Kölnische
Rundschau vom 29. Juli 1950-
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Unserer Heimat
größter Reichtum
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Die Anfänge des
Braunkohlenabbaues
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Nur wenige Meter ab unter der
Erdoberfläche ist das Braunkohlenflöz im südlichen
Teil des Kreises Bergheim. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß
man dort verhältnismäßig früh an den Abbau
heranging. Im 16. Jahrhundert wurde dort zwei Kölnern das
Abbaurecht verliehen. Wenn hier und da, etwa bei Brunnengrabungen,
die schwarze Erde zutage gefördert wurde, hat man an eine
Verwendung zu Feuerungszwecken nicht gedacht. Dazu war diese
wasserhaltige und schlechte Kohle, die stark mit Sand und Ton
vermischt wr, auch kaum geeignet. Wer hätte auch damals
Feuerungsmaterial in der Erde gesucht, wo die ausgedehnten
Waldungen, die das gesamte Vorgebirge bedeckten, Brennmaterial zur
Genüge einbrachten? Immerhin zeigt die Verwendung als
Malerfarbe (Terra usta), daß man diese seltsame Erde doch
irgendwie zu nutzen wußte. Die Maler der berühmten Kölner
Schule haben die braunen Farbtöne auf ihren Bildern von der
gemahlenen Braunkohle gewonnen.)
Zu einem Abbau der
Braunkohle zu Feuerungszwecken kam es erst zu Beginn des vorigen
Jahrhundert. Im Raume um Bergheim war es Freiherr von Oppenheim, der
auf seinem Gut Schlenderhan bei Quadrath planmäßig an den
Abbau heranging, nachdem er 1822 die Rechte dazu erworben hatte. Die
geringe Abraumhöhe von 10 m und die verhältnismäßig
gute Kohle, die dort angetroffen wurde, machte den Abbau an dieser
Stelle lohnend. Freilich ging es noch sehr primitiv zu. Man trieb
den sogenannten Schachtbau: Ein senkrechter Schacht wurde durch das
Deckgebirge bis in die Kohle hineingetrieben, und man förderte,
wie im Brunnenbau, durch Körbe und Seilwinden. Wurde die
Förderung durch größere Tiefe zu beschwerlich, so
schüttete man den Schacht mit dem vorhandenen Abraum wieder zu
und begann an einer neuen Stelle. Die damals geförderte Kohle,
deren Verkohlungsprozeß nicht abgeschlossen war, und die noch
holzig und faserig war, nannte man allgemein Turff. Die
Gegner der Braunkohle mögen wohl recht gehabt haben, wenn die
das geförderte Gut als
ein schlecht brennendes
und penetrant stinkendes Zeug
bezeichneten.
Trotzdem stieg der Absatz der Braunkohle, und man erweiterte den
Schachtbau zum Tummelbau (=Tunnelbau). Dabei wurden vom Schacht aus
längere Strecken unter Tage in die Kohle hineingetrieben. Diese
Strecken erweiterte man stellenweise muldenförmig durch
Aushauen der Kohle zu sogenannten Kuhlen oder Tummeln. Zur Stütze
des Hangenden blieben dann entsprechende Pfeiler und Wände aus
Kohle stehen. Auch wurde in größeren Kuhlen eine
primitive Abstützung mit Stämmen und Balken durchgeführt.
Wie schon gesagt, erfolgte die Förderung durch eine
Seilwinde mit Hilfe eines Korbes. Dieser Korb diente gleichzeitig
als Verkaufsmaß. Je nach Höhe der Trinkgelder, die der
Käufer den Arbeitern gab, fiel auch die Füllung der Körbe
aus. Bei einem säumigen Käufer rief der oben
stehende Arbeiter dem hauer in der Kuhle zu: eener van Nüß
(Einer von Neuß - Nüß ist sowohl der
Name der Stadt Neuß als auch nichts.) Die Körbe
kamen dann jedenfalls schlecht gefüllt nach oben.
Die
Leitung der Arbeiten lag nicht immer in befähigten Händen.
So ging man mit dem Abbau oft soweit, daß die verbliebenen
Stützen das Hangende nicht mehr zu tragen vermochten. Das
führte dazu, daß die auflagernden Schichten nach
stürzten, und es bildeten sich an der Oberfläche jene
trichter- und grabenförmigen Vertiefungen, wie man sie im Walde
an der Urwelt und an der alten Straße nach Köln in der
Nähe der Beisselgrube fand. (Jetzt ausgebaggert.) Es ist nicht
verwunderlich, daß bei den primitiven Methoden manche
Unglücksfälle eintraten. Wie ein Chronist berichtet, sank
dem Bauer Büschel aus Oberaußem bei der Feldarbeit das
pferd in eine gerade zusammenbrechende Kuhle. Er selbst konnte sich
retten, und auch das Pferd konnte nach umfangreichen Arbeiten
geborgen werden. In einer anderen Kuhle wurden mehrere Arbeiter
verschüttet, als sie eben dabei waren, die Abstützung zu
erneuern. Es hat eines besonderen Erlasses der damaligen Obrigkeit
bedurft, um wenigstens die Durchführung der unbedingt
notwendigen Sicherheitsmaßnahmen zu erreichen. Trotz vieler
Unglücksfälle wurde der Tummelbau in kleineren Betrieben
noch bis etwa 1870 beibehalten.
Die Gefahren des Abbaues im
Schacht- und Tummelbau waren wohl die Ursache, daß man seit
1830 zu einem kleinen Tagebau, dem offenen Kuhlenbau,
überging. Ein Schacht, der bis auf die Kohle getrieben war,
wurde nach oben trichterförmig erweitert. Das ergab zwar kaum
eine Erhöhung der Fördermenge, da dem Abbau nach der Tiefe
durch die wachsende Menge des trichterförmigen Abraumes Grenzen
gesetzt waren. Aber der Abbau war praktisch gefahrlos, und das
Fördergut konnte mit Kiepen aus der Kuhle getragen werden. Von
Jahr zu Jahr stieg der Abbau, und schon befaßte man sich mit
dem kühnen Plan des Tagebaues, im großen, als
durch
einen Zufall
ein Rückschlag eintrat, der die
Weiterentwicklung des Braunkohlentagebaues um viele Jahre aufhielt.
Es war in den Jahren 1835, als man mit dem Bau der Eisenbahnstrecke
Köln-Aachen begann. Die Bahn sollte das Vorgebirge zwischen
Großkönigsdorf und Horrem in einem Tunnel durchqueren,
und man knüpfte an den Bau des Tunnels die Hoffnung, hier reche
Braunkohlenlager zu durchstoßen. Nicht nur die durch den Bau
zu erwartende Förderung reizte die Interessierten, sondern
überhaupt der Durchbruch durch die tieferen Erdschichten. (Der
Tunnel liegt 40 Meter unter der Erdoberfläche.) Man erwartete
hier einen Aufschluß über die Lage und Abbauwürdigkeit
der Kohle.
Diese Hoffnungen wurden schwer enttäuscht.
Statt der erwarteten Braunkohle traf man auf der gesamten Strecke
von 1700 m nur losen, weißen Sand an. Heute wissen wir, daß
der größte Teil des Tunnels außerhalb des Flözes
liegt, und gerade am Anfang des Tunnels bei Horrem die Verwerfung
zwischen dem Nordteil und dem Südteil des Braunkohlenlagers
verläuft. Man konnte einfach nicht auf Kohle stoßen!
(Vgl. Flözkarte 1 zum ersten
Artikel.)
Es blieb nach dieser Enttäuschung noch lange
bei dem primitiven Abbau in Kuhlen. Wer hätte auch das Risiko
eines großen Tagebaues auf sich genommen, wenn man nicht
einmal wußte, wo die Kohle nun eigentlich lag? Erst im Jahre
1856, als der Gutsbesitzer Johannes Meul aus Niederaußem die
Konzession zum Betrieb einer Braunkohlengrube erhielt, erweiterte er
eine Reihe vorhandener Kuhlen zu einem fortlaufenden Graben. Der
erste Schritt zum heutigen Tagebau war damit getan. Hart am
damaligen Waldrand zwischen Oberaußem und Quadrath lag diese
Grube, die von ihrem Besitzer den Namen Fortuna bekam.
Im Jahre 1859 stellte Meul hier die
erste Dampfmaschine des
Kreises Bergheim
auf, die zunächst zum Hochziehen
kleiner Förderwagen diente und später auch die
Vorrichtungen antrieb, um die Rohbraunkohle zu zerkleinern.
Inzwischen hatte man nämlich gelernt, der Braunkohle ihren bis
zu 60 Proz. gehenden Wassergehalt zu entziehen und ihren Heizwert
damit zu erhöhen. Zu diesem Zweck wurde die Kohle erst
zerkleinert und dann mit Wasser zu einem Brei verrührt. Die
Masse füllte man in hölzerne Formen, die man umstülpte,
um die Klütten trocknen zu lassen. Bei günstiger
Witterung ging der Wassergehalt auf diese Art bis 35 Proz. Herunter.
Die dadurch hervorgerufene Erhöhung des Heizwertes brachte ein
Steigen der Förderziffern mit sich. Das Zechenbuch von 1869
weist schon eine monatliche Förderung von 8000 Körben
nach.
Über einen rein örtlichen Absatz der Klütten
an Ziegeleien, Brauereien und Branntweinbrennereien ist die
Förderung jedoch nicht gediehen. Das mag seinen wesentlichen
Grund in den mangelhaften Verkehrswegen jener zeit gehabt haben.
Wohl war die Eisenbahnstrecke Köln - Aachen, die unweit des
entstehenden Braunkohlengebietes vorbeiführte, seit 1841 in
Betrieb. Aber sie war eher eine Konkurrentin der Braunkohle, als daß
sie die Entwicklung förderte. Sie fährte nämlich die
Steinkohle aus dem Aachener Gebiet bis in den Kölner Raum.
Zudem war die Braunkohle noch nicht reif für die Industrie.
Auch die Einführung der maschinellen Preßsteinfabrikation,
einer Verbesserung der Klütten, brachte hier zunächst
keine Änderung. Die Gruben erweiterten sich aber ständig,
und man mußte an eine Aufschüttung des Abraumes gehen,
die bisher meist an den Grubenrändern erfolgt war. Die Grube
Fortuna z.B. schüttete ihren Abraum in eine Bodensenke nördlich
Schlenderhan. Dieses Gelände lag günstig in der Nähe
der Grube, und der Boden war für die landwirtschaftliche
Nutzung wenig geeignet.
Ein großer Teil der Arbeiter
der Gruben wurde nur in der Wintersaison beschäftigt und kam
aus den Bauerndörfern in der Nähe. Für die wenigen
dauernd beschäftigten Arbeiter ließ der Besitzer nahe bei
der Grube einige Häuser bauen. Für die damalige Zeit war
das gewiß eine soziale Tat! Die Häuser, die im
Lehmfachwerk erbaut waren, sind heute nicht mehr vorhanden. Sie
können als die ersten Anfänge der späteren Siedlung
Fortuna bezeichnet werden.
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