikel 3 Abs. 2 der britischen Verordnung 210 die Länder verpflichtet sind, die Wildschäden ohne Anrechnungsmöglichkeit auf die Besatzungskosten in den beschlagnahmten Revieren zu ersetzen. Zum Schluß sprach Herr Keutgen von der Mittelstandshilfe noch kurz über die Ziele der Krankenkasse.

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